Südafrika: Politische Interessen und fehlende Gehaltsstandards
Minenarbeitern in
Südafrika drohen weitere Massenentlassungen. Am Mittwoch kündigte der Bergbaukonzern
„AngloGold Ashanti“ an, 12.000 Arbeiter entlassen zu wollen. Der Konkurrent „Gold
Fields“ hatte bereits am Dienstag 8.500 Arbeitern gekündigt. Der Konzern „HarmonyGold“
setzte seinen 5.400 streikenden Arbeitern ein Ultimatum: Wenn sie nicht bis diesen
Donnerstag an die Arbeit zurückkehren, haben auch sie keinen Job mehr. Auseinandersetzungen
streikender Arbeiter mit der Polizei hatten Mitte August in Marikana zum Tod von über
30 Minenarbeitern geführt. Insgesamt sind im Kontext der Streiks 23.000 Arbeiter entlassen
worden. Der Comboni-Missionar Fabio Baldan von der Diözese Witbank in Mpumalanga erklärt
im Gespräch mit Radio Vatikan die Hintergründe der chaotischen Lage:
„Das
aktuelle Unbehagen wird von den Parteien ausgenutzt. Wir befinden uns in einem Moment
des Übergangs, denn im Dezember gibt es die Konferenz des Afrikanischen Nationalkongresses,
auf der man sehen wird, ob Präsident Zuma wieder im Amt bestätigt wird oder ob es
einen politischen Wechsel gibt. Es gibt auch einen inneren Kampf auf Ebene der Sicherheit
und der Polizei, der zu der dramatischen Situation und den Ausschreitungen in Marikana
und den aktuellen Problemen in den verschiedenen Minen geführt hat.“
Auch
die Gewerkschaften seien mit der Landespolitik verbunden, so der Missionar. Das löse
auf Seiten der Arbeiter zusätzlichen Unmut aus, unüberschaubar sei das Gemenge an
Interessen und Allianzen:
„Der Generalsekretär aller Gewerkschaften, der
,Cosatu‘, die auch Teil des Regierungsbündnisses ist, hat an den Verhandlungen (mit
den Arbeitern, Anm. d. Red.) teilgenommen. Vertreter sind zu den streikenden Kumpels
gegangen. Die haben sie mit Steinen vertrieben! Die Situation ist wirklich angespannt.
Es gibt auch alternative Gewerkschaften, die mit keiner Partei verbunden sind; die
haben die Unterstützung der Mehrheit der Arbeiter. Der Gewerkschaftsbund und die Arbeitervertretung
(Num) versuchen, die Kontrolle über die Lage wiederzugewinnen, aber man sollte nicht
vergessen: in Marikana gab es die ersten Spannungen zwischen den Gewerkschaftsvertretern.“
Die
Minenarbeiter verdienten verhältnismäßig gut - wenn man sich andere Gehälter in dem
Land ansehe, so Pater Baldan. In den Gold- und Diamantenmienen, die am meisten abwürfen,
liege das Mindestgehalt bei umgerechnet 500 bis 600 Euro. Die streikenden Arbeiter
hätten ein Mindestgehalt von mehr als doppelt so viel – 1.250 Euro – gefordert. Nach
den Ausschreitungen in Marikana bekamen die Arbeiter eine Gehaltserhöhung um 20 bis
22 Prozent. Dies habe zu einer ganzen Reihe an neuen Streiks in anderen Minen des
Landes geführt. Was bislang fehle, sei eine einheitliche Regelung der Gehälter, lässt
der Pater durchblicken. Eine solche Regelung könnte weiteres Chaos möglicherweise
verhindern.