2013-01-23 15:54:05

Vatikan würdigt die deutsch-französische Freundschaft


RealAudioMP3 Die deutsch-französische Freundschaft ist eine notwendige Bedingung für den Frieden in Europa. Daran erinnert die Vatikanzeitung „L’Osservatore Romano“ in dieser Woche anlässlich der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages vor 50 Jahren. Am 22. Januar 1963 setzten der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle ihre Unterschrift unter das Dokument, das die deutsch-französische Versöhnung und Zusammenarbeit nach dem Krieg besiegelte.

Die deutsch-französischen Beziehungen sind in der Europapolitik bis heute wegweisend, bekräftigen der deutsche und der französische Botschafter beim Heiligen Stuhl in ihrem gemeinsamen Interview mit der Vatikanzeitung. Und noch einen weiteren Aspekt betonen die beiden erfahrenen Diplomaten: die Bereitschaft beider Länder zu Kompromiss und konstruktivem Dialog – und zwar nicht nur im bilateralen Interesse, sondern im Sinne Europas: „An der Quelle jeden großen Fortschrittes beim Aufbau Europas steht der Katalysator der französisch-deutschen Initiativen“, so Frankreichs Vertreter beim Heiligen Stuhl, Botschafter Bruno Joubert. Für seinen deutschen Kollegen Reinhard Schweppe bietet die deutsch-französische Zusammenarbeit heute Orientierung in der Staatengemeinschaft. Dies sagte er im Interview mit Radio Vatikan:

„Natürlich gibt es in dieser Beziehung Höhen und Tiefen, die hat es immer gegeben. Aber am Ende haben die Spitzen der beiden Länder gewusst, dass sie die Arbeit mit großer Verantwortung machen müssen, auch für die anderen Mitglieder der EU. Heutzutage 27 Länder unter einen Hut zu bekommen, ist nicht einfach, und es immer ganz gut, wenn Sie eine Art Wegweisung vorformuliert haben, wo es hingehen kann. Das ist kein Direktorium, aber ein Wegweiser für die anderen, die das auch gerne wollen.“

Die deutsch-französischen Treffen bezögen sich zu 80 bis 90 Prozent auf europäische Fragen, so Schweppe. Aktuell sind ist der Fokus natürlich auf Fragen rund um die Finanz- und Wirtschaftskrise gerichtet. Dazu Schweppe:

„Wir haben heute eine Euro-Zone mit südlichen und nördlichen Ländern; Frankreich vertritt mehr die südlichen, Deutschland mehr die nördlichen. Wenn die Euro-Zone zusammenbleiben soll, und das muss sie ja, dann muss man einen Kompromiss finden. Und am Ende wird es einen solchen Kompromiss auch geben.“

Grundtonus der deutsch-französischen Europapolitik sei – so gut es eben geht – die Berücksichtigung aller europäischer Staaten:

„Das heißt, Europapolitik ist das Gegenteil von Hegemonie und Dominanz, Europapolitik heißt, Kompromisse zu finden, die irgendwie die Interessen von allen – groß und klein, stark und schwach – berücksichtigt.“

Wesentlich ist für den Botschafter dabei Europas christliches Erbe, das sich auch in der Politik niederschlage. So interpretiert Schweppe die jüngste Vergabe des Friedensnobelpreises an die Europäische Union zum Beispiel als Würdigung einer „christlich geprägten Politik“ in der Staatengemeinschaft. Die europäische Einigung habe in ihrer Geschichte entscheidende Impulse von katholischen Politikern erhalten, führt er weiter aus:

„Wenn man sich die Beteiligten anschaut: die prominentesten waren Konrad Adenauer, Alcide De Gaspari, Robert Schumann, auf luxemburgischer Seite Joseph Bech usw. Das waren alles christdemokratische Politiker, die katholisch waren und hier ein Projekt angeschoben haben. Dieses Projekt wurde natürlich auch von protestantischer Seite unterstützt und befördert, aber ich glaube, es war kein Zufall, dass das katholische Politiker waren. Konflikte, die es in Europa seit über tausend Jahren gibt, kann man nicht wegzaubern, jedes Land verteidigt auch seine Interessen. Aber das Neue ist der Weg der Lösung, die Methode: Es ist eine zutiefst christliche, nämlich gewaltlose, friedliche, unter Berücksichtigung auch der Interessen des jeweils anderen.“

Anlässlich des 50. Jahrestages der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages organisieren die deutsche und die französische Botschaft beim Heiligen Stuhl eine Diskussionsveranstaltung zum Thema an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. „50 Jahre deutsch-französische Freundschaft im Dienste Europas: die Europäische Union, ein Modell für andere Versöhnungen?“ ist der Titel der Konferenz am kommenden 7. Februar. Teil nehmen u.a. die Ministerpräsidentin des Saarlandes und Bevollmächtigte der Bundesregierung für die deutsch-französischen kulturellen Beziehungen, Annegret Kramp-Karrenbauer, der EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Michel Barnier, sowie der frühere EU-Kommissionspräsident Jacques Santer.

(or/rv 21.01.2013 pr)








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