Palästinenserpräsident
Mahmoud Abbas hat die Vereinten Nationen an diesem Dienstag dazu aufgerufen, die palästinensischen
Flüchtlinge, die sich teils seit Jahren in syrischen Flüchtlingslagern befinden, bei
ihrer erneuten Flucht vor der immer näher rückenden Gewalt zu unterstützen. Erstes
Ziel der Palästinenser, wie auch der syrischen Flüchtlinge, ist dabei der Libanon,
der bereits zum Zufluchtsort für zahlreiche Menschen aus dem Krisengebiet geworden
ist. In den Aufnahmelagern herrschen teils unmenschliche Zustände, und der einbrechende
Winter verschlimmert die Lage dramatisch. Pater Peter Balleis ist der Direktor des
Internationalen Jesuitenflüchtlingsdienstes. Im Radio Vatikan Interview spricht er
über die aktuelle Situation im Land:
„Die letzte Information, die wir von
unseren Teams erhalten haben, ist diejenige, dass Aleppo belagert und von der Außenwelt
abgeschnitten ist. Das bedeutet natürlich, dass Nahrungsmittel knapp werden und die
Elektrizität immer wieder ausfällt. Das Leben der Menschen wird sehr hart, und man
muss auch bedenken, dass der Winter mittlerweile eingebrochen ist. Im Nahen Osten
ist es momentan sehr kalt. Wenn es keine Elektrizität gibt und auch die Heizung ausfällt,
wird es wirklich schwierig für die Menschen.“
Doch auch die Flucht ist
nicht unbedingt eine Lösung: Menschen, die bereits geflohen waren, sahen sich derart
schwierigen Zuständen gegenüber, dass sie sich gezwungen sahen, wieder in die umkämpften
Gebiete zurückzukehren:
„Unser Bericht spricht davon, dass das vor allem
die Menschen, die in den Libanon geflohen sind, betrifft - der Libanon hat nun die
fast größte Anzahl an syrischen Flüchtlingen. Auch dort fehlt es an Nahrungsmitteln
und Decken, und es ist sehr kalt, während sie in Zelten untergebracht sind. Sie sehen
sich dem Winter mit genau den gleichen Schwierigkeiten gegenüber, als wenn sie in
der Stadt ohne Lieferung von Nahrungsmitteln und Elektrizität ausgeharrt hätten. Manche
Menschen, die in Nordjordanien in einem Camp untergebracht waren, haben sogar entschieden,
wieder nach Syrien in ihre Häuser zurück zu kehren.“
Dies sei ein Armutszeugnis
für die Situation in den einzelnen Camps:
„Ein uns vorliegender Bericht
besagt sogar, dass an einem Tag drei Kinder in diesem Hilfscamp erfroren sind. Das
ist ein deutliches Signal dafür, dass die Bereitstellung von Nahrung und anderen lebensnotwendigen
Dingen nicht besonders gut funktioniert.“
Doch während die Scheinwerfer
der Welt auf die Situation in Syrien gerichtet sind, gibt es noch zahlreiche weitere
Krisenherde auf der Welt, die teilweise nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie
verdient hätten. Pater Balleis ruft dazu auf, diese Realitäten nicht zu vergessen.
„Es
gibt Situationen, die geklärt zu sein scheinen, die aber für die Menschen noch nicht
vorbei sind. Das lässt sich am Beispiel Sri Lankas verdeutlichen. Das Leben im Norden
Sri Lankas ist sehr schwierig für die Menschen. In den Medien wird nicht mehr darüber
berichtet, der Krieg ist seit 2009 vorbei und hat scheinbar alle Probleme gelöst.
Trotzdem sind die Menschen im Norden in extremer Bedrängnis. Es handelt sich dort
um eine militarisierte Zone und ein kürzlich erschienener Report spricht von einer
de facto vorgenommenen Zwangsrekrutierung von jungen Frauen in die Armee. Die Menschen
wollen nicht eingezogen werden, aber sie werden dazu gezwungen. Es liegt ein großer
Druck auf der Zivilbevölkerung, die während der Kriegsjahre zerstreut worden ist und
teils in Lagern untergebracht war. Nun sind die Menschen zurück in ihren Häusern,
aber nicht in einer Atmosphäre, in der sie frei wären, ihr Leben neu aufzubauen.“