Der Nationalfeiertag ist nicht nur ein Tag der Dankbarkeit für Frieden, soziale Sicherheit
und kulturellen Reichtum, sondern ebenso ein Anlass, sich der Verantwortung jedes
Einzelnen für die Gesellschaft bewusst zu werden: Das unterstrich der St. Pöltner
Bischof Klaus Küng bei einem Gottesdienst zum Nationalfeiertag am Freitag im Wiener
Stephansdom. Zugleich attestierte Küng Gesellschaft und Politik aktuelle und bedrohliche
Missstände - angefangen von der Familienpolitik über die Fortpflanzungsmedizin bis
hin zu einem generellen „Werteverlust“. Zunehmend in Bedrängnis geraten laut Küng
insbesondere die Familien. Zwar werde der Wert der Familie von Jugendlichen weiterhin
hoch geschätzt, der Rückgang an Eheschließungen führe jedoch dazu, „dass den Kindern
oft die Geborgenheit einer stabilen Elternbeziehung fehlt“. Hinzu kämen hohe Scheidungsraten
und eine niedrige Kinderzahl. Dagegen forderte der „Familienbischof“ die Politik auf,
insbesondere kinderreiche Familien „entschiedener zu fördern“ - gerade diese Familien
seien oft von der „Schuldenfalle“ bedroht. Küng wörtlich: „Wie wäre es mit spürbaren
Steuererleichterungen für solche Familien?“
Als „besorgniserregend“ bezeichnete
Küng die Entwicklungen in der Fortpflanzungsmedizin. Behinderte Kinder hätten nicht
zuletzt durch die pränatale Diagnostik „fast keine Chance mehr, das Licht der Welt
zu erblicken“. Es stehe „zu befürchten“, so der Bischof weiter, dass sich Österreich
einem internationalen Trend beuge und auch die Praxis der Präimplantationsdiagnostik
(PID), die Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare oder ähnliches zulasse. Gerade
die PID führe aber „eindeutig zur Selektion“. Hier plädierte Küng für einen „mutigen
selbstständigen österreichischen Weg“. Auch brauche es in Österreich eine „echte bioethische
Debatte“, da die Zukunft vielleicht gar die Situation bringe, dass Sterbehilfe aus
wirtschaftlichen Überlegungen heraus erwogen werde.