2012-11-19 14:45:36

Militärintervention in Mali ja oder nein?


RealAudioMP3 Papst Benedikt XVI. hatte am vergangenen Freitag den Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, im Vatikan empfangen. Während des zwanzig Minuten langen Gespräches ging es vor allem um den Beitrag, den die Kirche für „Frieden und Menschenrechte im Land“ leisten könne und um den von beiden Seiten erhofften positiven Abschluss der Verhandlungen für ein bilaterales Abkommen. Doch wie ein Vatikanstatement andeutet, sprachen Papst und Präsident offenbar auch über Mali; Ouattara ist Präsident der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, die sich um eine Militärintervention in Mali bemüht. Der Präsident selbst ist letztes Jahr nur dank französischer Militärhilfe ins Amt gekommen. Im Radio Vatikan-Interview erklärte er:

„Ob es eine schnelle Lösung für Mali gibt, kann ich nicht sagen. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft CEDEAO hat sich aktiviert, um den Bewohnern Malis dabei zu helfen, den Frieden und die Einheit des Landes wiederzufinden. Denn die Laizität in Mali muss geschützt und wieder eingerichtet werden. Sie wissen ja, seit dem Staatsstreich im Monat März hatten wir fünf Treffen der CEDEAO, weil die Situation in Mali wie die Situation in Guinea-Bissau sehr gefährlich für diese Region ist; wir möchten nicht nur Ordnung in der Region haben, sondern auch demokratische Wahlen. Vor einer Woche hat die CEDEAO in Abuja einen strategischen Plan für die Intervention in Nordmali verabschiedet, um den Maliern wieder Einheit zu bringen. “

Dieses Dossier, so der Präsident, sei schon an den Sekretär der Afrikanischen Union und den UNO-Sicherheitsrat weiter geleitet worden. Er erwarte sich nun eine Entscheidung innerhalb des kommenden Monats für eine gemeinsame Militärintervention, von der er sich erhoffe, dass ein Ausbreiten eines Krieges verhindert werden könne. Auch die Situation in Nigeria sei unter steter Beobachtung durch die CEDEAO:

„Ich hoffe, dass es in Mali wie auch in Nigeria zu keinen Zwischenfällen mehr kommt und dass wir die Probleme lösen können. Der Islam, den wir in Westafrika haben, ist ein moderater Islam. Es gab nie Gewalt in der Ausführung dieser Religion. Das was nun passiert, könnte dem Willen externer Extremisten entspringen, Unruhe in der Region zu stiften und den Islam ihrer Prägung in Afrika einzuführen und das können wir nicht akzeptieren. In Afrika war der Islam stets in Dialog mit den anderen Religion, ob das nun die Katholiken oder Protestanten oder Christen allgemein sind. Wir versuchen alles, diesen Dialog zu stärken und wir können keine Extremisten in Westafrika oder auf dem Kontinent überhaupt akzeptieren.“

Unterdessen hat der Premierminister von Mali, Cheick Modibo Diarra, den Dialog mit den islamistischen Rebellen und den Tuareg, die den Norden des Landes besetzen, als „unvermeidbar“ bezeichnet. Die Kämpfer der muslimischen Bewegung „Ansar Dine“ und der Tuareg-Bewegung MNLA bluten den Nordteil des Landes durch Scharmützel aus und terrorisieren die Zivilbevölkerung. In einigen Dörfern wird auch die Scharia in ihrer vollen Strenge angewandt. Die Missionare der Weißen Väter haben eine lange Erfahrung auf dem afrikanischen Kontinent vorzuweisen. In diesen Tagen wird der Kampagne gegen Sklaverei gedacht, die vor 125 Jahren vom Gründer des Ordens der Missionare Afrikas, Charles Lavigerie, initiiert worden ist. Mit einer Ausstellung in der Jesuitenkirche „Il Gesú“ in Rom wollen die Missionare darauf hinweisen, dass es auch heute noch vielfältige Formen der Sklaverei gibt. In der Tat sind die Weißen Väter und die Weißen Schwestern in vielen Ländern des afrikanischen Kontinents aktiv. Im Radio Vatikan-Interview berichtet Pater Alberto Rovelli, der viele Jahre lang in Gao im Norden Malis aktiv war, wie das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen vor den heute herrschenden Unruhen funktioniert hatte:

„Die Beziehungen waren sehr gut, denn es gab tatsächlich den Versuch, auch seitens der Muslime, den Glauben zu verstehen. Ich erinnere mich, im Jahr 1998, da begann sich bereits der harte Flügel des Islam auszubreiten und ein Malier kam zu uns, um sich auszusprechen: Die begrüßen uns nicht einmal, sondern erniedrigen uns, sie sagen uns, dass wir nicht einmal Gläubige wären. Wir kommen gut mit euch Weißen Vätern aus, denn ihr respektiert uns.“

Die Situation des heutigen Tages zu beobachten, so der Pater, mache ihn sehr traurig, denn der Dialog, das friedliche Zusammenleben und der gemeinsame Versuch, die täglichen Schwierigkeiten des Lebens zu meistern, seien nun auf Eis gelegt.

„Alles ist kaputt. Auch unser Zentrum ist zerstört, das jedes Jahr 5.000-6.000 Anfragen bearbeitet hat. Mit der Caritas hatten wir auch Entwicklungsprojekt für die Oasen in der Wüste begonnen. Nun ist alles gestoppt, blockiert und vorbei, oder besser, sogar zerstört.“

Die Weißen Väter hatten die Zonen, in denen sie gewirkt hatten, überstürzt verlassen müssen, bevor einige ihrer Einrichtungen zerstört worden sind. Die Kontaktaufnahme mit den Bekannten, die noch in der Gegend leben, sei zwar schwierig, per Telefon gelinge es aber doch immer noch, Informationen zu erhalten:

„Sie hoffen, dass man so bald als möglich zurückkommen könne. Einer hat gesagt: ,Kommt bald wieder, wir kennen euch, mit euch können wir leben, denn ihr respektiert uns. Diese Leute hingegen kommen hier an und behandeln uns, als wären wir Gottlose, Menschen, die an nichts glauben. Sie bieten uns Geld, und wenn wir das nicht annehmen wollen, schlagen sie uns sogar!´“

Die Weißen Väter haben die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben, bald wieder in den Norden Malis zurückzukehren. Der Bischof von Ségou hätte ihm gesagt, so der Pater, dass man den Norden absolut nicht aufgeben dürfe. Man müsse nun hoffen, dass wieder etwas Ruhe einkehre, aber ihm bereite die Art und Weise Sorgen, wie diese Ruhe erreicht werden soll:

„Ich glaube nicht, dass eine Militärintervention die Lösung sein sollte. Es scheint mir, als könnte man gewisse Ideen nicht mit Waffen bekämpfen, sondern mit anderen, besseren Ideen. Wir können die Situation nur ändern, wenn wir eine wirklich bessere Idee vorstellen, eine Idee, die einerseits menschlicher ist, aber andererseits voller Gottesglauben.“

(rv 19.11.2012 cs)







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