2013-01-16 14:11:11

Vatikan/Straßburg: Risiko für die Gewissensfreiheit


RealAudioMP3 Die Zunahme religiöser Vielfalt und die Verhärtung des Säkularismus machen es schwer, Gewissensfragen offen und objektiv zu diskutieren. So äußerte sich der vatikanische Außenminister, Erzbischof Dominique Mamberti, zu vier an diesem Dienstag veröffentlichten Urteilen des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes in Straßburg. Das Gericht hatte an diesem Dienstag im Fall zweier Frauen entschieden, die geklagt hatten, weil sie als Ausdruck ihres Glaubens auch am Arbeitsplatz ein Kreuz tragen wollten, ihre Arbeitgeber dies aber verboten. Eine ehemalige Angestellte von British Airways hatte Recht bekommen, eine Krankenschwester nicht. Gleichzeitig waren zwei Fälle von Gewissensfreiheit verhandelt worden, hier ging es um den Umgang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, die eine Therapeutin und ein Standesbeamter nicht betreuen wollten. In diesen beiden Fällen hatte das Gericht entschieden, dass auch solche Anliegen betreut werden müssten, Gewissensgründe könnten nicht ins Feld geführt werden.

Die vor dem Straßburger Menschenrechtsgerichtshof verhandelten Fälle zeigten, wie komplex die Fragen der Freiheit des Gewissens in Europa mittlerweile seien, so Erzbischof Mamberti.

„Es besteht das Risiko, dass moralischer Relativismus, der sich selbst als neue soziale Norm etabliert, die Fundamente der Gewissensfreiheit des Einzelnen und der Religion unterläuft. Was moralisch kontroverse Themen wie Abtreibung und Homosexualität angeht, muss das Gewissen respektiert werden. Es ist kein Hindernis bei der Errichtung einer toleranten Gesellschaft in ihrer Pluralität, sondern der Respekt für diese Freiheit des Gewissens und der Religion ist eine Grundbedingung für diesen Aufbau.“

Die Kirche wolle diese Gewissensfreiheit unter allen Umständen verteidigen, sogar gegen die ‚Diktatur des Relativismus’. Deswegen weise er auf die Vernünftigkeit des menschlichen Gewissens im Allgemeinen und auf die moralisch begründeten Handlungen von Christen im Besonderen hin.
Erzbischof Mamberti verweist auf die Ansprache des Papstes an das diplomatische Corps von vergangener Woche, in der Benedikt XVI. diesen Punkt eigens betont hatte. Freiheit sei in der Würde des Menschen verwurzelt, hatte der Papst gesagt. Wenn eine Gesellschaft demokratisch und frei sei wolle, müsse sie diese ethischen und religiösen Prinzipien respektieren.

„Das Verbot des Einspruchs aus Gewissensgründen im Namen von Freiheit und Pluralismus öffnet paradoxerweise die Tür zu Intoleranz und erzwungener Einheitlichkeit. Die Erosion der Gewissensfreiheit weist auch auf einen Pessimismus hin, was die Fähigkeit des menschlichen Gewissens angeht, das Gute und Wahre zu erkennen. Davon profitiert ausschließlich das so genannte positive Recht, das ein Monopol auf Moral für sich beansprucht.“

Vor einiger Zeit hatte der Vatikan über seinen Beobachter beim Europarat eine Note veröffentlicht, in der das Argument in Bezug auf zwei weitere Fälle noch einen Schritt weiter geführt wird. Bei diesen Fällen vor dem Menschenrechtsgerichtshof geht es um die Autonomie der Kirchen. Ein Fall bezieht sich auf Rumänien, ein zweiter auf Spanien. Eine Zusammenfassung dieser Note zu den Fällen in Spanien und Rumänien finden Sie über unsere Internetseite.

(rv 16.01.20113 ord)









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