2012-11-17 13:07:26

Österreich: Theologie Ratzingers durchweht „Wind der Freiheit“


RealAudioMP3 Die Theologie von Joseph Ratzinger – jetzt Papst Benedikt XVI. – ist durchweht von einem „Wind der Freiheit“. Das hat der Bischof von Lyon, Kardinal Philipp Barbarin, bei einem Vortrag am Freitag in Stift Heiligenkreuz betont. Darin wisse sich die päpstliche Theologie zugleich in der Spur der großen Theologen Hans Urs von Balthasar (1905-1988) und Henri de Lubac (1896-1991) und ihren bahnbrechenden theologischen Neuaufbrüchen, so Barbarin. In allen drei Werken flössen die Begriffe Liebe, Freiheit und Wahrheit gleichermaßen zusammen.

Barbarins Vortrag eröffnete zugleich eine internationale Fachtagung zur „Mitte der Theologie im Werk von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.“, die noch bis Samstag an der philosophisch-theologischen Hochschule des Wienerwaldstiftes stattfand. Unter den Referenten waren neben Barbarin auch Kurienerzbischof Barthélemy Adoukonou, Kardinal Christoph Schönborn, der Madrider Weihbischof Juan Antonio Martínez Camino, die Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, der Freiburger Theologe Helmut Hoping, der Sprecher des Ratzinger-Schülerkreises, P. Stephan Otto Horn, und andere.

Umfassende Synthese
Die Mitte der päpstlichen Theologie sei - ebenso wie bei den theologischen Werken von Balthasars und de Lubacs - in der Kunst einer umfassenden Synthese von theologischem Denken und kulturellen Faktoren zu sehen. Die Überzeugung, dass die Wahrheit Gottes auch die Kultur durchdringe, würden die Autoren ebenso teilen wie ein Unbehagen im Blick auf eine von Weltbezügen abgekoppelte scholastische Theologie.

Dagegen würden sie eine Wiederentdeckung der Theologie der Kirchenväter für heute vorantreiben: „Sie nehmen alle nicht hin, dass die theologischen Summen aus dem Mittelalter die Kirchenväter in Vergessenheit geraten lassen.“ Letztlich sei dies auch einer der Zentralgedanken von Papst Johannes XXIII. bei dessen Formulierung des „Aggiornamento“ gewesen, so Barbarin. Denn dies meine schließlich, ein neues „ans Tageslicht holen erborgener Schätze“.

Schönborn: Mitte des Glaubens
Die Theologie von Papst Benedikt XVI. führt in die Mitte des christlichen Glaubens überhaupt: zur Person Jesu Christi. Das hat der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, bei seinem Vortrag in Stift Heiligenkreuz am Freitagnachmittag unterstrichen. Im Vorfeld der für kommende Woche angekündigten Veröffentlichung des dritten Bandes der Jesus-Trilogie des Papstes verwies Schönborn erneut auf die christologische Speerspitze des Denkens des Papstes. Diesem gehe es in erster Linie darum, „Freundschaft mit Jesus“ zu schließen und einen unmittelbar existenziellen Zugang zu Leben und Person Christi zu erschließen. Dies sei „das Fundament all seiner christologischen Reflexionen“, so Schönborn.

Zu den herausragenden Werken Joseph Ratzingers gehöre laut Schönborn neben dem wissenschaftlichen Werk vor allem die Sammlung seiner Predigten. Denn gerade darin komme die Verbindung von existenziellem Zugang, Freundschaft und wissenschaftlicher Reflexion zum Ausdruck: „Ich wage zu sagen, dass die Predigten Joseph Ratzingers einmal neben Augustinus in den großen Predigtsammlungen stehen werden“, so der Kardinal.

Wissenschaftliche Aufrichtigkeit
Zugleich weise die päpstliche Christologie eine große wissenschaftliche Aufrichtigkeit auf - etwa in der zentralen Frage, „inwieweit wir einen Zugang zur Gestalt Jesu finden, der auch Bestand hat vor der kritischen Vernunft der historischen Kritik, vor der berechtigterweise kritisch hinterfragenden Exegese“.

Damit verwies Schönborn zugleich auf die Antwort Benedikts XVI., die dieser im ersten Band seiner Jesus-Trilogie mit dem Stichwort einer „kanonischen Exegese“ gegeben habe. Dieser Zugang zum biblischen Zeugnis stelle bewusst die "Erkenntnis des vollen Lichtes des Geheimnisses Christi" an den Anfang - und sie setze gerade nicht, wie die historisch-kritische Exegese, „mit Ahnungen und vagen Hypothesen“ an. Am Anfang jeder wissenschaftlichen Auseinandersetzung stehe stets „die Begegnung mit Christus“.

Schönborn würdigte außerdem die besondere Sensibilität, die Benedikt XVI. in dieser Frage auch den Einwänden zur Person Jesu von Seiten des Judentums entgegenbringe. Nicht zuletzt besteht ein zentraler Teil des ersten Jesus-Buches des Papstes aus einer Auseinandersetzung mit einem Jesus-Buch des Rabbiners Jacob Neusner.

(kap 17.11.2012 mg)







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