2012-10-14 11:09:26

Werner Arber: „Ehrfurcht ist Brücke zu Gott“


RealAudioMP3 Der Vatikan will mit der Neuevangelisierung auch Naturwissenschaftler ansprechen. Deshalb nahm ein bekannter Vertreter der Naturwissenschaften an einer Generalkongregation auf der gegenwärtigen Synode im Vatikan teil. Werner Arber ist Mikrobiologe und Nobelpreisträger. Der Schweizer Reformierte ist auch Präsident der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Am Freitagabend sprach er vor den Synodenvätern und vor dem Papst über den Dialog zwischen Glaube und Naturwissenschaften. Mario Galgano hat ihn gefragt, wie sein Wortbeitrag in der Synodenaula aufgenommen wurde.

„Es war in der Tat das erste Mal, dass nicht nur ich persönlich, sondern auch ein Vertreter der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften an sich in direkten Dialog mit den Synodenväter treten konnte. Ich bin dafür sehr dankbar. Dies verstärkt die Kontakte vieler Wissenschaftler mit der katholischen Kirche. Ich war überrascht zu sehen, wie die Kardinäle und Bischöfe in der Synodenaula sehr aufmerksam meine Darstellung verfolgt haben. Ich hatte versucht, naturwissenschaftliche Kenntnisse in einer verständlichen Sprache einzubringen. Bei vielen Zuhörern ist das meiner Meinung nach gut angekommen.“

Sie haben in Ihrer Rede vor allem das Stichwort „Orientierungswissen“ benützt. Können Sie uns erläutern, inwieweit Glaube und Wissenschaft eine Orientierung darstellen?

„Für mich ist das Orientierungswissen sehr wichtig. Alle Menschen haben ein Orientierungswissen. Es basiert auf frühkindlichen Erfahrungen. Auch die Erziehung spielt eine wichtige Rolle. Orientierungswissen bedeutet, dass wir sehr viel von unserer Umwelt wissen, in der wir uns befinden. Durch die Fortschritte in der wissenschaftlichen Erforschung, die in den vergangenen Jahrzehnten sogar stark zugenommen haben, verstehen wir heute auch die Prozesse der biologischen Evolution besser, die ich den Synodenvätern dargestellt habe. Ich habe das mit der kosmischen Evolution verglichen. Das habe ich versucht, mit einfachen Worten zu erklären und die positiven Reaktionen im Anschluss haben mich sehr gefreut.“

Inwieweit kann der Glaube eine Orientierung für die Wissenschaft sein?

„Ich würde sagen, dass Glaube und Wissenschaft komplementär sind. Die Naturwissenschaften können nicht alle Fragen, die uns Menschen beschäftigen, beantworten. Doch der Glaube ist nicht einfach ein Lückenbüßer für die Nichtbeantwortung dieser Fragen. Der Glaube soll alles integral verstehen. Ich habe verstanden, dass der Wille der Synode zur Neuevangelisierung darin besteht, die Evangelisierung ernst zu nehmen und das Leben so zu verstehen, wie wir es auch von der naturwissenschaftlichen Seite her tun. Dazu kommt natürlich auch der Glaube an Gott. Die Naturwissenschaften können bis heute sicher – und sehr wahrscheinlich auch für die Zukunft – nicht beweisen, dass Gott weder existiert noch dass er nicht existiert. Aber der Glaube ist etwas sehr Wertvolles, denn bei allen Völkern kommt durch die Beobachtung der Natur die Ehrfurcht ins Spiel und Ehrfurcht ist die Brücke zu Gott.“

Wie hat der Papst auf Ihren Wortbeitrag reagiert?

„Er hat sehr nette Worte für meine Rede gefunden. Benedikt XVI. war – so glaube ich zumindest – beeindruckt. Doch detailliert hat er keine Meinung geäußert.“

Arber sprach sich dafür aus, dass die Zivilgesellschaft und die Kirche bereit sein müssen, zusammen mit Wissenschaftlern und der Wirtschaft Mitverantwortung für eine neue Gestaltung der Zukunft zu übernehmen - zum Nutzen für die Menschheit und ihre Umwelt.

(rv 14.10.2012 mg)








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