2013-01-14 09:51:57

Editorial: Die Krise und die Zukunft


„Ich bin Europa, wir sind Europa”. Mehr als nur ein Slogan, ist es eine Idee der Koexistenz, Solidarität und des Teilens, die durch die Welle der Krise dem Risiko ausgesetzt ist in Frage gestellt zu werden, eine Krise, die die Prinzipien der europäischen Gründerväter mit sich brachte.

Die Tagesordnung wird heute nicht durch den Einigkeitssinn festgelegt, sondern durch die Krise, die auch zum am häufigsten erwähnten Wort geworden ist, nicht nur unter den Menschen, sondern auch zwischen den Institutionen. Denn die Krise ist nicht ein Konzept, sondern eine Realität, die sich auf das tägliche Leben von mehr als 500 Millionen europäischen Bürgern auswirkt. Doch Europa hat reagiert, wenn auch langsam, indem es seine besten Kräfte zur Verfügung stellte und eine Barriere von Interventionen errichtete, die vielleicht zu sehr auf eine zu gewagte "rein" ökonomische Vision konzentriert ist. All dies auf Kosten der Bürger, auf denen die Krise wie ein Erdbeben einwirkt, was ernsthafte soziale Folgen mit sich bringt.

In erster Linie die Armut, die schon allein auf dem alten Kontinent fast 120 Millionen Menschen umfasst - jeder vierte Einwohner – für die der Alltag aus Schwierigkeiten und Opfern besteht. An zweiter Stelle die Arbeitslosigkeit mit verheerenden sozialen Auswirkungen; seit 2008 gingen mehr als 26 Millionen Arbeitsplätze verloren und in einigen Ländern haben mehr als 50% der jungen Leute keinen Job. Dies verwandelt sich in einen Mangel an Fairness und in eine Krise, die sich vorwiegend als Vertrauenskrise erweist und nicht als eine wirtschaftliche. „Was geschieht ist inakzeptabel“, wird seit einiger Zeit vom Präsidenten der Europäischen Kommission Barroso wiederholt, wobei er die riskante, progressive Trennung zwischen Institutionen und Bürgern hervorhebt.

Und die größte Gefahr wird durch die Tatsache bestimmt, dass das europäische Sozialsystem, das wahre Modell für die ganze Welt, vom Aussterben bedroht ist. Was ist mit den Grundrechten geschehen? Was ist mit dem Gefühl der Solidarität passiert? Was wird aus Europa?

Die Analysten sind meist auf die wirtschaftlichen Daten konzentriert; 2013 wird das Jahr der Veränderung sein, ab 2014 soll es wieder bergauf gehen. Unterdessen steigt die Zahl der Obdachlosen immer mehr, dass Phänomen extremer Marginalisierung wird immer häufiger und immer öfter möglich. Weil es schwierig wird die Hypothek oder Miete zu zahlen und weil der Zusammenhalt der Familie – der wirklich sichere Hafen, zu dem man im Notfall kann - zunehmend auf eine harte Probe gestellt wird. Auf der anderen Seite wachsen die Projekte des „Mikro-Kredits“ zur Finanzierung klein angelegter Initiativen, um die Basis für einen Neustart zu schaffen, und es zielt auf Tauschhandel, um die Grundbedürfnisse zu erfüllen. Es geschieht vor allem in Griechenland, wo die Klinge der Sparmaßnahmen die Realwirtschaft gespalten, Athen ihre Seele und ihre Einwohner genommen und sie damit zu einer geisterhaften Stadt gemacht hat.

Aber es passiert auch in Spanien, wo die Arbeitslosigkeit zunehmend zu einem kollektiven Drama wird. Es passiert in der Slowakei, Bulgarien, ebenso in Italien, Portugal, Zypern und es beginnt in Frankreich. Methoden der Intervention im Einklang mit dem, was auch durch die COMECE, der Bischofskonferenzen Europas bestätigt wurde, die als Rezept gegen die Krise ein „europäisches Modell der sozialen Marktwirtschaft" vorschlägt, das einen wirksamen Schutz der am stärksten Betroffenen bietet. Dies liegt daran, die Krise nicht nur vom wirtschaftlichen Standpunkt aus zu sehen, sondern auch ethisch-kulturell, anthropologisch, zu verstehen. Das sagt der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen, deren Meinung nach man nicht in Dialog mit der Welt treten könne indem man sich nur mit den Inhalten oder Problemen beschäftigt; es bedarf auch der Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden kulturellen Gegebenheiten der Probleme.

Alle Aktionen, die in der Solidarität verwurzelt sind; Wurzeln die mit anderen Wurzeln verbunden sind, und zwar die christlichen, denen das abgelenkte Europa kein Wasser gegeben hat und die deshalb zu sterben drohen. Ach, wenn die Europäer die Botschaft der Enzyklika „Caritas in veritate" umgesetzt hätten! Benedikt XVI. war ein Leuchtturm, der weit über die Grenze des Blickes leuchtet, um stärker zu betonen, dass die Wahrheit gesucht, gefunden und ausgedrückt werden muss innerhalb der „Wirtschaft“ der Barmherzigkeit, aber die Barmherzigkeit seinerseits muss verstanden werden, bestätigt und praktiziert im Licht der Wahrheit. Europa kann von diesem Punkt aus erneut starten. Und wir alle könnten mit Stolz sagen: „Ich bin Europa, wir sind Europa."

Salvatore Sabatino – SIC Redaktion







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