2012-10-15 13:31:25

Türkei/Vatikan: Ohne Religionsfreiheit keine Gerechtigkeit


RealAudioMP3 Der Vatikan hat am Samstag erneut betont, dass die Religionsfreiheit für Gerechtigkeit und Frieden unabdingbar sei. Beim ‚Istanbul World Forum’, das vergangenes Wochenende am Bosporus veranstaltet wurde, sagte der Sekretär des Vatikanrats für Interreligiösen Dialog, Religionen leisteten einen wesentlichen Beitrag im gesellschaftlichen Diskurs. Sie könnten zudem dabei helfen, den Frieden zu sichern, so der spanische Pater Miguel Ángel Ayuso Guixot. Dazu dürfe aber ihre Ausübung nicht eingeschränkt werden.

Beim ‚Istanbul World Forum 2012’ unter dem Motto ‚Gerechtigkeit und der Aufbau einer neuen globalen Ordnung’ wurden zwei Tage lang soziale, politische und wirtschaftliche Fragen diskutiert. Immer ging es dabei nicht nur um lokale, sondern auch um globale Probleme. Zu dem internationalen Treffen waren Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in die Türkei gereist. Auch der Sekretär des Vatikanrats für Interreligiösen Dialog, Pater Miguel Ángel Ayuso Guixot, stand auf der Rednerliste. Im Radio-Vatikan-Interview erklärte er anschließend:

„Ich habe die Teilnehmer daran erinnert, dass Gerechtigkeit und Frieden in jedem Einzelnen - und in allen Menschen – zu suchen sei. Dazu sind gewisse Regeln und vor allem Aufrichtigkeit nötig. Wenn nur einer dieser zwei Werte bedroht ist, leiden darunter beide: Wenn die Gerechtigkeit bedroht ist, ist auch der Frieden in Gefahr. Die Ursachen vieler Probleme, die ein friedliches Zusammenleben verhindern, sind Ungleichheit und Ungerechtigkeit. Das wissen wir alle. Die Aufgabe der Religion ist es, hier ein Motor für Gerechtigkeit und Gleichheit zu sein – und zwar auch in der neuen, globalen Weltordnung. Das liegt uns allen am Herzen.“

Das Forum beschäftigte sich mit Fragen der Gerechtigkeit unter den folgenden Gesichtspunkten: Weltordnung, Politik, Geschichte, Wirtschaftsrecht, Kunst und Medien sowie Religion. Zur Rolle der Religion erklärt Pater Ayuso:

„Tatsächlich muss die Religion für das Wohlbefinden der Gesellschaft und für eine funktionierende Gesellschaftsordnung eine Rolle spielen. Es wäre allerdings falsch, sie auf eine rein gesellschaftliche Funktion zu beschränken. Leider wird die Rolle der Religion in der modernen Gesellschaft oft missverstanden und nicht geschätzt. Oft wird sie sogar als Quelle für Konflikte in der modernen Gesellschaft kritisiert.“

Dabei müsse man unterscheiden zwischen richtiger und falsch verstandener Religiosität:

„Bei seinem Großbritannien-Besuch 2010 stellte Papst Benedikt XVI. fest, dass ‚einige entstellte Formen der Religion, zum Beispiel Sekten und Fundamentalismus’ soziale Probleme schaffen können. Aber Religion, die im richtigen Sinne verstanden und gelebt wird, muss laut Benedikt XVI. in politischen Debatten eine wichtige Rolle spielen. Sie soll, so der Papst, helfen, ‚Reinheit zu finden und die Gedanken auf der Suche nach moralischen Prinzipien erleuchten’. Deshalb ist die Religion kein Problem, sondern ein lebhafter Beitrag zu den nationalen Gesprächen.“

Es gehe dabei aber nicht darum, konkrete politische Lösungen vorzuschlagen – dafür sei die Religion nicht zuständig. Ihre Aufgabe sei es aber, objektiv an moralische Regeln zu erinnern und damit an die Grundlage von Gerechtigkeit. Die Gesellschaft wiederum müsse auch der Religion den nötigen Raum geben:

„Religionsfreiheit ist das Herz des sozialen Projekts. Sie ist nötig für soziale Gerechtigkeit. Die Religionsfreiheit ist deshalb die Basis für alle anderen Arten von Freiheit.“

Nach dem „Istanbul World Forum“ zieht der Sekretär des Päpstlichen Rats für Interreligiösen Dialog insgesamt ein positives Fazit. In Anlehnung an Papst Benedikt habe er die Teilnehmer daran erinnert, dass Gedanken des Friedens, Worte des Friedens und Handlungen des Friedens eine Atmosphäre des Respekts schaffen könnten. Pater Ayuso hofft nun, dass politische und religiöse Führer über diese Worte nachdenken werden.

Außer Guixot nahm auch der päpstliche Nuntius in der Türkei und Turkmenistan, Erzbischof Antonio Lucibello, an der Veranstaltung teil; unter den Teilnehmern waren außerdem der ökumenische Patriarch Bartholomaios, der Großmufti von Jerusalem und Scheich Hamsa Yusuf vom Zaytuna College in Kalifornien.

(rv 15.10.2012 mc/sta)








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