Der Vatikan arbeitet
derzeit an der Revision einiger Bestimmungen des Kirchenrechts. Dazu gehöre etwa der
Bereich des Eherechts, wie beispielsweise die Dauer von Annullierungsverfahren. Das
sagte Kardinal Francesco Coccopalmerio, Präsident des Päpstlichen Rates für die Interpretation
von Gesetzestexten, am Dienstag im Vatikan. Daneben gehe es um Fragen zum Thema Migration,
besonders um die zunehmende Mischung von Gläubigen, für die das lateinische und orientalische
Kirchenrecht gelte. Die Revision der einzelnen Punkte werde aber noch viel Zeit brauchen.
Coccopalmerio
äußerte sich bei der Vorstellung einer Tagung zum 30-jährigen Bestehen des aktuellen
Gesetzeswerks der katholischen Kirche. Zu dem Studientag am Freitag, dem Jahrestag
der Publikation, werden rund 400 Fachleute aus Italien und dem europäischen Ausland
in Rom erwartet. Bei der Pressekonferenz am Dienstag ging der italienische Kurienkardinal
auf den strafrechtlichen Bereich des Kirchenrechts ein:
„Was die strafrechtlichen
Fragen betrifft, so gibt es schon seit einigen Jahren eine Kommission, die sich damit
beschäftigt. Wir sind aber schon an einem sehr fortgeschrittenen Punkt angelangt.
Wir haben bereits alle Bischöfe um Rat gebeten, das heißt sowohl die Bischofskonferenzen
als auch die vatikanischen Dikasterien, Ordensgemeinschaften und theologische Fakultäten
haben uns geantwortet. Wir haben etwa 160 Antworten erhalten und vergleichen nun jeden
einzelnen Kanon, der im strafrechtlichen Teil des Kirchenrechts steht.“
Der
Rechtskodex von 1983 habe die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils vervollständigt,
sagte Coccopalmerio weiter. Er verwies auf Bestimmungen zu den Diözesan- und Pfarrgemeinderäten,
in denen die vom Konzil gewollte aktivere Rolle der Laien deutlich geworden sei. Die
neuen Strukturen erlaubten „eine wirkliche Teilhabe der Gläubigen an den pastoralen
Entscheidungen des Bischofs oder Pfarrers“.
„Das Kirchenrecht behandelt
bisher jedoch nicht jene Bereiche, bei denen anti-katholische Beschlüsse gefördert
werden. Ich denke beispielsweise an Politiker, die Gesetze für die Abtreibung zustimmen.
Das Kirchenrecht sieht für einen solchen Politiker keine besonderen Konsequenzen vor.
Doch da gibt es für die Bischofskonferenzen die Möglichkeit, einzugreifen und selber
Strafmaßnahmen zu erlassen, für jene, die beispielsweise für Abtreibung einstehen
oder sie fördern.“
Weiter unterstrich Coccopalmerio den Beitrag des aktuellen
Kirchenrechts auf dem Gebiet der Ökumene. Dieser habe seine Wurzeln in den Aussagen
der Konzils.
Der aktuelle „Codex Iuris Canonici“ war am 25. Januar 1983 von
Papst Johannes Paul II. veröffentlicht worden. Er löste das bislang gültige Gesetzbuch
aus dem Jahre 1917 ab. An der Fertigstellung hatte auch Joseph Ratzinger als damaliger
Präfekt der Glaubenskongregation maßgeblich mitgewirkt.