50 Jahre Élysée-Vertrag: „Katholische Protagonisten bei europäischer Einigung“
Am 22. Januar 1963
unterzeichneten der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und der französische Staatspräsident
Charles de Gaulle den Élysée-Vertrag, um die deutsch-französische Versöhnung zu besiegeln.
Die Freundschaft der beiden Länder ist bis heute ein wichtiger Motor der europäischen
Einigung. In der Europapolitik seien die deutsch-französischen Beziehungen oftmals
wegweisend. Das betont im Gespräch mit Radio Vatikan der deutsche Botschafter am Heiligen
Stuhl, Reinhard Schweppe. Er bezeichnet das heutige deutsch-französische Verhältnis
als „ausgezeichnet“.
„Heutzutage 27 Länder unter einen Hut zu bekommen,
ist nicht einfach, und es immer ganz gut, wenn Sie eine Art Wegweisung vorformuliert
haben, wo es hingehen kann. Das ist kein Direktorium, aber ein Wegweiser für die anderen,
die das auch gerne wollen, darunter übrigens ebenfalls die Italiener.“
Botschafter
Schweppe sieht die jüngste Vergabe des Friedensnobelpreises an die Europäische Union
auch als Würdigung einer „christlich geprägten Politik“ in der Staatengemeinschaft.
Die europäische Einigung habe in ihrer Geschichte entscheidende Impulse von katholischen
Politikern erhalten, führt er weiter aus:
„Wenn man sich die Beteiligten
anschaut: die prominentesten waren Konrad Adenauer, Alcide De Gaspari, Robert Schumann,
auf luxemburgischer Seite Joseph Bech usw. Das waren alles christdemokratische Politiker,
die katholisch waren und hier ein Projekt angeschoben haben. Dieses Projekt wurde
natürlich auch von protestantischer Seite unterstützt und befördert, aber ich glaube,
es war kein Zufall, dass das katholische Politiker waren. Konflikte, die es in Europa
seit über tausend Jahren gibt, kann man nicht wegzaubern, jedes Land verteidigt auch
seine Interessen. Aber das Neue ist der Weg der Lösung, die Methode: Es ist eine zutiefst
christliche, nämlich gewaltlose, friedliche, unter Berücksichtigung auch der Interessen
des jeweils anderen. Das heißt, Europapolitik ist das Gegenteil von Hegemonie und
Dominanz, Europapolitik heißt, Kompromisse zu finden, die irgendwie die Interessen
von allen – groß und klein, stark und schwach – berücksichtigt.“
Anlässlich
des 50. Jahrestages der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages organisieren die deutsche
und die französische Botschaft am Heiligen Stuhl eine Diskussionsveranstaltung zum
Thema an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. „50 Jahre deutsch-französische
Freundschaft im Dienste Europas: die Europäische Union, ein Modell für andere Versöhnungen?“
ist der Titel der Konferenz am kommenden 7. Februar. Teil nehmen u.a. die Ministerpräsidentin
des Saarlandes und Bevollmächtigte der Bundesregierung für die deutsch-französischen
kulturellen Beziehungen, Annegret Kramp-Karrenbauer, der EU-Kommissar für Binnenmarkt
und Dienstleistungen, Michel Barnier, sowie der frühere EU-Kommissionspräsident, Jacques
Santer. Ein Redner von vatikanischer Seite steht noch aus.
Gemeinsamer
Aufruf für Europa Die Präsidenten der „Semaines sociales de France“, Jérome
Vignon, und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, würdigten
den Elysée-Vertrag als mutiges, visionäres Werk deutsch-französischer Versöhnung.
Dessen bedeutendste Frucht sei der beständige Fortschritt der europäischen Integration.
Im Geist der Gründerväter de Gaulle und Adenauer gelte es auch heute weiterhin, unterschiedliche
Interessen und gelegentliches Misstrauen zu überwinden und wiedererstarkendem Nationalismus
zu widerstehen. Die beiden Präsidenten forderten weiter eine Reform der europäischen
Verträge, um Lehren aus der aus der Finanzkrise zu ziehen und die gemeinsame Währung
langfristig zu stabilisieren. Dieser Prozess müsse zu einer wirklichen Wirtschafts-
und Währungsunion führen und die Balance zwischen Budgetverantwortlichkeit und Solidarität
wahren.
Ausführlicheres zum Thema am Mittwochabend in unserer Abendsendung.