Das christliche Menschenbild
gehört zur kirchlichen Hilfsarbeit dazu. So kann man das Thema der diesjährigen Vollversammlung
des päpstlichen Rates für die Hilfswerke vielleicht gut zusammen fassen. Das christliche
Menschenbild und damit die Vorstellungen von der Würde des Menschen und des Schutzes
des Lebens müssen sichtbarer Teil der Tätigkeit der Kirche auf diesem Gebiet sein,
wie es Cor Unum-Präsident Kardinal Robert Sarah formuliert hatte. Für die deutsche
Caritas ist deren Präsident Peter Neher bei der Versammlung dabei, im Interview mit
Pater Bernd Hagenkord berichtet er aus der Praxis und darüber, wie diese Fragen die
ganz konkrete Arbeit betreffen.
„Ich denke, dass die Auseinandersetzung
mit Fragen, die aus der Moderne auf uns als Organisation und die Kirche zukommen –
ob das die Gender-Problematik ist oder die Armutsfrage –in unserer Arbeit alltäglich
ist. Ich glaube, dass das Anliegen ist, unsererseits darauf zu achten, uns mit solchen
Begriffen nicht fremde Ideologien einzukaufen. Gleichzeitig müssen wir aber auch selbstkritisch
schauen, was solche Bewegungen uns zu sagen haben, wenn ich Gaudium et Spes ernst
nehme, wovon auch die Kirche der heutigen Welt lernen kann. Ich kann für Deutschland
sagen, dass es eine offensive und fruchtbare Debatte ist, ohne dass ich uns oder unsere
Arbeit dabei in Frage gestellt sehen würde.“
Ein Beispiel dieser Debatte
haben wir gerade in Köln erlebt, wo zwei Krankenhäuser ein Vergewaltigungsopfer abgelehnt
haben, wohl weil die Frau „die Pille danach“ haben wollte. Abgesehen von groben Missverständnissen
dort ist aber die Frage, ob die Katholiken und ob die Kirche an ihrer eigenen Moral
festhalten dürfen oder ob sie das machen müssen, was alle anderen auch machen.
„Neben
allem, was da im Hintergrund alles schief gelaufen ist und nun in der öffentlichen
Debatte ist, zeigt dieses Beispiel, dass das eine ständige Frage ist: wie kann man
in einer Gesellschaft, die gerade die Frage nach dem Wert des Lebens am Anfang und
am Ende des Lebens in einer Weise immer wieder behandelt, die nicht mit dem christlichen
Wertverständnis und mit der katholischen Auffassung vom Leben zusammen passen, seine
Werte vertreten? Ich glaube, dass wir nur so damit umgehen können, offensiv, begründend
den Schutz des Lebens zu fordern, nicht nur weil es katholisch ist, sondern auch weil
es einen Wert an sich hat. Der Schutz des Lebens am Anfang und die Würde zum Ende,
das ist es, was wir selbstbewusst und konstruktiv in die Debatte einbringen.“
Wenn
wir über das christliche Menschenbild sprechen, gibt es eine Frage, die besonders
aktuell ist. Bei den Demonstrationen in Frankreich und auch bei der Friedensbotschaft
des Papstes wird die Frage nach der Familie aktuell. Das ist eine Frage, die Sie sich
für die Caritas in Deutschland auch als Jahresthema gestellt haben. Wie setzen Sie
das um?
„Zum einen hat die Caritas in Deutschland sehr viele Dienste, die
sich mit und für Familie sorgen, so etwa die ganzen Beratungsdienste, ob es Ehe-,
Familien- und Lebensberatung, oder auch ganz praktische Unterstützungsformen bei Bedarf
im Haushalt und so weiter sind. Sie machen das ganz praktisch und zwar einmal als
politische Botschaft – unser Slogan ist „Familie schaffen wir nur gemeinsam“ – wo
dann auch entsprechende Forderungen an die Politik gestellt werden. Das bezieht sich
auf Geld, das bezieht sich auf Zeit und das bezieht sich auf Infrastruktur. Das ist
aber auch für uns, weil wir selbst ja auch Arbeitgeber sind, ein Anstoß, die eigenen
Dienste so zu gestalten, dass Familie und Beruf gut zusammen gebracht werden können.
Ein Stichwort ist ‚flexible Arbeitszeiten’, ein anderes ist das Angebot auch von Teilzeitarbeit.
Wir haben in Freiburg in unserer Zentrale auch das Audit als familienfreundlichen
Betrieb. Dazu gehört ein Eltern-Kind-Büro, in das Eltern ihr Kind mitnehmen können,
wenn überraschend die Betreuung ausfällt. Das geht bis zur Ferienbetreuung und zu
Möglichkeiten, dass Mitarbeitende dann begrenzte Zeit frei bekommen können, wenn es
um die Pflege von Angehörigen geht. Das sind alles Modelle und Überlegungen, die wir
in unseren eigenen Einrichtungen einführen, aber daraus auch politische Forderungen
ableiten.“
…in denen das christliche Menschenbild dann ganz konkret wird.
Prälat Peter Neher, ganz herzlichen Dank.