In dieser Woche geschieht
Entscheidendes für das katholisch-anglikanische Verhältnis der Zukunft: Ab diesem
Montag tritt in London für drei Tage die Generalsynode der anglikanischen „Kirche
von England“ zusammen. Sie wird darüber entscheiden, ob Frauen künftig auch zu Bischöfinnen
geweiht werden können. Die Priesterweihe bekommen sie längst, und schon das hat die
anglikanische Weltkirche an den Rand der Spaltung gebracht. 2005 hatte die Synode
bereits grundsätzlich Ja zu Bischöfinnen gesagt, aber ohne entsprechende Auswirkungen
für das Kirchengesetz. Rowan Williams ist der scheidende anglikanische Primas und
Erzbischof von Canterbury; er hatte lange laviert, um den Keil in seiner Kirche nicht
noch tiefer zu treiben. Doch inzwischen hat er sich entschieden: für die „women bishops“.
„Genug gewartet“, heißt eine Kampagne des Primas, die für ein Ja zu Bischöfinnen wirbt.
Vor
langer Zeit „Der Prozess hat vor sehr langer Zeit begonnen, und in den
letzten Jahren hat die Generalsynode mehr als einmal über dieses Thema debattiert;
alle Bistümer der Kirche von England hatten die Chance, ihre Sicht darzulegen“, so
Erzbischof Williams in einer Radioansprache. „Seit Februar wissen wir, dass wirklich
eine überwältigende Mehrheit der Kirche von England Frauen als Bischöfe will! Es wurde
aber auch klar, dass alle eine saubere Lösung wollen für die, die Bischöfinnen aus
Gewissensgründen ablehnen und Schwierigkeiten damit hätten, ihren Dienst zu akzeptieren.“
Genau
dieser Spagat wird jetzt in London versucht. Den Gegnern einer Bischofsweihe für Priesterinnen
wird ein Kompromiss angeboten: Sie können in ihren Gemeinden die Dienste eines männlichen
Bischofs von auswärts in Anspruch nehmen, wenn ihr eigenes Bistum von einer Bischöfin
geleitet wird. Doch die Bischöfin ist natürlich auch in einer solchen traditionalistischen
Pfarrei vollauf weisungsberechtigt. Die Befürworter der „women bishops“ brauchen eine
Zweidrittelmehrheit. Wie sein designierter Nachfolger Justin Welby hofft auch der
scheidende „Archbishop of Canterbury“ Williams, dass seine Kirche über diesem Thema
nicht zerfällt – er mahnt alle Seiten zu Respekt.
Respekt und Abmachung „Respekt
ist das Entscheidende. Er bedeutet, dass man die anderen in ihrer eigenen Sicht gelten
lässt. Dass man sie selbst definieren lässt, was sie glauben und wer sie sind. Es
geht um eine Abmachung, die allen zu sagen erlaubt: Unsere Sicht ist ernst genommen
worden! Die Bischöfe hoffen, dass die Synode einen akzeptablen Weg nach vorne findet,
der uns allen erlaubt, vom Dienst von Bischöfinnen bereichert und belebt zu werden.
Ich freue mich darauf, zusammen mit vielen meiner Kollegen!“
Das Problem sind
die, die sich nicht so sehr auf Bischöfinnen freuen. Etwa zwanzig Prozent der Mitglieder
der „Kirche von England“ sollen gegen die Bischofsweihe für Frauen sein, aus biblischen
Gründen. Draußen in der weiten Welt, wo inzwischen eine Mehrheit der anglikanischen
Weltgemeinschaft lebt, ist die Zahl der Bischöfinnen-Gegner noch höher – vor allem
im traditionelleren Afrika. Auch Freunde der Anglikaner in der ökumenischen Landschaft
warnen vor dem Schritt: die russisch-orthodoxe Kirche unlängst in einem Schreiben
an den künftigen Primas, und die katholische Kirche sowieso. Orthodoxe wie Katholiken
sagen ja schon zu Priesterinnen nein – von Bischöfinnen ganz zu schweigen.
