Mit zwei Initiativen steht die Weihnachtszeit in Rom in diesem Jahr ganz im Zeichen
der Jugend: junge Gläubige aus aller Welt kommen hier ab dem 28. Dezember zum internationalen
Taizé-Treffen zusammen. Bereits am vergangenen Freitag machte dagegen in der Ewigen
Stadt die Gebetsinitiative „Nightfever“ Station. Dafür luden Jugendliche mit Kerzen
und Gesang zu Gebet und Gespräch in die Kirche der deutschsprachigen katholischen
Gemeinde ein.
Unweit vom Weihnachtsmarktrummel
auf der römischen „Piazza Navona“ öffnet die Kirche „Santa Maria dell’Anima“ am Abend
ihre Türen. Der Gottesdienst ist schon vorüber, Stille kehrt ein, das elektrische
Licht wird gedämmt, junge Leute zünden Kerzen an, die Anbetung kann beginnen. „Komm
wie du bist und bete an“ – ein Motto der Aktion „Nightfever“ auch hier in Rom, im
Herzen der katholischen Weltkirche: Gemeinsam beten und singen, aber auch beichten
oder mit dem Seelsorger sprechen, all das ist bei „Nightfever“ möglich.
„Das
ist das Zentrum: die Kirche zu öffnen, den Leuten zu zeigen, die Kirche ist offen
- andererseits eben natürlich auch das direkte Gebet, die Anbetung, einfach direkt
mit Gott ins Gespräch zu kommen durch Meditation, Gebet, Verweilen, Mitsingen, Mitbeten.
Die Kirche ist nicht nur alt und trocken, sondern sie lebt von uns jungen Leuten,
die Kirche gestalten wollen!“Der 23-jährige Freiburger Seminarist Denis Potyka,
der zur Zeit in Rom studiert, hat die Veranstaltung in der „Anima“ mit organisiert.
Für ihn ist die Gebetsinitiative, die 2005 beim Kölner Weltjugendtag entstand, auch
ein Schritt der katholischen Kirche auf Jugendliche zu, die immer häufiger dem Gottesdienst
fernbleiben:
„Dass auch die Kirchen und Pfarreien auf diesen Zug mit aufspringen
und sehen, da erreicht man eben auch die Leute, wie sie heute erreicht werden müssen.
Auch im Sinne des Dialogprozesses, des Umdenkens: man muss die Leute da abholen, wo
sie stehen und eben nicht nur in starren Strukturen verharren, sondern den Menschen
die Offenheit und Möglichkeit geben, das zu nehmen, was sie wirklich brauchen! Das
ist eine positive Entwicklung und das hat auch bei vielen Kritikern zum Umdenken geführt
und dazu, dass sie die Initiative jetzt auch unterstützen.“
Der Gottesdienst
ist ein fester Bestandteil von „Nightfever“. Daneben gibt es aber eben Raum für individuelles
Gebet und den Austausch über Fragen des Glaubens. Ein obligatorisches Programm, das
absolviert werden muss, gibt es dabei nicht. Passanten auf der Suche nach ein bisschen
Ruhe sind in der Kirche ebenso willkommen wie gläubige Messgänger, das Kommen und
Gehen gehört zum Charakter der Veranstaltung. Diese Form wird erstaunlich gut angenommen,
beobachtet der 23-jährige Lukas Hebig, Theologiestudent aus Mainz. Für ihn kann die
Gebetsinitiative mit ihrem niederschwelligen Angebot so manchen Gläubigen wieder neu
oder anders an die Kirche heranführen: „Dass vor allen Dingen Jugendliche angesprochen
werden, die mit der normalen Gottesdienstform vielleicht nicht immer so gut können,
aber dafür eben gerade mit der Anbetung und mit dem neuen geistlichen Liedgut. Das
ist ihr persönlicher Zugang zu Gott und zur Kirche.“
Spiritualität „to go“,
individualisierte Gebetsformen und Abläufe, Unverbindlichkeit - das entspricht freilich
ganz dem Trend der Zeit. Ist „Nightfever“ deshalb oberflächlicher als der klassische
Gottesdienst? Fehlt der Initiative die Tiefe einer „echten Begegnung mit Gott“? Im
Gegenteil, findet der 26-jährige Johannes. Er ist über Mitstudenten in Rom auf „Nightfever“
aufmerksam geworden: „Ich glaube, das geht noch tiefer, weil man sich einfach noch
einmal mehr mit sich selbst auseinandersetzt und dann so mit Gott in Verbindung kommt.“
„Kirche ist ja nicht nur Messe, sondern bedeutet Gemeinschaft, Beisammen
sein und Junge und Alte zu treffen“,schließt sich ihm die 25-jährige Manuela
an. Sie hat über Facebook von „Nightfever“ erfahren.Dass über „Nightfever“
viele Jugendliche Kirche „anders erleben als erwartet“, erzählt die 21-jährige Ruth
aus Höxter: „Ich habe viele gesehen, die dann zum ersten Mal erst richtig in eine
Kirche kommen und erleben, dass es eben keine strenge Liturgie ist, der sie folgen
müssen, sondern etwas ganz Ungezwungenes: Man findet andere Leute, mit denen man sich
unterhalten kann, auch über den Glauben. Das ist für die meisten schön, einen Berührungspunkt
zu bekommen. Und natürlich merkt man, dass viele danach Fragen haben und sich zum
ersten Mal damit beschäftigen.“
Aus der Kirche vertrieben hat „Nightfever“
jedenfalls noch keinen, so scheint es: Die Resonanz auf die Gebetsinitiative erzählt
eine echte Erfolgsgeschichte: „Nightfever“ machte in diesem Jahr unter anderem auf
dem Katholikentag in Mannheim und bei den Olympischen Sommerspielen in London mit
gleich 13 Gebetsabenden Station, die Gebetsinitiative gibt es inzwischen regelmäßig
in 44 Städten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Dänemark,
Großbritannien, Italien, Kanada und Brasilien. Überwiegend positiv ist das Urteil
der deutschen Bischöfe über die nunmehr siebenjährige Initiative: Der Limburger Bischof
Franz-Peter Tebartz-van-Elst zeigt sich im „Nightfever“-Jahresmagazin beeindruckt
von der „missionarischen Kraft der Aktion“. Der Paderborner Weibischof Matthias König
hofft sogar, dass „durch Nightfever eine weltweite Gemeinschaft entstehen kann“.
Nächster
Termin ist die 800. Ausgabe von „Nightfever“, und zwar in München: Ein Advent-Special
mit dem Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, am kommenden 22. Dezember in
St. Peter. Mehr Informationen zur Gebetsinitiative sind im Internet unter „nightfever.org“
einzusehen.