Warum Afrika die Welt retten könnte: Gespräch mit Kardinal Sarah
Afrika? Schlechte
Nachrichten. Vom zweitgrößten Kontinent unseres Planeten kommen fast nur Berichte,
in denen es um Bürgerkriege, Hunger oder Elend geht. Alle Staaten Afrikas mit Ausnahme
Südafrikas gelten als Entwicklungsländer. Wie kommt der Kontinent heraus aus der Misere?
Das fragten wir Robert Sarah aus Guinea. Er ist einer von zwei afrikanischen Kurienkardinälen
und leitet (als Nachfolger des Deutschen Paul-Josef Cordes) das Päpstliche Hilfswerk
„Cor Unum“.
„Ich glaube, dass Afrika aus seinen Schwierigkeiten nur dann
herauskommt, wenn es sich auf Christus besinnt. Er hat das Böse besiegt – genau das
Böse, das Afrika gerade zerstört: Krieg, Krankheiten und eine Macht, die das Elend
des Volkes nicht zur Kenntnis nimmt. Nur das Evangelium kann uns retten: wenn wir
lernen, mit dem Auge Gottes auf unsere leidenden Brüder zu blicken, ihr Leid zu teilen
– aber auch das Gute zu teilen, das der Herr uns gegeben hat! Denn Afrika ist reich;
es wird nur ausgebeutet auf eine Art und Weise, für die man sich schämen muss, und
zwar zuallererst von den Afrikanern selbst! Aber auch von Ausländern.“
Dass
ein Kardinal das Evangelium als Rezept empfiehlt, ist nichts Ungewöhnliches. Aber
dem Afrikaner Sarah ist es sehr ernst damit. Evangelisierung oder nicht, das bedeute
für Afrika buchstäblich: Leben oder Tod.
„Denn das große Leid so vieler
Völker in Afrika ist die Unsicherheit, der Tod. Man wird in vielen Teilen Afrikas
erschossen wegen gar nichts! Das Evangelium hingegen ändert die Herzen, und auf dieser
Basis kann man zusammen etwas für den Frieden tun. Der Herr hat von Anfang an gesagt:
Bekehrt euch! Umkehr heißt Versöhnung mit Gott und mit den anderen, um in Frieden
leben zu können, mit Gott und unseren Mitmenschen.“
Aus Sarahs Sicht tut
die Kirche viel mehr für Afrika als alle Hilfswerke und ausländische Regierungen zusammen.
Die Kirche leiste dreierlei:
„Den Afrikanern werden Gesundheitsstrukturen
gegeben und eine Schulausbildung. Und es wird sich um ihre Seelen gekümmert. Das ist
die Mission der Kirche. Ein Mensch steht nicht nur dann aufrecht, wenn es seinem Leib
gut geht: Auch spirituell muss man auf den Füßen stehen.“
Wenn man den
Kurienkardinal aus Guinea so reden hört, hat man fast den Eindruck, der nächste James-Bond-Film
- Mission „Die Welt retten“ – müßte eigentlich in Afrika gedreht werden. Denn die
Welt retten, das könnte Afrika, glaubt Sarah:
„Gott bedient sich immer des
Kleinsten, des vermeintlichen Nichts – und Afrika ist heute ein Nichts. Es zählt wirtschaftlich
gleich null, politisch genauso. Gott bedient sich dessen, das nichts ist, um zu retten.
Auch als er seinen Bund geschlossen hat, ist er – von Ägypten ausgehend – so vorgegangen:
Er hat Afrika sozusagen gebeten, sein Kreuz mitzutragen. Afrika hat den kleinen Jesus
gerettet, als dieser von Herodes mit dem Tod bedroht wurde, Gott will sich Afrikas
gerade, weil es unbedeutend ist, bedienen, um die Welt zu retten. Mit dem Nichts kann
Gott vieles machen! Und darum sollten auch wir Afrikaner nicht sagen: Wer bin ich
schon, ich bin doch ein Nichts... Jeder von uns kann etwas tun, um die Welt zu retten.“
Eine
eigenwillige Theologie, die das Negative geradezu zur Chance ummünzt. Es stimme zwar:
Die Afrikaner seien „ein Nichts“.
„Aber der Herr will sich unser bedienen,
um etwas für das Heil nicht nur Afrikas, sondern der ganzen Welt zu tun. Vielleicht
könnte jemand sagen: Was für eine Selbstüberschätzung! Wer seid ihr denn, um die Welt
zu retten? Aber der Herr rettet durch Armut – durch das, was nichts ist. Ich ermuntere
alle, die sich als ein Nichts fühlen, dass sie sagen: Herr, benutze mich, um etwas
Schönes zu machen!“