Unterschiedliche
Richtungen „Beide haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert,
die römisch-katholische und die anglikanische Familie“, sagt Williams dazu im Gespräch
mit Radio Vatikan „Sie haben sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt, das ist
einfach eine Realität. Wir warten nicht immer auf den anderen, wenn wir uns verändern,
das ist Tatsache... Was Bischöfinnen betrifft, werden wir schon innerhalb der Kirche
von England keine für alle akzeptable Lösung finden können, das wäre sonst ein echtes
Wunder. Aber die Bischöfe haben viel Blut, Schweiß und Tränen daran gesetzt, eine
Balance zu finden, die der Minderheit gegenüber großzügig genug ist und doch im Grundsätzlichen
eindeutig genug. Viel Arbeit und Gebet ist dahinein geflossen; ich bin zuversichtlich,
dass sie nicht umsonst waren.“
Lehnt die Synode in diesen Tagen den Gesetzentwurf
ab, dann ist er endgültig gescheitert; kommt er hingegen durch, dann könnten schon
2014 die ersten Frauen die Bischofsweihe erhalten. „Eine Kirche, die Frauen zu Priestern
weiht, aber nicht zu Bischöfen, wäre unnormal“, argumentiert der Primas, und unter
der Überschrift „Genug gewartet“ springen ihm viele hochrangige Mitglieder der Kirche
von England in Videobotschaften bei. Steven Croft, der Bischof von Sheffield, beruft
sich auf einen britischen Säulenheiligen:
Jeder seine Pflicht erfüllt „1805
gab Admiral Nelson an seine Flotte die berühmteste Losung der Seefahrtsgeschichte
aus: England erwartet, dass jeder seine Pflicht erfüllt. Ich glaube, unser Land schickt
der Generalsynode jetzt dasselbe Signal. Die meisten Menschen, denen die Kirche von
England in Pfarreien landesweit dient, wollen Bischöfinnen. Die Gesellschaft erwartet
von uns eine positive Entscheidung, und dass wir vorwärtsgehen!“ Die Bibel verbietet
Bischöfinnen nicht, ist Croft überzeugt: „Maria Magdalena war die erste Zeugin der
Auferstehung Jesu, und Paulus erwähnt viele Frauen als Mit-Leiterinnen und Mitarbeiterinnen.
Natürlich ist es wichtig, dass wir mit anderen christlichen Kirchen im Gleichschritt
bleiben – und darüber haben wir sehr lange nachgedacht. Aber die Mehrheit von uns
glaubt, dass wir diese Entscheidung jetzt treffen können, auch weil wir viele solcher
Entscheidungen in der Vergangenheit getroffen haben.“
„Ich bin leidenschaftlich
für Bischöfinnen, weil ich mit vielen Frauen in der Kirche zusammenarbeite“, sagt
Bischof Pete Broadbent von Willesden. „Es liegt auch eine Logik darin, denn wir haben
ja schon Priesterinnen, da ist der nächste Schritt nur logisch. Wenn Sie gegen Bischöfinnen
sind – darf ich Sie bitten, das noch einmal zu überdenken? Denn ich glaube, es ist
wichtig, dass wir diesmal eine Zweidrittelmehrheit zusammenbekommen und nicht in den
Augen der Gesellschaft völlig bescheuert dastehen und dann noch einmal fünf oder zehn
Jahre lang von neuem über dieses Thema diskutieren.“
„Viele von uns fragen
sich: Warum reden wir solange über das Thema, warum gehen wir nicht hin und machen
es jetzt einfach?“ Das fragt Rebecca Swinson, jüngstes Mitglied aller Zeit im Erzbischöflichen
Rat von Canterbury. „Es ist doch seltsam, dass wir jetzt Frauen auf allen Ebenen der
Kirche haben, nur nicht im Bischofsamt. Wir sollten jetzt zeigen, dass Frauen in der
anglikanischen Kirche wirklich akzeptiert und in ihrem Dienst gewürdigt werden. Und
die nächsten fünf oder zehn Jahre sollten wir dann über die wichtigeren Themen diskutieren:
unser Gesundheitssystem zum Beispiel! Das, was den Leuten wirklich am Herzen liegt.“
Die
Generalsynode der anglikanischen Kirche von England trifft in den nächsten Tagen eine
– so oder so – historische Entscheidung. Im Vatikan wird man das aufmerksam verfolgen.