2012-11-22 14:48:37

Großbritannien: Hintergründe der Anglikaner-Entscheidung gegen Bischöfinnen


RealAudioMP3 Nach dem Nein zur Zulassung von Frauen zum Bischofsamt ist der scheidende Primas, Erzbischof Rowan Williams von Canterbury, hart mit der Generalsynode ins Gericht gegangen. Die Kirche von England habe damit „eine Menge Glaubwürdigkeit verloren“, sagte Williams am Mittwoch vor den Delegierten in London. Man könnte meinen, sie sei „absichtlich blind“ gegenüber modernen Bedürfnissen und Prioritäten, so Williams, der zugleich vor einer gegenseitigen Abrechnung warnte. Auch sein Nachfolger Welby sprach über Twitter von einem „sehr bitteren Tag“. In der Synode hatte der Antrag am Dienstagabend knapp die nötige Mehrheit verfehlt. Über die Hintergründe der Abstimmung sagte der Direktor des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik, Wolfgang Thönissen, im Interview mit dem Kölner Domradio:

„Der Gesetzentwurf sah vor, dass man in Gemeinden oder Diözesen, in denen dann eine Frau Bischöfin ist, noch zusätzlich einen Mann beistellt, wenn sich konservative Gemeinden darum bemühten und verlangten. Das heißt: Die volle Souveränität der Frau wäre nicht gewährleistet gewesen, sie hätte noch einen Mann als Stellvertreter bekommen. Ich glaube, dass es dieser Punkt war, der bei vielen doch dazu geführt hat, dass sie diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen wollen – das war nicht nur eine Gegenentscheidung der konservativen, sondern auch der progressiven Anglikaner, die das abgelehnt haben.“

Zwar hatten insgesamt 72 Prozent der Delegierten in London für eine Änderung des Kirchenrechts in diesem Punkt gestimmt. Allerdings hätten sie alle drei „Häuser“ des Gremiums, die Bischöfe, die Kleriker und die Laien, jeweils mit Zweidrittelmehrheit billigen müssen. Bei den Laien fehlten aber sechs Stimmen. Damit liegt das Thema die kommenden Jahre erneut auf Eis. Dass es aber Bischöfinnen in der Kirche von England geben wird, wie schon in anderen Teilen der anglikanischen Weltkirche, ist für Thönissen nur eine Frage der Zeit:

„Ich denke, dass die Entscheidung nur aufgehoben ist. Die verbleibenden fünf Jahre, in denen man einen neuen Gesetzentwurf entwickeln wird, werden dann zeigen, dass sich die Kirche in England insgesamt für die Moderne entschieden hat – Bischöfinnen werden kommen, es ist nur eine Frage der Zeit. Ich denke, dass die Church of England noch so eine Art Hort der Tradition ist, da gibt es zunächst einmal noch eine gewisse Zurückhaltung, gewisse Forderungen umzusetzen.“

Auch die Nummer zwei der anglikanischen Hierarchie, Erzbischof John Sentamu von York, äußerte sich am Mittwoch im Gespräch mit BBC enttäuscht. Es werde jedoch „noch zu meinen Lebzeiten Bischöfinnen in der Kirche von England geben“, so Sentamu. Im Prinzip sei dies schon von der Mehrheit der Synode und von allen Diözesen gebilligt. Ein Drittel des anglikanischen Klerus in England ist inzwischen weiblich. Die Staatskirche hatte sich Anfang der 90er Jahre mit hauchdünner Mehrheit für eine Zulassung von Frauen zum Priesteramt entschieden. Seitdem spaltet die Frage den liberalen und den konservativen Kirchenflügel.

(domradio/kna 22.11.2012 pr)








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