Anna Schäffer und die Indianerin Kateri Tekakwitha heiliggesprochen
Papst Benedikt XVI.
hat an diesem Sonntag die bayerische Mystikerin Anna Schäffer heiliggesprochen. Ebenso
erhob der Papst die aus Hessen stammende deutsch-amerikanische Ordensfrau Marianne
Cope, die kanadische Indianerin Kateri Tekakwitha und vier weitere Selige vor rund
80.000 Pilgern zur Ehre der Altäre. Unter den Teilnehmern der Heiligsprechung waren
zahlreiche Pilger aus Bayern, mehr als 2.000 allein aus dem Bistum Regensburg. Benedikt
XVI. nahm die Heiligsprechung nach vereinfachtem Ritus außerhalb der Liturgie vor.
Hinter ihm hingen die Bilder der neuen Heiligen auf farbigen Wandteppichen am Petersdom.
Die Erhebung der sieben Glaubenszeugen in den Stand der Heiligen ist ein Höhepunkt
in dem von Benedikt XVI. ausgerufenen „Jahr des Glaubens“.
Besondere „Premiere“
für die Weltkirche an diesem Sonntag, der zugleich Weltmissionssonntag ist: Die Heiligsprechung
der Indianerin Kateri Tekakwitha, der ersten heiligen amerikanischen Indianerin. Benedikt
XVI. würdigte die 1656 geborene Tekakwitha als mutige Vorreiterin der Mission in einem
bewegten historischen Kontext. Der Tochter eines Mohawk-Indianers und einer christlichen
Mutter war es gelungen, den christlichen Glauben zu leben, ohne die Traditionen ihres
Volkes zu leugnen. Dabei hatte es die Grenzgängerin zweier Kulturen alles andere als
einfach. Der Papst:
„Kateri beeindruckt uns durch das Wirken der Gnade in
ihrem Leben ohne jede äußere Unterstützung und durch ihren Mut zu der in ihrer Kultur
so einzigartigen Berufung. In ihr bereichern sich Glaube und Kultur gegenseitig! Möge
ihr Beispiel uns helfen, dort, wo wir sind, in der Liebe zu Jesus zu leben, ohne zu
verleugnen, was wir sind! Heilige Kateri, Patronin von Kanada und erste indianische
Heilige, wir vertrauen dir die Erneuerung des Glaubens in den Ersten Nationen und
in ganz Nordamerika an!“
Am Beispiel der aus Mindelstetten stammenden
Anna Schäffer, die nach einem schweren Unfall ans Bett gefesselt war, ging Benedikt
XVI. auf das „Leiden als Missionsdienst“ ein. Die bayrische Mystikerin habe es dank
ihres Glaubens verstanden, ihr Leiden in eine Quelle des Trostes für andere Menschen
zu verwandeln. Im Bistum Regensburg sind in Zusammenhang mit Schäffer bisher 20.000
Gebetserhörungen dokumentiert; Schäffers Heiligsprechung ist für die Diözese die erste
seit rund 1.000 Jahren. Benedikt XVI.:
„Sie haderte zunächst mit
ihrem Schicksal, verstand ihre Situation dann aber als einen liebevollen Ruf des Gekreuzigten
in seine Nachfolge. Gestärkt durch die tägliche Kommunion wurde sie zu einer unermüdlichen
Fürsprecherin im Gebet und zu einem Spiegel der Liebe Gottes für viele Ratsuchende.
Ihr Apostolat des Betens und des Leidens, des Opferns und des Sühnens sei den Gläubigen
in ihrer Heimat ein leuchtendes Vorbild, ihre Fürbitte stärke die christliche Hospizbewegung
in ihrem segensreichen Wirken.“
Eine andere deutschstämmige
Gläubige unter den neuen Heiligen: die 1838 in Heppenheim geborene Barbara Koob, bekannter
als Marianne Cope, die in den Vereinigten Staaten von Amerika Generaloberin der Kongregation
der Regulierten Terzianerinnen des heiligen Franziskus und dann auf Hawaii zur Vorreiterin
im Kampf gegen Lepra wurde. Sie gründete ein Krankenhaus und ein Heim für Mädchen,
deren Eltern leprakrank waren, und unterstützte Pater Damian, der damals bereits für
Leprakranke eintrat. Dafür brach sie den Kontakt zur Außenwelt für immer ab:
„Zu
einer Zeit, als für die unter dieser schrecklichen Krankheit Leidenden nur wenig getan
werden konnte, zeigte Marianne Cope größte Liebe, Mut und Begeisterung. In ihrer Tatkraft
ist sie ein leuchtendes Beispiel für das Beste der Tradition katholischer Krankenschwestern
und für den Geist ihres geliebten heiligen Franziskus.“
Als Vorbild und
Hoffnungsträger für heute verfolgte Christen in der Welt stellte Benedikt XVI. den
1838 geborenen neuen Heiligen Jacques Berthieu vor. Der französische Jesuit kämpfte
auf der Insel Sainte Marie und dann in Madagaskar „gegen die Ungerechtigkeit, wobei
er die Armen und Kranken unterstützte“, bis er 1896 im Martyrium starb. Benedikt XVI.:
„Möge in diesem Jahr des Glaubens seine Fürsprache Frucht bringen für Madagaskar und
den afrikanischen Kontinent!“
Unter Verfolgung litt auch der 1654 auf den
Philippinen geborene Missionar Pedro Calungsod. Trotz der Lebensgefahr, in die er
aufgrund seiner Missionstätigkeit geriert, ließ er sich nicht von seinem Auftrag abbringen,
die Botschaft Christi zu verkünden – ein Vorbild auch heute für die Menschen auf den
Philippinen darin, „mutig das Reich Gottes zu verkünden und Seelen für Gott zu gewinnen“,
sagte der Papst in Anwesenheit des philippinischen Vizepräsidenten, der zur Heiligsprechung
nach Rom gereist war.
