Seit einem Jahr koordiniert
Johannes-Wilhelm Rörig für die deutsche Bundesregierung die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals.
Im Interview mit dem Kölner Domradio lobt er die katholische Kirche, fordert aber
auch weitere Anstrengungen. Insbesondere die Empfehlungen des Runden Tisches müssten
jetzt umgesetzt werden, um in Kindertagesstätten, Kirchengemeinden und Schulen den
Schutz der Kinder und Jugendlichen zu verbessern. Dazu sei unabdingbar, dass die Erwachsenen
den Kindern gut zuhörten.
„Hilfe bekommen Kinder und Jugendliche zuerst
durch Beratungsstellen. Die Beratungsstellen leisten hervorragende Arbeit für Kinder,
die sexuellen Missbrauch erlitten haben, aber auch für die Angehörigen. Sie sind da
ein wirklich wichtiger Anker und eine erste Hilfe, auch um später vielleicht Therapien
vorzuschlagen.“
Diese Beratungsstellen leisteten einen wichtigen Beitrag
vor allem in Schulen und Kindertagesstätten. Sie seien in der Lage, altersgerecht
Kinder auf die Gefahren des sexuellen Missbrauchs hinzuweisen:
„Die katholische
Kirche beispielsweise hat eine große Bereitschaft gezeigt, mehr zum Schutz der Kinder
und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt zu tun. Beweis dafür ist, dass Bischof
Ackermann (der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Anm. d. Red.)
mit mir eine Vereinbarung abgeschlossen hat, nach der er sich verpflichtet hat, den
Schutz gegen sexuellen Missbrauch zu verbessern. Er hat auch zugestimmt, dass sich
die katholische Kirche an Befragungen vor Ort beteiligt, um zu sehen, wie weit die
Prävention, der Schutz der Kinder vor sexualisierter Gewalt schon zur Anwendung kommt.
Aber es geht jetzt auch darum, dass beispielsweise die Fachkräfte - die Erzieherinnen,
Erzieher, die Lehrer und Pfarrer - auch gut fortgebildet werden, so dass sie wichtiges
Basiswissen im Umgang mit Kindern und Eltern haben.“
An diesem Dienstag
hatte Rörig zum zweiten Hearing „Dialog Kindesmissbrauch“ über sexualisierte Gewalt
eingeladen. Hier sollen Experten und Betroffene darüber reden, wie die Hilfe für die
Betroffenen verbessert werden und deren Rechte verstärkt werden können. Ein konkretes
Anliegen sei ihm auch:
„Die Situation der Beratungsstellen zu verbessern.
Die Beratungsstellen haben oft zu wenig Mitarbeiter und sind auch nicht finanziell
abgesichert. Und da ist meine Forderung, dass die Länder und Kommunen hier ihre politische
Verantwortung wahrnehmen und für die Stellen bessere Ressourcen zur Verfügung stellen.
Ein anderes Problem ist, dass es in einzelnen Gebieten wie den Großstädten ganz gute
spezialisierte Angebote gibt, aber wir haben große Defizite im ländlichen Bereich.
Auch Kinder und Jugendliche mit Behinderung oder Migrationshintergrund finden oft
nicht in ihrem Umfeld die richtigen Beratungsstellen. Da gibt es erheblichen Nachholbedarf.“