2012-11-05 11:58:49

Nigeria: „Moskitos stechen Christen wie Muslime“


RealAudioMP3 Er setzt sich seit Jahren unermüdlich für das Verständnis und den Dialog unter Menschen mit unterschiedlichem Glauben ein: John Onaiyekan, der Erzbischof von Abuja in Nigeria. Dafür wurde er vergangene Woche ausgezeichnet – mit dem internationalen Friedensaward von Pax Christi, der einmal im Jahr an Personen vergeben wird, die sich besonders für Frieden und Verständigung einsetzen. Onaiyekan ist auch einer der sechs designierten Kardinäle, die Papst Benedikt XVI. am 24. November im Vatikan kreieren wird.

Den Friedenspreis nahm Erzbischof Onaiyekan in Brüssel entgegen – nur wenige Tage nach einem erneuten Selbstmordattentat auf eine katholische Kirche in seiner Heimat. Bei dem Anschlag im Norden Nigerias, der möglicherweise von der islamitischen Boko-Haram Sekte ausging, starben mindestens acht Menschen, viele wurden verletzt. Im Radio-Vatikan Interview beschreibt der Erzbischof die Lage in seiner Heimat:
„Es werden Kirchen angegriffen, aber auch Märkte. Es werden Christen getötet – und Muslime. Das menschliche Leben scheint einigen dort so wertlos: Das ist noch weitaus schlimmer als die Tatsache, dass wir bekämpft werden, weil wir Christen sind. Und noch schlimmer ist, dass es Menschen gibt, die kein Bewusstsein für das menschliche Leben haben. Viele von ihnen begehen Selbstmordattentate. Das sind Leute, die keinen Respekt vor ihrem eigenen Leben haben – und auch nicht vor dem der anderen.”
Am allerschlimmsten ist für Erzbischof Onaiyekan, dass diese Verbrechen im Namen Gottes begangen werden. Das sei für die Christen unverständlich, und auch viele Muslime sähen das ähnlich. Dabei bekämpften sie sich eigentlich gar nicht aufgrund ihrer Religion; nur mit der Zeit hätten sie sich selbst davon überzeugt, das alles für ihren Glauben zu tun, erklärt Onaiyekan. Er setzt dagegen auf die Gemeinsamkeiten von Christen und Muslimen und den Dialog:
„Armut und Krankheit sind Probleme, die uns alle betreffen. Moskitos stechen Christen genauso wie Muslime, auch AIDS und HIV können alle bekommen. Wenn wir dieses ‚Wir gegen die anderen’ mal beiseite lassen, dann merken wir, dass es viel Raum für gemeinsame Lösungen gibt. Viele Menschen neigen dazu, interreligiösen Dialog nur auf theologische Fragen zu beschränken – doch er ist viel mehr. Natürlich ist für mich extrem wichtig, dass Jesus Gott ist. Aber meine muslimischen Freunde müssen da nicht mit mir übereinstimmen, damit ich mich mit ihnen an einen Tisch setze und über Armut und die Probleme der Regierung spreche. Wir beide mögen keine schlechten Regierungen – also können wir uns die Hand geben und versuchen, gemeinsam Lösungen zu finden.“
Was die Neuevangelisierung in Nigeria anbelangt, macht sich der Erzbischof in dem etwa zu 50 Prozent muslimischen Land hingegen keine allzu großen Hoffnungen:
„Ich sehe keine Evangelisierung - weder alt noch neu - in Nigeria, ohne dass wir uns der Realität bewusst werden: Eine Vielzahl der Menschen ist nicht katholisch, nicht christlich und wird es wohl auch nie werden. Doch wir müssen auf die guten Dinge schauen und ihnen davon erzählen. Die Muslime sagen ‚Allah akbar’. Manche Christen hassen diese Worte. Ich sage ihnen dann immer: Warum hört ihr das nicht gerne? ‚Allah akbar’ heißt ‚Gott ist der Größte’. Seht ihr das etwa anders? Ich kann dem nur zustimmen: ‚Gott ist der Größte, Hallelujah!’ Wir sprechen unterschiedliche Sprachen – aber wir meinen das Gleiche. Auf diese gemeinsamen Punkte können wir eine Beziehung aufbauen.“

(rv 05.11.2012 sta)







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