Großbritannien: Hintergründe der Anglikaner-Entscheidung gegen Bischöfinnen
Nach dem Nein zur
Zulassung von Frauen zum Bischofsamt ist der scheidende Primas, Erzbischof Rowan Williams
von Canterbury, hart mit der Generalsynode ins Gericht gegangen. Die Kirche von England
habe damit „eine Menge Glaubwürdigkeit verloren“, sagte Williams am Mittwoch vor den
Delegierten in London. Man könnte meinen, sie sei „absichtlich blind“ gegenüber modernen
Bedürfnissen und Prioritäten, so Williams, der zugleich vor einer gegenseitigen Abrechnung
warnte. Auch sein Nachfolger Welby sprach über Twitter von einem „sehr bitteren Tag“.
In der Synode hatte der Antrag am Dienstagabend knapp die nötige Mehrheit verfehlt.
Über die Hintergründe der Abstimmung sagte der Direktor des Johann-Adam-Möhler-Instituts
für Ökumenik, Wolfgang Thönissen, im Interview mit dem Kölner Domradio:
„Der
Gesetzentwurf sah vor, dass man in Gemeinden oder Diözesen, in denen dann eine Frau
Bischöfin ist, noch zusätzlich einen Mann beistellt, wenn sich konservative Gemeinden
darum bemühten und verlangten. Das heißt: Die volle Souveränität der Frau wäre nicht
gewährleistet gewesen, sie hätte noch einen Mann als Stellvertreter bekommen. Ich
glaube, dass es dieser Punkt war, der bei vielen doch dazu geführt hat, dass sie diesem
Gesetzentwurf nicht zustimmen wollen – das war nicht nur eine Gegenentscheidung der
konservativen, sondern auch der progressiven Anglikaner, die das abgelehnt haben.“
Zwar
hatten insgesamt 72 Prozent der Delegierten in London für eine Änderung des Kirchenrechts
in diesem Punkt gestimmt. Allerdings hätten sie alle drei „Häuser“ des Gremiums, die
Bischöfe, die Kleriker und die Laien, jeweils mit Zweidrittelmehrheit billigen müssen.
Bei den Laien fehlten aber sechs Stimmen. Damit liegt das Thema die kommenden Jahre
erneut auf Eis. Dass es aber Bischöfinnen in der Kirche von England geben wird, wie
schon in anderen Teilen der anglikanischen Weltkirche, ist für Thönissen nur eine
Frage der Zeit:
„Ich denke, dass die Entscheidung nur aufgehoben ist. Die
verbleibenden fünf Jahre, in denen man einen neuen Gesetzentwurf entwickeln wird,
werden dann zeigen, dass sich die Kirche in England insgesamt für die Moderne entschieden
hat – Bischöfinnen werden kommen, es ist nur eine Frage der Zeit. Ich denke, dass
die Church of England noch so eine Art Hort der Tradition ist, da gibt es zunächst
einmal noch eine gewisse Zurückhaltung, gewisse Forderungen umzusetzen.“
Auch
die Nummer zwei der anglikanischen Hierarchie, Erzbischof John Sentamu von York, äußerte
sich am Mittwoch im Gespräch mit BBC enttäuscht. Es werde jedoch „noch zu meinen Lebzeiten
Bischöfinnen in der Kirche von England geben“, so Sentamu. Im Prinzip sei dies schon
von der Mehrheit der Synode und von allen Diözesen gebilligt. Ein Drittel des anglikanischen
Klerus in England ist inzwischen weiblich. Die Staatskirche hatte sich Anfang der
90er Jahre mit hauchdünner Mehrheit für eine Zulassung von Frauen zum Priesteramt
entschieden. Seitdem spaltet die Frage den liberalen und den konservativen Kirchenflügel.