Am Samstag wird im
Beisein von Papst Benedikt XVI. der „Ratzinger-Preis“ verliehen – u.a. an den französischen
Philosophen Rémi Brague, der derzeit den Romano-Guardini-Lehrstuhl in München innehat.
Wir fragten Brague an diesem Freitag nach seiner Reaktion auf die Auszeichnung.
„Dieser
Preis ist für mich eine völlige Überraschung! Ich habe von dieser Verleihung zum ersten
Mal gehört, als ich in Kroatien auf einer Sommerschule war – da habe ich diese Nachricht
im Internet gelesen! Und da ich mich als Philosoph verstehe und mir einbildete, dieser
Preis gelte Theologen, war ich verdutzt und dachte: Ist das vielleicht ein Irrtum?
Selbstverständlich freue ich mich über den Preis, aber trotzdem bleibt das für mich
eine Überraschung, und ich erwarte mit großer Ungeduld die Begründung, die Kardinal
Ruini morgen dafür geben wird.“
Vielleicht gehört zu dieser Begründung
ja, dass sich Brague auf dem „Vorhof der Völker“ engagiert, also bei der Gesprächsinitiative
des Vatikans mit Nichtglaubenden. Der Philosoph stellt fest, dass das Christentum
generell im Westen an Ansehen gewinnt. Schleiermacher habe sich ja zur Zeit der Aufklärung
noch „an die Gebildeten unter den Verächtern“ der Religion gewandt.
„So
ist diese Verachtung jetzt in gewissen aufgeklärten Kreisen jetzt nicht mehr Mode:
Man entdeckt wieder eine gewisse Achtung – das Gegenteil von Verachtung – dem Religiösen
gegenüber.“
Doch diese gewissermaßen „kulturelle Achtung“ gegenüber dem
Christentum ist Brague zuwenig. Er hat für Leute, die nicht an Christus glauben, aber
an das Christentum als kulturelle Leistung, den Begriff „Christianisten“ geprägt.
„Die Christen sind keine Christianisten! Es ist besser, Christianist zu
sein als gar nichts, und zwar weil die Anwesenheit dieser Kulturleistungen eine Tatsache
ist, und zwar eine gewaltige Tatsache. Doch die Leute, die diese Errungenschaften
geleistet haben, waren eben keine Christianisten, sondern echte Christen. Sie taten,
was sie taten, weil sie an Christus glaubten und nicht nur allgemein an die westliche
oder abendländische Kultur:“
Am heutigen Papst gefällt Professor Brague
vor allem sein klares Denken und bildhaft-überlegtes Sprechen. 1999 hat er einmal
den damaligen Kardinal Joseph Ratzinger zu einem Vortrag an die Pariser Sorbonne eingeladen:
„In
diesem Palast der französischen Laicité sprach der Großinquisitor mit einer akademischen
Autorität, die derjenigen anderer Akademiker turmhoch überlegen war! Das war lustig!
Wir hatten gerade ein dummes und schwulstiges Referat von einer Person, deren Namen
ich hier nicht nennen möchte, gehört, und danach kam eine mustergültige Vorlesung
von einem deutschen Akademiker: Das war so lustig! Ich musste kichern…“