Gaza: Eine Rakete unterscheidet nicht zwischen Christen und Muslimen
Sechster Tag der Gaza-Offensive
der israelischen Luftwaffe: Zwischen achtzig und neunzig Menschen sind im Gaza-Streifen
bisher getötet worden, aber immer noch schießen Islamisten von dort aus Raketen in
Richtung Israel, wo bisher drei Menschen starben und Dutzende verletzt wurden. Eine
Rakete schlug sogar in Jerusalem ein – eine traurige Premiere für die Heilige Stadt.
Der Benediktinerbruder Nikodemus Schnabel von der Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer
Zionsberg sagt dazu im Gespräch mit dem Domradio:
„Ich selbst konnte es
gar nicht glauben. Man ist hier zwar Sirenen gewöhnt, die Schabbat-Sirene, die immer
an Freitagabend ertönt. Diese Sirene aber klang anders, außerdem kam sie zu spät.
Dennoch: Es war eine einmalige Sache. Anders als in Tel Aviv oder im Süden Israels,
wo das schon seit Wochen und Monaten zum Leben dazugehört. Dennoch war es sicher eine
Zäsur, ein Aufhorchen. Eigentlich ist Jerusalem ja eine Tabuzone. Deshalb vermute
ich auch, dass es sich um ein Versehen handelt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
jemand eine Rakete auf den Felsendom lenken will, auch nicht die radikalste Splittergruppe
im Gazastreifen!“
Im Gaza-Streifen selbst haben die israelischen Bomben
bislang offenbar keine Schäden an der kleinen Lateinischen Pfarrkirche der Heiligen
Familie von Nazareth angerichtet. In dem Gebäude trafen sich an diesem Samstag Pfarrer
Paul De Santo und Ordensfrauen zu einem Tag des Gebets für Gerechtigkeit und Frieden.
Nach Angaben des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem geht es den Mitgliedern der
kleinen katholischen Gemeinschaft gut; die behinderten Kinder, um die sich Mutter-Teresa-Schwestern
kümmern, sind in Ruheräume evakuiert worden, damit sie durch den Bomben- und Raketen-Krach
nicht in Panik geraten. Die „Schwestern vom Rosenkranz“ mussten wegen der starken
Bombardements in ihrem Viertel in das Haus eines Lehrers umziehen. Ihre Schule ist
nicht beschädigt, nur die Fenster sind zerbrochen.
Der Lateinische Weihbischof
von Jerusalem, William Shomali, sagt:
„Unsere Christen in Gaza leiden wie
alle anderen. Eine Rakete unterscheidet ja nicht zwischen einem Christen und einem
Nichtchristen! Wir leiden wegen aller Opfer der Gewalt auf beiden Seiten, ob es nun
Christen sind, Muslime oder Juden. Wir können im Moment nur beten und die Gewalt deutlich
verurteilen, denn sie tut nichts für eine Lösung des israelisch-palästinensischen
Konfliktes – im Gegenteil!“