Heiliges Land: Weihnachten in Bethlehem unter undichtem Dach
Wenn die christlichen
Konfessionen sich einigen würden, könnte man endlich einen Termin für die Renovierung
der Geburtskirche in Bethlehem finden. Daran erinnert kurz vor Weihnachten der Beauftragte
für das Heilige Land der deutschen Franziskanerprovinzen, Pater Werner Mertens OFM.
Die Geburtskirche in Bethlehem gilt als eine der ältesten und heiligsten Stätten der
Christenheit. Doch das Kirchendach ist undicht, und die Absprachen für die dringend
nötigen Ausbesserungsarbeiten ziehen sich in die Länge, sagte der Franziskaner im
Gespräch mit dem Kölner Domradio.
„Es ist schwierig. Es gibt verschiedene
Interessen dabei. Man muss bedenken, dass diese Kirche - die Basilika der Geburt unseres
Herrn Jesus Christus, wie sie offiziell heißt - unter der Verantwortung der griechisch-orthodoxen
Kirche, der lateinischen Kirche im Namen der franziskanischen Kustodie des Heiligen
Landes und der armenisch-apostolischen Kirche steht. Alle Änderungen können nur gemeinsam
beschlossen werden. Ähnlich wie bei der Grabeskirche in Jerusalem betritt man auch
hier ein politisches Feld. Aber man darf das nicht auf andere schieben - wenn die
christlichen Konfessionen sich einigen würden, könnten Änderungen erfolgen!“
Laut
dem seit 1852 geltenden „Status Quo“ steht die Geburtskirche von Bethlehem unter gemeinsamer
Verwaltung der drei genannten christlichen Konfessionen. Die Vielfalt lässt sich vor
allem an den Feiertagen ablesen; so begehen die drei Kirchen je nach einem anderen
Datum das Weihnachtsfest. Pater Mertens hofft, dass man sich im kommenden Jahr endlich
auf einen Termin für die Renovierung der Kirche einigen kann. Doch kann dort überhaupt
noch gefahrlos gefeiert werden?
„Tatsache ist, dass das Dach undicht und
die letzte Renovierung der großen Holzbalken schon mehr als 150 Jahre zurückliegt.
Ich war schon sehr oft zu Weihnachten dort und habe auch schon mal die Regenzeit erlebt,
da war auf dem Boden alles feucht. Wenn man die Wände betrachtet, dann fällt der Putz
fast herunter, aber es ist nicht so, als wenn die Kirche zusammenstürzen wird. Das
ist nicht der Fall.“
Der römische Kaiser Justinian I. ließ die Geburtskirche,
unter der sich die Geburtsgrotte Jesu befinden soll, im 6. Jahrhundert neu erbauen.
Die im 3. Jahrhundert an derselben Stelle errichtete konstantinische Basilika war
beim Samaritaner-Aufstand von 529 stark beschädigt worden. Heute liegt die Kirche
im israelisch besetzten Westjordanland. Nach Angaben der Franziskaner ist sie eines
der meistbesuchten Pilgerziele im Heiligen Land, wenn auch in diesem Jahr der Pilgerstrom
zur Weihnachtszeit wegen der jüngsten Spannungen zwischen Israel und Palästina etwas
eingebrochen ist. Dennoch - die Christen im Heiligen Land ließen sich die Freude auf
das Weihnachtsfest auch in dieser schwierigen Situation nicht nehmen, so Pater Mertens:
„Ich
war noch in der vorletzten Woche in Jerusalem und Nazareth und habe mitbekommen, dass
trotz der schweren Wochen im November im Gaza-Streifen, in Südisrael und Syrien, die
Freude der Menschen auf das Weihnachtsfest riesig groß ist. Zum Beispiel bereiten
sich seit dem letzten Samstag die katholischen Christen der Sankt Katharinen Gemeinde
in Bethlehem durch eine Novene auf das Weihnachtsfest vor - trotz der schweren politischen
und militärischen Lage.“
Die Franziskaner, die seit 1347 ununterbrochen
im Heiligen Land vertreten sind, wünschen sich, dass gerade auch jetzt weiter Pilger
in die Region kommen. Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen tun die Besucher dem
Heiligen Land gut, sondern auch, weil sie den Gläubigen dort Mut machen und zur Normalisierung
der Atmosphäre beitragen können. Die Geburtskirche von Bethlehem und der Pilgerweg
stehen übrigens seit Sommer 2012 auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO – eine Entscheidung
mit politischer Tragweite, war es doch das erste Mal, dass ein „palästinensischer
Ort“ zum Weltkulturerbe erklärt wurde, wie es Pierbattista Pizzaballa OFM,
der franziskanische Kustos des Heiligen Landes, ausdrückte. Der Präsident der palästinensischen
Autonomiebehörde Mahmoud Abbas hatte in dem Zusammenhang garantiert, dass die vollständige
Eigenständigkeit der Kirchen bei der Verwaltung der Heiligen Stätten gewahrt bleiben
soll - zur großen Erleichterung der christlichen Kirchenvertreter.