Vatikan fordert Anerkennung der ordentlichen Form des Ritus
Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone fordert die Anhänger des außerordentlichen
Ritus der Messfeier auf, auch den ordentlichen Ritus ohne Vorbehalte anzuerkennen.
Die Botschaft Bertones in französischer Sprache wurde am Samstag bei einer Messfeier
im außerordentlichen Ritus im Petersdom verlesen; der Vatikan hat den vollständigen
Text bisher aber noch nicht veröffentlicht.
Alter Ritus, neuer Ritus – schon
diese Bezeichnungen sind aus der Sicht des Vatikans falsch: Es gibt nur einen einzigen
römisch-katholischen Messritus, hat Papst Benedikt XVI. vor fünf Jahren in einem Motu
Proprio bekräftigt. Was manche fälschlich den alten Ritus nennen, ist nur eine außerordentliche
Form des einen Ritus, und diese außerordentliche Form wurde vor fünf Jahren unter
bestimmten Auflagen wieder zugelassen. „Mit seinem Motu Proprio wollte der Heilige
Vater auf die Erwartungen der Gläubigen eingehen, die den liturgischen Formen aus
der Zeit vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil anhängen“, so Kardinal Bertone in seiner
im Auftrag Benedikts verfaßten Botschaft. Und wörtlich: „Es ist eine gute Sache, die
Reichtümer zu bewahren, die im Glauben und im Gebet der Kirche gewachsen sind, und
ihnen ihren gerechten Platz zu geben. Dabei müssen aber gleichzeitig auch der Wert
und die Heiligkeit der ordentlichen Form des römischen Ritus in vollem Umfang anerkannt
werden.“
Im Jahr des Glaubens und angesichts des 50-Jahre-Jubiläums des Konzils
lädt Kardinal Bertone im Namen des Papstes „alle Gläubigen ein, in besonderer Weise
ihre Einheit im Glauben zu zeigen“. Die Botschaft des Kardinalstaatssekretärs wurde
am Samstag vor Anhängern der außerordentlichen Ritus-Form vorgetragen, die zu einer
internationalen Pilgerfahrt nach Rom gekommen waren. Organisator waren mehrere katholische
Gruppen und Bewegungen, die sich unter dem Titel „Coetus internationalis Summorum
Pontificum“ zusammengeschlossen haben. Mit ihrem Namen spielen sie auf den Titel des
Motu Proprio von Papst Benedikt an: Summorum Pontificum. Der Präfekt der vatikanischen
Gottesdienstkongregation, der spanische Kardinal Antonio Cañizares Llovera, feierte
in der Apsis des Petersdoms mit den Teilnehmern eine Messe nach dem Messbuch von 1962.
Es war das erste Mal seit der Wiederzulassung der außerordentlichen Form des Ritus,
dass ein Leiter einer Vatikanbehörde die Messe an einem Hauptalter des Petersdomes
in der ausserordentlichen Form feierte.
Mit dem Erlass „Summorum Pontificum“
hatte Benedikt XVI. den von manchen auch als „tridentinisch“ bezeichneten Ritus von
September 2007 an als ausserordentliche Form wiederzugelassen. Das Konzil von Trient
hatte Mitte des 16. Jahrhunderts den bisherigen Ritus erneuert – nicht die erste und
nicht die letzte Liturgiereform der Kirche. Nach den „tridentinischen“ Messbüchern
wurde über Jahrhunderte hinweg weltweit die Messe auf Latein zelebriert. Sie wurden
vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) schrittweise angepast und nach dem
Konzil durch eine erneuerte Liturgie ersetzt, die in der Regel in der jeweiligen Landessprache
gefeiert wird. Latein blieb aber weiterhin Sprache der Liturgie.