D: Ehrung der Heiligen und Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen
Vertreter der katholischen
Kirche gedenken an diesem Donnerstag in Rüdesheim-Eibingen der rheinischen Prophetin
Hildegard von Bingen, die der Papst am 7. Oktober zur Kirchenlehrerin erhoben hat.
Bei einem Gottesdienst in der Abtei St. Hildegard betonte Erzbischof Robert Zollitsch,
die Kirchenlehrerin habe nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern durch ihre Taten
überzeugt: „Dort, wo jemand überzeugend den Glauben lebt oder auch in früheren Zeiten
dafür eingestanden ist, da lassen wir uns ansprechen, weil diese Zeugen mit ihrem
Feuer anstecken und mit ihrem Leben anschaulich machen, wie bereichernd und frohmachend
die Botschaft des Evangeliums ist. Unsere neue Kirchenlehrerin ist ein herausragendes
Geschenk für uns und gibt uns auch heute noch wegweisende Impulse“, sagte der Erzbischof
wörtlich. Nach dem Gottesdienst wurde der Schrein mit den Gebeinen der heiligen Hildegard
in einer Prozession zur Pfarr- und Wallfahrtskirche von Eibingen getragen. Der Mainzer
Kardinal Karl Lehmann sieht mit der Ehrung von Hildegard von Bingen als Kirchenlehrerin
ein neues Kapitel aufgeschlagen - nicht nur in der Geschichte der katholischen Kirche:
„Es
ist ja interessant, dass gerade ein Fach wie zum Beispiel die Philosophie, die vor
Jahrzehnten überhaupt keine Notiz nahm von einer heiligen Hildegard von Bingen, ihr
jetzt in großen zusammenfassenden Lehrbüchern ein eigenes, kleines Kapitel widmet,
das wäre nicht denkbar gewesen vor 20, 30 Jahren! Das bedeutet auch, dass sich der
Begriff der Heiligen mit ihr und mit solchen Frauen wandelt. Da darf man nicht nur,
wie soll ich sagen, auf eine fromme Weltschwester schauen, sondern auch darauf, dass
Frauen damals – die natürlich zum Teil aus adligen Familien kamen – einen Zugang zur
Bildung ihrer Zeit hatten, von dem wir eigentlich erst seit relativ kurzer Zeit etwas
wissen. Und dass damit auch eine neue Gestalt einer Synthese von Heiligkeit, Spiritualität,
Theologie und Weltoffenheit möglich ist. Und das eben aufgrund einer unglaublich tiefen
und so reich begabten Weiblichkeit, Fraulichkeit.“ Der Papst habe mit der Heiligsprechung
und Erhebung der Hildegard zur Kirchenlehrerin zu diesem Zeitpunkt eine „mutige“ Entscheidung
getroffen, findet Lehmann. Denn während in den vergangenen Jahrzehnten vor allem esoterische
Aspekte zur Hildegard in den Vordergrund traten, habe in der letzten Zeit das ernsthafte
wissenschaftliche Interesse an der Prophetin zahlreiche Früchte getragen. So haben
die Benediktinerinnen des Klosters in Eibingen zum Beispiel 2010 alle Schriften Hildegards
in textkritischer Ausgabe vorgelegt. In diesem Kontext konnte der Papst Hildegard
von Bingen sozusagen wieder in die Deutungshoheit der Kirche zurückholen. Lehmann:
„Da hat, glaube ich, der Papst eine weise Entscheidung getroffen mit dem Dekret
vom 10. Mai diesen Jahres, in dem er gesagt hat: Die heilige Hildegard ist faktisch
heilig, ohne Prozess, ohne alles, und das gilt für die ganze Weltkirche. Dadurch war
das Tor offen, um dann drei Wochen später, am 27. Mai, zu sagen: Jetzt wird sie auch
Kirchenlehrerin am 7. Oktober. Das war ein kluger Schachzug!“ In der kommenden
Woche startet im Abendprogramm von Radio Vatikan eine Sendereihe über Hildegard von
Bingen, in der wir die große Theologin vorstellen. Jeden Dienstagabend bei Radio Vatikan
– schalten Sie ein!