2013-01-09 14:18:07

D: Justizministerin warnt Kirche


Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warnt die katholische Kirche vor einer halbherzigen Aufklärung des Missbrauchsskandals. Im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ forderte sie die Bischöfe am Mittwoch zu einer externen wissenschaftlichen Aufarbeitung auf. „Der Vorwurf, Zensur und Kontrollwünsche behinderten eine unabhängige Aufarbeitung, sollte durch den Vorsitzenden der Bischofskonferenz schnell aus der Welt geschafft werden“, sagte sie in München. Zugleich nahm die FDP-Politikerin das Kriminologische Forschungsinstitut in Schutz, das der Kirche versuchte Zensur vorwirft. Die Einrichtung sei eine „der ersten Adressen, um eine unabhängige wissenschaftliche Aufarbeitung auf Grundlage der Personalakten seit 1945 vorzunehmen“, sagte die Ministerin. Es sei „ein notwendiger und überfälliger Schritt, dass sich die katholische Kirche öffnet und erstmals kirchenfremden Fachleuten Zugang zu den Kirchenarchiven ermöglicht“. Die dramatischen Erschütterungen des Jahres 2010 dürften nicht in einer „halbherzigen Aufarbeitung versickern“.

Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz hat den Hannoveraner Kriminologen Pfeiffer scharf kritisiert. Matthias Kopp warf Pfeiffer am Mittwoch Sprunghaftigkeit und mangelnde Seriosität vor. Im Rahmen einer Mediation habe man versucht, zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung zu kommen, doch auch dazu sei Pfeiffer nicht bereit gewesen. Mit Nachdruck dementierte Kopp Behauptungen des Kriminologen, in einigen Bistümern seien Akten zu Missbrauchsfällen vernichtet worden. Der Sprecher betonte, dass nach dem Kirchenrecht alle relevanten Akten zu Straftaten in diesem Bereich aufbewahrt werden müssten. Hier sei das Kirchenrecht strenger als das weltliche Recht.

Glück: „Vorbildlich mit der Frage auseinandergesetzt“

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, bedauert den Streit um das Forschungsprojekt. „Das Anliegen und die Aufgabe einer unabhängigen, wissenschaftlichen Maßstäben entsprechenden Untersuchung sind damit aber nicht erledigt“, unterstreicht Glück in einem Statement. Die neue Entwicklung dürfe nicht verdecken, dass die katholische Kirche in Deutschland sich wie keine andere gesellschaftliche Gruppe und Organisation mit der Wirklichkeit des sexuellen Missbrauchs in ihren eigenen Reihen auseinander gesetzt und Konsequenzen gezogen habe. Glück wörtlich: „Die Deutsche Bischofskonferenz hat für die Kirche die große Schuld gegenüber den Opfern bekannt. Sie hat die Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz verbessert. In den Diözesen und in unseren kirchlichen Gemeinschaften wurden Präventionsstrategien entwickelt und werden derzeit umgesetzt.“

Der Würzburger Professor für Kriminologie, Klaus Laubenthal, hat Christian Pfeiffer beim gescheiterten Forschungsprojekt methodische Mängel attestiert. So sei die Frage des Opferschutzes nicht zufriedenstellend gelöst worden, sagte Laubenthal am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur). Dabei bemängelte er das Vorhaben von Pfeiffers Institut, die allein aus Akten hervorgehenden Missbrauchsopfer anzuschreiben. Damit wären sie ungefragt erneut mit den zum Teil Jahrzehnte zurückliegenden Ereignissen konfrontiert worden. Laubenthal ist auch unabhängiger Missbrauchsbeauftragter des Bistum Würzburg. Ein weiterer Kritikpunkt Laubenthals ist die Fokussierung auf die Aktenanalyse. Damit werde nur ein Teilbereich des dokumentierten Missbrauchgeschehens erfasst. Es gebe aber auch Opfer, die nur bei den von den Diözesen und Orden eingesetzten Ansprechpartnern bekannt seien und bewusst keine Weitergabe an die Diözesen wollten. „Doch die issbrauchsbeauftragten sind bei der Studie nicht einbezogen worden“, so der Jurist.


(rv/pm/kna 09.01.2013 sk)









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