Die Entscheidung des
Bundestages zur Beschneidung aus religiösen Gründen ist eine Stärkung des Elternrechtes.
So wertet Prälat Karl Jüsten, Leiter das Verbindungsbüros der katholischen Kirche
mit dem Staat die Parlamentsabstimmung an diesem Mittwoch. Mit fraktionsübergreifender
Mehrheit hatten die Abgeordneten den traditionellen religiösen Ritus am Mittwoch auf
eine rechtliche Grundlage gestellt. Damit ist religiöse Beschneidung in Deutschland
kein Verstoß gegen geltendes Recht. Dazu Jüsten:
„Die Deutsche Bischofskonferenz
hat dieses Gesetz begrüßt, weil jetzt Rechtsicherheit geschaffen wurde, vor allem
für die jüdischen Familien. Wir sind als katholische Kirche in Deutschland natürlich
an einem guten Verhältnis zu den anderen Religionen interessiert, von daher haben
wir dieses Gesetz positiv begleitet. Ein alternativer Gruppenentwurf
zur Beschneidung wurde am Mittwoch abgelehnt. Er sah Beschneidung erst ab dem 14.
Lebensjahr vor. Für die Gegner der Beschneidung hat bei der Frage das Kindesrecht
auf körperliche Unversehrtheit Vorrang vor dem Erziehungsrecht der Eltern. Das Kindesrecht
sei „eine hochsensible Frage“ in der Abwägung des Gesetzgebers gewesen, berichtet
Jüsten:
„Ich glaube, der Gesetzgeber war klug beraten, dass er einen Verweis
darauf gemacht hat, dass die Regeln der ärztlichen Kunst zum Schutz des Kindes eingehalten
werden müssen, dass eben nicht jeder - salopp gesagt – Quacksalber eine Beschneidung
vornehmen kann, sondern dass das nur Fachleute machen dürfen. Und dadurch wird versucht
zu minimieren, dass den Kindern irgendwie ein Schaden zugefügt wird. Diese Formel
hatte es bisher nicht gegeben, das scheint auch der jüdischen Gemeinde sehr entgegen
zu kommen; die hat ja Interesse daran, dass eine Beschneidung nach den Regeln der
ärztlichen Kunst gemacht wird.“ Für den Präsidenten des Zentralrats der Juden,
Dieter Graumann, ist die „politische Botschaft des Gesetzes“ wichtig: „Jüdisches und
muslimisches Leben bleibt hier weiter willkommen.“ Der Vorsitzende des Zentralrats
der Muslime in Deutschland, Ayman Mazyek, zeigte sich ebenfalls zufrieden. „Endlich
ist dem Spuk nach dem Urteil des Kölner Landgerichts ein Ende gesetzt worden“, sagte
er auf Anfrage. Jüsten hofft auch, dass das Gesetzt jetzt zur Befriedung der teilweise
sehr polemischen Dikussion um das Thema beitragen wird. Insgesamt lobt er aber die
ernsthafte Debatte über das Thema:
„Zunächst einmal, zeigt das, welch hohen
Stellenwert Religion in unserem Land hat und mit welcher Ernsthaftigkeit die Debatte
auch geführt wurde. Und man kann auch sicher sagen, dass es quer durch alle Parteien
ein großes Interesse gab, die Rechte der Religionen zu schützen und zu bewahren in
unserem Land. Das ist, wenn Sie so wollen, eine Stärkung des bestehenden Staatskirchenrechtes,
und von daher kann ich mit der Art, wie die Debatte geführt worden ist, sehr zufrieden
sein.“
Hintergrund Für Juden und Muslime ist der Ritus der Beschneidung
wesentlicher Teil ihrer Religion. Nachdem das Kölner Landgericht im Mai die Beschneidung
in einem Einzelfall als Körperverletzung gewertet hatte, war es im Bundestag zu zwei
verschiedenen Anträgen zur gesetzlichen Regelung gekommen.