D: Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen fällt
Darf in kirchlichen
Einrichtungen gestreikt werden, oder nicht? Darüber hat das Bundesarbeitsgericht in
Erfurt an diesem Dienstag entschieden: Generell darf kirchlich Beschäftigten das Streiken
nicht verboten werden, so das Urteil. Im Tarifrecht der Kirchen, dem so genannten
„dritten Weg“, galten das Betriebsverfassungsgesetz und die Möglichkeiten von Streiks
und Aussperrung für Kirchen bisher nicht. Der Arbeitsrechtsexperte Professor Ulrich
Hammer sagte dem Münchner Kirchenradio vor der Urteilsverkündung:
„Ich rechne
damit, dass in gewissem Rahmen ein Streikrecht auch in kirchlichen Einrichtungen anerkannt
wird. Unter welchen Bedingungen ist allerdings noch völlig unklar, darüber kann nur
spekuliert werden. Mit einer absoluten Entscheidung, ‚Ja oder Nein’, rechne ich nicht.“
Man
müsse bedenken, wie die Diskussion über das Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen
begonnen habe, so Hammer. In der evangelischen Kirche waren arbeitsrechtliche Kommissionen
zu den Arbeitsbedingungen kirchlicher Mitarbeiter teilweise nicht mehr beschlussfähig,
weil die Vertreter der Arbeitnehmer nicht zur Beschlussfassung erschienen:
„Da
könnte das Bundesarbeitsgericht ansetzen und sagen: Wenn eine arbeitsrechtliche Kommission
nicht mehr beschlussfähig ist, kann das Streikrecht ein Mittel sein, um wieder einen
gewissen Fluss in die Verhandlungen zu bringen, um sozusagen Verhandlungen zu ermöglichen.“
Bei
der Streitfrage stünden sich zwei verfassungsrechtlich geschützte Positionen gegenüber:
Zum einen das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und zum anderen das Streikrecht der
Gewerkschaften. Keine der Positionen könne die andere gänzlich verdrängen. Die Entscheidung
des Gerichts werde für die Beteiligten wohl Arbeit bedeuten:
„Ich glaube
nicht, dass das Bundesarbeitsgericht der Praxis Handlungsanweisungen geben wird, wie
sie die künftige Gestaltung der Arbeitsbedingungen für kirchliche Beschäftigte handhabt.
Ich denke der Einbau dieses Streikrechts in ihr eigenes Recht wird den Beteiligten
überlassen: Es wird eher Steine statt Brot geben für die Praxis.“