Der italienische Priester Giovanni Battista Piamarta
– auch er steht ab diesem Sonntag im Buch der Heiligen – überzeuge durch sein inniges
Verhältnis zu Gott im Gebet, fuhr der Papst fort. Zudem habe er sich vor allem um
die Ausbildung der Jugend bemüht, ebenso wie die neue Heilige Maria del Carmelo Sallés
y Barangueras. Das Erziehungswerk der 1848 in Spanien geborenen Ordensgründerin bringe
unter den Jugendlichen „weiter reiche Frucht durch den großherzigen Einsatz ihrer
Töchter“, so Benedikt XVI..
Am Beispiel der neuen Heiligen erinnerte der Papst
in seiner Predigt an den Auftrag der Kirche in der Welt: den Dienst am Menschen und
am Evangelium:
„Mit heroischem Mut haben sie ein Leben geführt, das
ganz Gott geweiht und dem großherzigen Dienst an den Mitmenschen gewidmet war. Sie
sind Söhne und Töchter der Kirche, die in der Nachfolge des Herrn den Weg des Dienens
gewählt haben. Die Quelle der Heiligkeit in der Kirche liegt immer im Geheimnis der
Erlösung, auf das der Prophet Jesaja in der ersten Lesung vorausweist: Der Gottesknecht
ist der Gerechte, der ,die vielen gerecht macht; der ihre Schuld auf sich lädt‘ (vgl.
Jes 53,11); es ist der gekreuzigte, auferstandene und in der Herrlichkeit lebende
Christus. Die heutige Heiligsprechung ist eine beredte Bestätigung dieser geheimnisvollen
Heilswirklichkeit.“
Die neuen Heiligen seien unterschiedlicher Herkunft,
Sprache und stammten aus verschiedenen Gesellschaftsschichten. Vereint seien sie aber
„mit dem ganzen Volk Gottes“ in der kulturübergreifenden Kraft ihres Glaubens, betonte
der Papst mit Verweis auf den Weltmissionssonntag an diesem 21. Oktober. So könnten
sie auch als Vorbild gelten für „die Mission ad gentes“ und auch für die Neuevangelisierung
„in den Gebieten, in denen das Christentum schon seit langem besteht“. Die kulturelle
Bandbreite, die die neuen Heiligen repräsentieren, schlug sich in diesen Tagen auch
im bunten Strom der Pilger aus aller Welt nieder: zahlreiche Gläubige aus Europa und
Amerika, darunter auch Vertreter der indigenen Völker, waren auf Roms Straßen zu sehen.
Nach
dem Angelus-Gebet grüßte der Papst in verschiedenen Sprachen die Delegationen, die
zur Heiligsprechung nach Rom gekommen waren. Für die Heiligsprechung von Anna Schäffer
waren aus Regensburg der Diözesanadministrator Wilhelm Gegenfurtner sowie das gesamte
Domkapitel angereist. Der Freistaat Bayern wurde vertreten durch Europaministerin
Emilia Müller und Landtagspräsidentin Barbara Stamm (beide CSU). Auch der Vorsitzende
der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sowie die Bischöfe Gregor
Maria Hanke aus Eichstätt und Frantisek Radkovsky aus Pilsen, dem tschechischen Partnerbistum
Regensburgs, waren anwesend. Benedikt XVI. sagte auf Deutsch:
„In
das Herz Gottes hineinschauen, das hat die heilige Anna Schäffer in ihrer ,Leidenswerkstatt‘
gelernt. Dabei durfte sie erkennen, dass die Liebe Gottes einen Trost gibt, der noch
größer wird, wenn man ihn auch anderen schenkt. Die neuen Heiligen mögen uns durch
ihr Vorbild und ihre Fürsprache im Glauben stärken und helfen, dass auch wir Zeugen
und Verkünder des Evangeliums sind.“