2012-10-25 09:25:20

Vatikan/Ägypten: Wir brauchen das Feuer der ersten Gemeinden


RealAudioMP3 Eine Erneuerung der Kirche kann nicht ohne eine Erneuerung des Klerus selbst stattfinden. Diese Meinung ist in der Synodenaula immer wieder zu hören. Auch Bischof Kyrillos William von Assiut in Ägypten vertritt diese Einschätzung. Er ist Administrator des Patriarchats von Alexandrien und Stellvertreter seines Patriarchen. Er nimmt in diesen Tagen an der Bischofssynode in Rom teil und erzählte uns, dass auch in Ägypten die Abwanderung der Gläubigen zunehme. Die anderen, „neuen“, Kirchen, insbesondere die Protestanten, kümmerten sich sehr stark um die Anwerbung neuer Gläubiger – es sei also dringend nötig, auf katholischer Seite das Pfingstfeuer neu zu entzünden:

„Von Anfang an, als wir die lineamenta und das instrumentum laboris bekommen haben, war unsere große Sorge, dass wir eine neue Sprache finden müssen. Wir merken, dass viele Leute die Kirche verlassen, auch bei uns, obwohl man ja immer sagt, dass die Orientalen sehr religiös geprägt seien. Aber auch hier gehen sie zu den neuen Kirchen. Wir sind dagegen etwas veraltet, muss ich sagen. Einige haben vielleicht auch keine Lust, sich anzustrengen. Es fehlt uns der Eifer der ersten Gemeinde, das Pfingstfeuer. Das wird viel gesagt. Und vor allem: Wir müssen uns erneuern. Und wir müssen mit den Priestern und Bischöfen anfangen. Das ist sehr wichtig, wenn wir eine neue Evangelisierung wollen. Wenn sie ein gutes Vorbild haben, machen die Leute auch sofort mit.“

Während Bischof Kyrillos in der Bischofssynode über die Neuevangelisierung berät, geht es in seinem Land Ägypten jedoch hoch her: Präsident Mursi hatte in der vergangenen Woche an einem im Fernsehen übertragenen Gebet teilgenommen, bei dem der Prediger Futouh Abd el-Nabi Mansour Gott um die Vernichtung der Juden und ihrer Unterstützer gebeten hatte. Die Wellen der Empörung schlagen vor allem in Amerika hoch, aber auch die Demonstrationen der Gegner Mursis im eigenen Land nehmen zu. Trotz allem sieht Bischof William auch Lichtstreifen am Horizont. Mursi wolle sich nun mit Vertretern der verschiedenen Religionen treffen, um sich mit ihnen über die Predigten zu unterhalten.

„Das ist genau das, was wir wollen, denn die Predigt, die am Freitag oder am Sonntag gehalten wird, ist sehr wichtig und hat einen großen Einfluss auf die Gläubigen. Unsere Linie ist natürlich klar, wir sprechen immer über die Liebe und niemals von Hass; wir sprechen vom Respekt für die anderen und davon, die anderen anzunehmen, wie sie sind. Aber auf der anderen Seite gibt es aber viele Prediger, die Hass den Juden und auch Christen gegenüber predigen, und die Leute kommen aufgeheizt aus der Moschee und versuchen, das zu verwirklichen, was sie gehört haben.“

Die einzige Lösung sei jedenfalls der Dialog, auch um das politische Überleben des Präsidenten zu sichern. Eine sichtbare Änderung der Umstände sei dringend nötig, um die Menschen davon zu überzeugen, dass der auf dem politischen Parkett recht unerfahrene Mursi der Präsident aller Ägypter sei. Insbesondere der Entwurf für die neue Verfassung und die Zusammensetzung der Verfassungskommission werden heftig kritisiert:

„Ich habe gestern gelesen, dass der Präsident schnell reagieren will und diese Kommission auflösen und eine neue bilden will. Es gibt viel Kritik darüber, dass die Kommission die Verhältnisse in Ägypten nicht richtig wider spiegele. Nur ein Teil Ägyptens ist vertreten und auch viele Islamisten sind darin, aber es müsste die gesamte Gesellschaft vertreten sein. Wir warten ab, was kommt. Die Liberalen schweigen nicht, sie äußern ihre Meinung und das kann nicht ignoriert werden.“

Auch der Weihbischof von Alexandria, Youhanna Golta, ist ein Mitglied in der Kommission, deren Arbeit aufgrund der Differenzen nicht einfach sei. Dennoch, man könne nicht genug betonen, wie wichtig die Präsenz der Kirche in der Kommission sei:

„Er berichtet uns hin und wieder aus der Kommission und bestätigt uns wie wichtig die Präsenz der Kirche dort ist. Wir sagen ihm dann immer, das wissen wir, deshalb haben wir dich für die Kommission vorgeschlagen. Du kannst die Zivilisation der katholischen Kirche, die Liebe, Offenheit und Versöhnung sowie den Respekt für den Frieden in die Kommission einbringen. Die Vertreter der verschiedenen Kirchen arbeiten zusammen, aus der orthodoxen Kirche gibt es zwei, einen Bischof und einen Jurist, von uns ist einer dabei, sowie von der evangelischen Kirche der Präsident selbst.“

Die Idee des Papstes, eine Delegation nach Syrien zu senden, sei in der Synodenaula übrigens mit großer Begeisterung aufgenommen worden. Vor dem vatikanischen Finanzinstitut IOR habe es eine lange Schlange der Synodalen gegeben, die dem Aufruf des Synodensekretärs zu Spenden gefolgt seien. Dennoch, ein Verschieben der Mission scheint auch Bischof Kyrillos unter den gegebenen Umständen die richtige Entscheidung zu sein.

„Eile bringt nichts, denn man muss den richtigen Moment finden. Das ist viel besser. um der Mission zum Erfolg zu verhelfen. Im Vatikan wird immer gut geplant, und es wäre schade, wenn sie das Unternehmen zu einem Zeitpunkt durchführen würden, an dem sie das lieber nicht tun sollten, so dass dann alles verpuffen würde.“

(rv 24.10.2012 cs)








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