Österreichs Bischöfe haben im Europäischen Parlament gemeinsam mit Parlamentsvizepräsident
Othmar Karas eine Sonderausstellung über die im vergangenen Januar seliggesprochene
Sozialpolitikerin und Gründerin der Schwesterngemeinschaft „Caritas Socialis“, Hildegard
Burjan (1883-1933), eröffnet. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der Einsatz Burjans
für mehr soziale Gerechtigkeit über alle Parteigrenzen hinweg, wie Schwester Karin
Weiler von der „Caritas Socialis“ bei der Eröffnung am Donnerstagvormittag in Brüssel
unterstrich. Kardinal Christoph Schönborn betonte bei dieser Gelegenheit, Burjan sei
das beste Beispiel dafür, „dass man auch in der Politik heilig werden kann“. Die generelle
Skepsis gegenüber der Politik bekomme in Hildegard Burjan ein Gegengewicht. Es brauche
Politiker mit Anstand und Verantwortungsbewusstsein. Die Burjan-Ausstellung ist im
Europaparlament eine Woche lang zu sehen. Laut Sr. Weiler bildet die Schau einen Mosaikstein
in den Bemühungen der „Caritas Socialis“, ihre Gründerin nach der Seligsprechung im
vergangenen Januar einer größeren Öffentlichkeit bekanntzumachen.
Große
Gestalt der christlichen Frauenbewegung
Hildegard Burjan war eine
der großen Gestalten der christlichen Frauenbewegung in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts. Am 30. Januar 1883 als Hildegard Freund im sächsischen Görlitz in eine
liberale jüdische Familie geboren, studierte sie in Zürich Literatur und Philosophie
und in Berlin Sozialwissenschaft. Im Jahr 1907 heiratete sie den gebürtigen Ungarn
Alexander Burjan. Nach Heilung von einer schweren Krankheit konvertierte sie zur katholischen
Kirche. Burjan setzte sich entschieden für die Gleichberechtigung der Frau, für die
Bekämpfung der Kinderarbeit und für die Überwindung sozialer Missstände ein. Viele
soziale Rechte für Frauen und Kinder, die heute selbstverständlich sind, gehen auf
ihre Initiative zurück. Zu ihren wichtigsten politischen Forderungen zählte schon
damals „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ für Frauen. 1912 gründete Burjan den „Verband
der christlichen Heimarbeiterinnen“ und 1918 den Verein „Soziale Hilfe“. Als Frauen
1919 erstmals das aktive und passive Wahlrecht ausüben konnten, zog Burjan als erste
christlich-soziale Abgeordnete in das österreichische Parlament ein. Am 4. Oktober
1919 gründete sie die religiöse Schwesterngemeinschaft „Caritas Socialis“, mit dem
Auftrag, soziale Not der Zeit zu erkennen und zu lindern. Hildegard Burjan starb am
11. Juni 1933 an einem schweren Nierenleiden. Am 6. Juni 1963 wurde das Seligsprechungsverfahren
eingeleitet. Ihre Seligsprechung erfolgte am 29. Januar 2012 im Wiener Stephansdom.
Der Gedenktag der Seligen ist am 12. Juni.