Papst Benedikt XVI.
hatte am vergangenen Freitag den Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara,
im Vatikan empfangen. Während des zwanzig Minuten langen Gespräches ging es vor allem
um den Beitrag, den die Kirche für „Frieden und Menschenrechte im Land“ leisten könne
und um den von beiden Seiten erhofften positiven Abschluss der Verhandlungen für ein
bilaterales Abkommen. Doch wie ein Vatikanstatement andeutet, sprachen Papst und Präsident
offenbar auch über Mali; Ouattara ist Präsident der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft,
die sich um eine Militärintervention in Mali bemüht. Der Präsident selbst ist letztes
Jahr nur dank französischer Militärhilfe ins Amt gekommen. Im Radio Vatikan-Interview
erklärte er:
„Ob es eine schnelle Lösung für Mali gibt, kann ich nicht sagen.
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft CEDEAO hat sich aktiviert, um den Bewohnern
Malis dabei zu helfen, den Frieden und die Einheit des Landes wiederzufinden. Denn
die Laizität in Mali muss geschützt und wieder eingerichtet werden. Sie wissen ja,
seit dem Staatsstreich im Monat März hatten wir fünf Treffen der CEDEAO, weil die
Situation in Mali wie die Situation in Guinea-Bissau sehr gefährlich für diese Region
ist; wir möchten nicht nur Ordnung in der Region haben, sondern auch demokratische
Wahlen. Vor einer Woche hat die CEDEAO in Abuja einen strategischen Plan für die Intervention
in Nordmali verabschiedet, um den Maliern wieder Einheit zu bringen. “
Dieses
Dossier, so der Präsident, sei schon an den Sekretär der Afrikanischen Union und den
UNO-Sicherheitsrat weiter geleitet worden. Er erwarte sich nun eine Entscheidung innerhalb
des kommenden Monats für eine gemeinsame Militärintervention, von der er sich erhoffe,
dass ein Ausbreiten eines Krieges verhindert werden könne. Auch die Situation in Nigeria
sei unter steter Beobachtung durch die CEDEAO:
„Ich hoffe, dass es in Mali
wie auch in Nigeria zu keinen Zwischenfällen mehr kommt und dass wir die Probleme
lösen können. Der Islam, den wir in Westafrika haben, ist ein moderater Islam. Es
gab nie Gewalt in der Ausführung dieser Religion. Das was nun passiert, könnte dem
Willen externer Extremisten entspringen, Unruhe in der Region zu stiften und den Islam
ihrer Prägung in Afrika einzuführen und das können wir nicht akzeptieren. In Afrika
war der Islam stets in Dialog mit den anderen Religion, ob das nun die Katholiken
oder Protestanten oder Christen allgemein sind. Wir versuchen alles, diesen Dialog
zu stärken und wir können keine Extremisten in Westafrika oder auf dem Kontinent überhaupt
akzeptieren.“
Unterdessen hat der Premierminister von Mali, Cheick Modibo
Diarra, den Dialog mit den islamistischen Rebellen und den Tuareg, die den Norden
des Landes besetzen, als „unvermeidbar“ bezeichnet. Die Kämpfer der muslimischen Bewegung
„Ansar Dine“ und der Tuareg-Bewegung MNLA bluten den Nordteil des Landes durch Scharmützel
aus und terrorisieren die Zivilbevölkerung. In einigen Dörfern wird auch die Scharia
in ihrer vollen Strenge angewandt. Die Missionare der Weißen Väter haben eine lange
Erfahrung auf dem afrikanischen Kontinent vorzuweisen. In diesen Tagen wird der Kampagne
gegen Sklaverei gedacht, die vor 125 Jahren vom Gründer des Ordens der Missionare
Afrikas, Charles Lavigerie, initiiert worden ist. Mit einer Ausstellung in der Jesuitenkirche
„Il Gesú“ in Rom wollen die Missionare darauf hinweisen, dass es auch heute noch vielfältige
Formen der Sklaverei gibt. In der Tat sind die Weißen Väter und die Weißen Schwestern
in vielen Ländern des afrikanischen Kontinents aktiv. Im Radio Vatikan-Interview berichtet
Pater Alberto Rovelli, der viele Jahre lang in Gao im Norden Malis aktiv war, wie
das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen vor den heute herrschenden Unruhen
funktioniert hatte:
„Die Beziehungen waren sehr gut, denn es gab tatsächlich
den Versuch, auch seitens der Muslime, den Glauben zu verstehen. Ich erinnere mich,
im Jahr 1998, da begann sich bereits der harte Flügel des Islam auszubreiten und ein
Malier kam zu uns, um sich auszusprechen: Die begrüßen uns nicht einmal, sondern erniedrigen
uns, sie sagen uns, dass wir nicht einmal Gläubige wären. Wir kommen gut mit euch
Weißen Vätern aus, denn ihr respektiert uns.“
Die Situation des heutigen
Tages zu beobachten, so der Pater, mache ihn sehr traurig, denn der Dialog, das friedliche
Zusammenleben und der gemeinsame Versuch, die täglichen Schwierigkeiten des Lebens
zu meistern, seien nun auf Eis gelegt.
„Alles ist kaputt. Auch unser Zentrum
ist zerstört, das jedes Jahr 5.000-6.000 Anfragen bearbeitet hat. Mit der Caritas
hatten wir auch Entwicklungsprojekt für die Oasen in der Wüste begonnen. Nun ist alles
gestoppt, blockiert und vorbei, oder besser, sogar zerstört.“
Die Weißen
Väter hatten die Zonen, in denen sie gewirkt hatten, überstürzt verlassen müssen,
bevor einige ihrer Einrichtungen zerstört worden sind. Die Kontaktaufnahme mit den
Bekannten, die noch in der Gegend leben, sei zwar schwierig, per Telefon gelinge es
aber doch immer noch, Informationen zu erhalten:
„Sie hoffen, dass man so
bald als möglich zurückkommen könne. Einer hat gesagt: ,Kommt bald wieder, wir kennen
euch, mit euch können wir leben, denn ihr respektiert uns. Diese Leute hingegen kommen
hier an und behandeln uns, als wären wir Gottlose, Menschen, die an nichts glauben.
Sie bieten uns Geld, und wenn wir das nicht annehmen wollen, schlagen sie uns sogar!´“
Die
Weißen Väter haben die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben, bald wieder in den Norden
Malis zurückzukehren. Der Bischof von Ségou hätte ihm gesagt, so der Pater, dass man
den Norden absolut nicht aufgeben dürfe. Man müsse nun hoffen, dass wieder etwas Ruhe
einkehre, aber ihm bereite die Art und Weise Sorgen, wie diese Ruhe erreicht werden
soll:
„Ich glaube nicht, dass eine Militärintervention die Lösung sein
sollte. Es scheint mir, als könnte man gewisse Ideen nicht mit Waffen bekämpfen, sondern
mit anderen, besseren Ideen. Wir können die Situation nur ändern, wenn wir eine wirklich
bessere Idee vorstellen, eine Idee, die einerseits menschlicher ist, aber andererseits
voller Gottesglauben.“