Erster Verhandlungstag im zweiten Vatileaks-Prozess
An diesem Montag hat
im Vatikan der zweite Prozess zur Affäre ‚Vatileaks’ begonnen. Angeklagt ist Claudio
Sciarpelletti, ein Computertechniker im vatikanischen Staatssekretariat. Der Vorwurf:
Begünstigung von schwerem Diebstahl. Vor drei Wochen war Benedikts früherer Kammerdiener
Paolo Gabriele des schweren Diebstahls für schuldig befunden worden, zu Beginn dieses
ersten Prozesses war auf Antrag der Verteidigung der Prozess Sciarpelletti vom Prozess
Gabriele abgetrennt worden. Dem Vatikanangestellten wird nun Begünstigung vorgeworfen,
was nicht dem schwer wiegenderen Tatbestand der Beihilfe entspricht. Ihm droht bis
zu einem Jahr Haft. Nach der ersten Verhandlung trat Vatikansprecher Pater Federico
Lombardi vor die Presse:
„Während der Sitzung an diesem Montag sind ausschließlich
Anträge der Verteidigung vorgestellt und diskutiert worden. Den Anträgen ist weitgehend
stattgegeben worden. Der Antrag auf Nichtzulassung der Anklageschrift ist nicht angenommen
worden. Vor uns liegt nun der zweite Verhandlungstag, der am Samstagmorgen ab 9 Uhr
stattfinden wird. Dort wird der Angeklagte befragt werden und auch der Zeuge Paolo
Gabriele.“
Der Angestellte des vatikanischen Staatssekretariats hatte in
ersten Vernehmungen widersprüchliche Aussagen über sein Verhältnis zu Gabriele gemacht.
Zunächst sprach er von „Arbeitsbeziehungen“; später räumte er ein, auch privat in
Kontakt mit Gabriele gestanden zu haben. Das bedeute aber nicht, dass dieser Prozess
nun im Gegensatz zum ersten stehe, so Lombardi. Der erste Prozess hatte festgestellt,
dass Gabriele allein gehandelt habe.
„Die Anklage der Begünstigung bedeutet
nicht, dass ihm Komplizenschaft vorgeworfen wird. Er hat bei der Untersuchung widersprüchliche
Angaben über einen Umschlag gemacht, in dessen Besitz der Angeklagte war. Was genau
die Begünstigung bedeuten wird, das wird sicherlich Thema des Prozesses sein, aber
es geht ganz klar nicht um Komplizenschaft, sondern um Begünstigung.“
Die
vatikanische Gendarmerie hatte im Mai in Sciarpellettis Schreibtisch einen Briefumschlag
mit der Aufschrift „P. Gabriele persönlich“ sichergestellt. Er enthielt Unterlagen
und eine Schmähschrift gegen den Kommandanten der vatikanischen Gendarmerie, Domenico
Giani, mit dem Titel „Napoleon im Vatikan“. Über den Besitz dieser Dokumente hatte
Sciarpelletti sich widersprechende Angaben gemacht, dies ist nun der Gegenstand des
Prozesses, so Lombardi.
Während des Prozesses stellte Sciarpelletti nach Agenturangaben
fest, nicht mit Paolo Gabriele befreundet gewesen zu sein. Von dem Verhalten des bereits
Verurteilten berichtete er, dass dieser sich schon seit sechs Jahren geweigert habe,
Technikern den Zugang zu seinem Computer zu erlauben. Sciarpelletti war unter anderem
für die Wartung der Rechner im Apostolischen Palast zuständig.