2013-01-16 15:57:51

Note der Vertretung des Heiligen Stuhls beim Europarat


Zusammenfassung der Note des Ständigen Vertreters des Heiligen Stuhls beim Europarat über die „Freiheit und institutionelle Autonomie der katholischen Kirche“, anlässlich der Untersuchung zweier Fälle von dem Europäischen Menschengerichtshof.


Was ist der Anlass?
Es geht um zwei Fälle, die vor dem Gericht verhandelt werden, einer betrifft Rumänien, der zweite Spanien.

Der Europäische Menschengerichtshof muss entscheiden, ob die jeweilige Staatsgewalt die Europäische Konvention der Menschenrechte respektiert hat, als sie sich weigerte, eine Gewerkschaft von Priestern anzuerkennen (der rumänische Fall), und einen Lehrer, der öffentlich die Kirchenlehre in Frage gestellt hat, als Religionslehrer einzustellen (der spanische Fall). In beiden Fällen wurden die Versammlungsfreiheit und die Redefreiheit herangezogen um zu erzwingen, dass die Kirche gegen ihr eigenes Recht handle. Daher ist in beiden Fällen die Freiheit der Kirche verletzt worden, nach ihren eigenen Regeln zu handeln, und keinen zivilen Gesetzen zu unterliegen, außer jenen die zur Wahrung der öffentlichen Ordnung nötig sind. Das Rechtsprinzip der institutionellen Autonomie der religiösen Gemeinschaften ist von fast allen Staaten anerkannt und im Völkerrecht verankert. Dennoch ist es nützlich an dieses Prinzip zu erinnern und es zu verteidigen.

Um zu klären was die Freiheit der Kirche ausmacht hat die Ständige Vertretung des Heiligen Stuhls beim Europarat eine Notiz verfasst, die die Position der Kirche in 4 Prinzipien erläutert:

1. die Unterscheidung zwischen Kirche und Staat, 2. Die Freiheit im Hinblick auf den Staat, 3. Die Freiheit innerhalb der Kirche und 4. Der Respekt der rechten öffentlichen Ordnung.

1. Die Unterscheidung zwischen Kirche und dem Staat (politische Gemeinschaft)

Die Kirche erkennt die fundamentale Unterscheidung und Teilung der Aufgaben zwischen ihr und der politischen Gemeinschaft (Staat) an. Sie sieht, dass der Staat die beste Institution ist, um das Allgemeinwohl zu sichern und allen eine würdige menschliche Existenz zu gewährleisten. Sie selbst wurde jedoch gegründet um die Gläubigen auf ihre ewige Bestimmung hinzuführen. Diese Teilung beruht auf den Jesuswort „Gebt Caesar was Caesars ist, und Gott was Gottes ist“. In den meisten Gebieten sind die Aufgaben der Kirche und die politische Gemeinschaft also getrennt. Wo allerdings sowohl spirituelle als auch irdische Dinge betroffen sind wie die Ehe und die Erziehung der Kinder, da fordert die Kirche, dass der Staat seine Rolle nicht zum Schaden des spirituellen Wohls der Gläubigen ausübt. Andererseits endet die Freiheit der Kirche bei der Wahrung der öffentlichen Ordnung.

2. Die Freiheit im Hinblick auf den Staat

Die Kirche fordert vom Staat den Respekt und Schutz ihrer Freiheit, damit sie ihre Mission in einer pluralistischen Gemeinschaft erfüllen kann. Diese Mission hat sie von Jesus bekommen, somit dar der Staat die Kirche nicht an der Erfüllung ihrer Aufgabe behindern. Das betrifft sowohl die institutionelle Organisation der Kirche wie die Ausführung ihres Ministeriums.

3. Die Freiheit innerhalb der Kirche

Die Kirche schätzt den fundamentalen Wert der menschlichen Freiheit und unterstreicht, dass jeder Mensch mit Intelligenz und Willensfreiheit ausgestattet wurde. Die Normen, die die Kirche vorschreibt, sind nur zur Wahrung der Freiheit vorgesehen. Auch deshalb setzt ein religiöser Akt um rechtmäßig zu sein die Freiheit des Schaffenden voraus. Diese Freiheit ist an die Wahrheit gekoppelt („Die Wahrheit wird euch frei machen“ Johannes 8,32). Sie kann nicht als Rechtfertigung für einen Angriff auf die Wahrheit verwendet werden. So kann ein Gläubiger (ob Laie oder Geistlicher) sich nicht auf seine Freiheit berufen um den Glauben in Frage zu stellen (z.B. öffentlich Position gegen die Autorität der Kirchen beziehen) oder um die Kirche zu untergraben (z.B. durch die Gründung einer Priestergewerkschaft gegen den Willen der Kirche). Allerdings hat jede Person das Recht die Kirchenautorität in Frage zu stellen und die dafür vorgesehenen Mittel des Kirchenrechts zu benutzen und auch die Option des Kirchenaustritts zu wählen. Da die Beziehungen innerhalb der Kirche aber in erster Linie spirituell sind, ist es nicht Aufgabe des Staates, hier vermittelnd einzugreifen.

4. Der Respekt der rechten öffentlichen Ordnung

Die Kirche erkennt die Verantwortlichkeit des Staates für die Wahrung der öffentlichen Ordnung an. Diese bezieht die religiöse Gemeinschaft und ihr Wirken mit ein und zeigt somit auch die Grenze ihrer Autonomie auf. Es müssen sowohl die religiösen Freiheiten des Einzelnen und der Gemeinschaft gewahrt werden, wie auch das allgemeine Wohl und die Zusammengehörigkeit der Gesellschaft.

(rv16.01.2013 mw)







All the contents on this site are copyrighted ©.