Der Mailänder Kardinal Angelo Scola kritisiert das französische Modell der „Laizität“,
also der Trennung von Staat und Religion. Diese Vorstellung vom neutralen Staat sei
„sehr problematisch“, sagte Scola am Donnerstag bei einem Gottesdienst in der Ambrosiusbasilika
von Mailand. Auch die Konfrontation zwischen US-Präsident Barack Obama und den US-Bischöfen
sei im Kern auf das französische Laizitäts-Konzept zurückzuführen. Das Prinzip der
Neutralität des Staates habe das Prinzip der Religionsfreiheit in einigen westlichen
Gesellschaften ausgehöhlt. Scola sieht in diesen Gesellschaften „eine tiefe Kluft
zwischen säkularisierter Kultur und dem religiösen Phänomen“. In Wirklichkeit, so
der Erzbischof des größten europäischen Bistums, könne es gar keine wirkliche Neutralität
des Staates in religiösen Dingen geben, weil diese „auf ein Neutralisieren“ der Visionen
herauslaufe, die in der Gesellschaft zirkulierten. Ein Staat müsse sich vielmehr bemühen,
„neue Räume aufzutun, wo wirklich jeder für das Gemeinwohl mitarbeiten kann“. Scola
eröffnete in Mailand Feiern zum 1700. Jahrestag des sogenannten „Mailänder Edikts“.
Dieser Text hatte zur Zeit von Kaiser Konstantin (272-337) den Christen eine freie
Religionsausübung möglich gemacht.