200 Millionen Christen beginnen ostkirchliche Weihnachtsfeiern
Mehr als 200 Millionen orthodoxe Christen in aller Welt haben am Sonntagnachmittag
mit den ostkirchlichen Weihnachtsfeiern begonnen. Beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz
richtete Papst Benedikt XVI. Grüße an die Schwesterkirchen, die nach dem Julianischen
Kalender feiern. Zehntausende christliche Pilger aus Palästina und Jordanien, aber
auch viele Russen und Äthiopier, trafen am Sonntag in Bethlehem ein, das derzeit von
einer Kältewelle heimgesucht wird. Vor der orthodoxen Patriarchalliturgie in der Geburtskirche
- das Gotteshaus gehört dem orthodoxen Patriarchat von Jerusalem - kamen die Bischöfe
der Syrer, Kopten und Äthiopier zum Gebet in die Basilika, wie Agenturen berichten.
Der Unterschied zum Weihnachtstermin der katholischen und evangelischen Kirchen
- rund zwei Milliarden Christen weltweit akzeptieren ihn - hängt mit den unterschiedlichen
Kalendern zusammen: Zahlreiche orthodoxe Kirchen richten sich nach wie vor nach dem
alten Julianischen Kalender, demzufolge der 24. Dezember auf den 6. Jänner westlicher
Zeitrechnung fällt. Die Differenz zwischen beiden Zeitrechnungen beträgt 13 Tage.
Nach dem Julianischen Kalender, der auf Julius Caesar zurückgeht, richten
sich die orthodoxen Kirchen im Heiligen Land, in Russland, Serbien, Polen, Georgien,
der Tschechischen Republik und der Slowakei. Auch die koptisch-orthodoxe Kirche, die
nach den Umbrüchen in Ägypten in das öffentliche Interesse gerückt ist, feiert die
Geburt Jesu am 6./7. Jänner. Den Julianischen Kalender befolgen aber auch Syrer, Armenier
und Äthiopier.
Andere orthodoxe Kirchen feiern Weihnachten zum gleichen Termin
wie die westlichen Kirchen. Dies tun etwa die Kirchen von Konstantinopel (Ökumenisches
Patriarchat), Rumänien, Bulgarien, Zypern, Griechenland, Albanien und Finnland.
Hintergrund
der unterschiedlichen Daten ist die Einführung des Gregorianischen Kalenders im Jahr
1582 durch Papst Gregor XIII. Der Papst reagierte damit auf Ungenauigkeiten des Julianischen
Kalenders, die zu erheblichen Problemen im Alltag geführt hatten. Da ein Julianisches
Kalenderjahr mit seinen durchschnittlich 365,25 Tagen um etwa elf Minuten länger ist
als das Sonnenjahr, verschob sich der astronomische Frühlingsanfang etwa alle 130
Jahre um einen Tag auf ein früheres Kalenderdatum. Bis 1582 machte die Differenz bereits
mehr als zehn Tage aus.
Wegen der Spannungen zwischen den christlichen Kirchen
nahmen verschiedene Konfessionen und Länder die Kalenderreform erst später oder überhaupt
nicht an. Russland beispielsweise führte den Gregorianischen Kalender erst nach der
Oktoberrevolution im Jahr 1918 ein. Die russisch-orthodoxe Kirche machte diesen Schritt
allerdings nicht mit.