Vatikan würdigt die deutsch-französische Freundschaft
Die deutsch-französische
Freundschaft ist eine notwendige Bedingung für den Frieden in Europa. Daran erinnert
die Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ in dieser Woche anlässlich der Unterzeichnung
des Élysée-Vertrages vor 50 Jahren. Am 22. Januar 1963 setzten der deutsche Bundeskanzler
Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle ihre Unterschrift
unter das Dokument, das die deutsch-französische Versöhnung und Zusammenarbeit nach
dem Krieg besiegelte.
Die deutsch-französischen Beziehungen sind in der Europapolitik
bis heute wegweisend, bekräftigen der deutsche und der französische Botschafter beim
Heiligen Stuhl in ihrem gemeinsamen Interview mit der Vatikanzeitung. Und noch einen
weiteren Aspekt betonen die beiden erfahrenen Diplomaten: die Bereitschaft beider
Länder zu Kompromiss und konstruktivem Dialog – und zwar nicht nur im bilateralen
Interesse, sondern im Sinne Europas: „An der Quelle jeden großen Fortschrittes beim
Aufbau Europas steht der Katalysator der französisch-deutschen Initiativen“, so Frankreichs
Vertreter beim Heiligen Stuhl, Botschafter Bruno Joubert. Für seinen deutschen Kollegen
Reinhard Schweppe bietet die deutsch-französische Zusammenarbeit heute Orientierung
in der Staatengemeinschaft. Dies sagte er im Interview mit Radio Vatikan:
„Natürlich
gibt es in dieser Beziehung Höhen und Tiefen, die hat es immer gegeben. Aber am Ende
haben die Spitzen der beiden Länder gewusst, dass sie die Arbeit mit großer Verantwortung
machen müssen, auch für die anderen Mitglieder der EU. Heutzutage 27 Länder unter
einen Hut zu bekommen, ist nicht einfach, und es immer ganz gut, wenn Sie eine Art
Wegweisung vorformuliert haben, wo es hingehen kann. Das ist kein Direktorium, aber
ein Wegweiser für die anderen, die das auch gerne wollen.“
Die deutsch-französischen
Treffen bezögen sich zu 80 bis 90 Prozent auf europäische Fragen, so Schweppe. Aktuell
sind ist der Fokus natürlich auf Fragen rund um die Finanz- und Wirtschaftskrise gerichtet.
Dazu Schweppe:
„Wir haben heute eine Euro-Zone mit südlichen und nördlichen
Ländern; Frankreich vertritt mehr die südlichen, Deutschland mehr die nördlichen.
Wenn die Euro-Zone zusammenbleiben soll, und das muss sie ja, dann muss man einen
Kompromiss finden. Und am Ende wird es einen solchen Kompromiss auch geben.“
Grundtonus
der deutsch-französischen Europapolitik sei – so gut es eben geht – die Berücksichtigung
aller europäischer Staaten:
„Das heißt, Europapolitik ist das Gegenteil
von Hegemonie und Dominanz, Europapolitik heißt, Kompromisse zu finden, die irgendwie
die Interessen von allen – groß und klein, stark und schwach – berücksichtigt.“
Wesentlich
ist für den Botschafter dabei Europas christliches Erbe, das sich auch in der Politik
niederschlage. So interpretiert Schweppe die jüngste Vergabe des Friedensnobelpreises
an die Europäische Union zum Beispiel als Würdigung einer „christlich geprägten Politik“
in der Staatengemeinschaft. Die europäische Einigung habe in ihrer Geschichte entscheidende
Impulse von katholischen Politikern erhalten, führt er weiter aus:
„Wenn
man sich die Beteiligten anschaut: die prominentesten waren Konrad Adenauer, Alcide
De Gaspari, Robert Schumann, auf luxemburgischer Seite Joseph Bech usw. Das waren
alles christdemokratische Politiker, die katholisch waren und hier ein Projekt angeschoben
haben. Dieses Projekt wurde natürlich auch von protestantischer Seite unterstützt
und befördert, aber ich glaube, es war kein Zufall, dass das katholische Politiker
waren. Konflikte, die es in Europa seit über tausend Jahren gibt, kann man nicht wegzaubern,
jedes Land verteidigt auch seine Interessen. Aber das Neue ist der Weg der Lösung,
die Methode: Es ist eine zutiefst christliche, nämlich gewaltlose, friedliche, unter
Berücksichtigung auch der Interessen des jeweils anderen.“
Anlässlich des
50. Jahrestages der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages organisieren die deutsche
und die französische Botschaft beim Heiligen Stuhl eine Diskussionsveranstaltung zum
Thema an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. „50 Jahre deutsch-französische
Freundschaft im Dienste Europas: die Europäische Union, ein Modell für andere Versöhnungen?“
ist der Titel der Konferenz am kommenden 7. Februar. Teil nehmen u.a. die Ministerpräsidentin
des Saarlandes und Bevollmächtigte der Bundesregierung für die deutsch-französischen
kulturellen Beziehungen, Annegret Kramp-Karrenbauer, der EU-Kommissar für Binnenmarkt
und Dienstleistungen, Michel Barnier, sowie der frühere EU-Kommissionspräsident Jacques
Santer.