2012-12-14 13:34:41

Ägypten: Christen werden das Referendum nicht boykottieren


RealAudioMP3 Die christlichen Kirchen in Ägypten werden ihre Gläubigen nicht zum Boykott des für diesen Samstag geplanten Referendums aufrufen. Das bestätigt Bischof Kyrillos William von Assiut im Anschluss an das Treffen der Delegation der katholischen Glaubensgemeinschaften in Ägypten mit dem koptisch-orthodoxen Patriarchen Tawadros II. an diesem Donnerstag im Radio Vatikan Interview. Die Gläubigen sollten ihre Stimme abgeben und nach ihrem Gewissen entscheiden, denn das ägyptische Wahlrecht sieht vor, dass das Referendum mit der Mehrzahl der abgegebenen Stimmen entschieden wird. Sorge bereitet dem Bischof die große Anzahl der ungebildeten Menschen in seinem Land, die unter Umständen die Auswirkungen ihrer Stimmabgabe nicht verstünden. Doch in jedem Fall positionierten sich die christlichen Kräfte im Land für eine noch engere Zusammenarbeit in der ungewissen Zukunft.

Sie haben an diesem Donnerstag Nachmittag den Patriarchen Tawadros II. getroffen, wie ist das Gespräch denn verlaufen?

„Das Gespräch mit Tawadros II. war sehr gut. Ich habe gerade einen Anruf von einigen Laien erhalten, die mit uns dabei waren. Sie haben sich für das gute Treffen und den Empfang herzlich bedankt. Wir waren eine Delegation von 40 Leuten, als Vertreter der katholischen Kirchen in Ägypten und waren eine Stunde lang bei ihm. Tawadros II. hat sehr gelobt, was die katholische Kirche in Ägypten macht. Er weiß gut Bescheid und hat viele Kontakte. Er hat auch gewünscht, dass die diese Treffen sich wiederholen, vielleicht auch in kleineren oder in größeren Gruppen. Wir haben auch über den Rat der Kirchen in Ägypten gesprochen. Es war wirklich sehr ermutigend.“

Gibt es denn konkrete Ergebnisse für eine zukünftige noch engere Zusammenarbeit unter den Christen?

„Wir haben ganz konkret über den Rat der Kirchen in Ägypten gesprochen. Er [Tawadros II., N.d.R.] weiß Bescheid, dass die Statuten fast fertig sind und er hat versprochen, dass er bei der nächsten Sitzung des Rates dabei sein wird und wir mit der Arbeit anfangen werden, damit wir eine Stimme für alle Christen in Ägypten bilden können und von beiden Seiten aus viele gemeinsame Aktivitäten organisieren können.“

Die Situation in Ägypten ist ja gerade sehr instabil, am Samstag wird über den sehr umstrittenen Verfassungsentwurf abgestimmt werden. Sie haben ja bereits Ihre Glaubensbrüder und –schwestern aufgerufen, beim Referendum abzustimmen und nach dem Gewissen zu entscheiden. Haben denn alle katholischen Kirchen jetzt eine gemeinsame Position dazu?

„Nicht nur alle katholischen Kirchen, sondern alle Christen gemeinsam mit vielen anderen gesellschaftlichen liberalen Gruppierungen, die nicht zufrieden mit der Verfassung sind. Wir haben uns aber dazu entschieden, zur Wahl zu gehen, denn ein Boykott bringt in unserem Land nichts. Jeder gibt seine eigene Stimme ab, alle sind reif und wissen Bescheid. Wir sind gespannt, was die Ergebnisse sein werden, denn nicht wenige sind gegen diese Verfassung.“

Was haben Sie denn für Kontakte mit den Muslimbrüdern in diesen Tagen, in diesen Stunden? Haben die sich jetzt gesprächsbereiter gezeigt, oder haben sie das Gefühl, sie gehen stur auf ihrem eigenen Weg weiter?

„Leider gibt es keine Gespräche. Zur Zeit gibt es starke Spannungen. Es sind zwei Gruppierungen, die Islamisten und die Liberalen. Einige der Muslimbrüder haben der Opposition sogar vorgeworfen, sie sei nur aus Christen zusammengesetzt, aber das ist nicht wahr. Es gibt auch eine große Opposition von Seiten der Muslimbrüder selbst, aus dem moderaten Lager.“

Was kann man sich nun erwarten, sollte die Verfassung gewinnen? Wir wissen ja leider, dass viele Menschen gerade in ländlichen Gebieten ungebildet sind und vielleicht die Auswirkungen ihrer Stimmabgabe nicht verstehen. Wie sehen Sie die Situation?

„Das ist wirklich unsere große Sorge, dass die Analphabeten und einfachen Leute sich beeinflussen lassen. Die Ergebnisse werden nicht widerspiegeln, was die Ägypter wirklich denken. Wir werden sehen, was kommt, das können wir nicht voraussagen.“

Sehen Sie es denn im Nachhinein als Fehler an, dass die Christen und andere gesellschaftliche Gruppen die Verfassungsversammlung verlassen haben, beziehungsweise hätte man da mehr tun müssen?

„Nein, das konnte man nicht. Es war ganz klar und deutlich, dass die anderen Gruppierungen keinen Einfluss hatten und die Islamisten machten, was sie wollten, ob mit oder ohne diese Gesellschaftsvertreter in der Versammlung. Aber wir haben weiterhin Hoffnung, wir warten und beten und wir werden bis zum letzten Moment unsere Meinung kundtun.“


(rv 14.12.2012 cs)







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