Naher Osten: Neuer Patriarch wird in vierzig Tagen gewählt
Die armenisch-apostolische Kirche von Jerusalem wählt Ende November einen Nachfolger
für ihren Patriarchen Torkom II. Manoogian. Das Kirchenoberhaupt war am Freitag nach
langer Krankheit im 94. Lebensjahr gestorben; er wird am 22. Oktober auf dem armenischen
Friedhof auf dem Jerusalemer Zionsberg beigesetzt. Wahlgremium für den 97. Patriarchen
ist die Vollversammlung der armenischen Bruderschaft des Heiligen Jakobus. Der Gewählte
benötigt zur Gültigkeit seiner Wahl die Zustimmung Israels sowie des jordanischen
Königs. Die armenisch-apostolische Kirche hat eine lange Präsenz im Heiligen Land.
Bereits im Jahr 301 erhob der armenische König Trdat III. das Christentum zur Staatsreligion
seines Reiches. Zum Bruch mit der römischen Kirche kam es 555, als die armenische
Kirche die Beschlüsse des Konzils von Chalcedon (451) verurteilte.
Heute
gibt es weltweit etwa sieben Millionen armenisch-apostolische Gläubige, etwa zwei
Drittel von ihnen leben in der Diaspora. Oberhaupt der armenisch-apostolischen Kirche
ist der „Oberste Patriarch und Katholikos aller Armenier“ mit Amtssitz im armenischen
Etschmiadzin. Das Patriarchat von Jerusalem geht zurück ins 7. Jahrhundert und steht
seit 1311 in ungebrochener Sukzession. In den Zuständigkeitsbereich der autonomen
Kirche fallen Israel, die Palästinensergebiete und Jordanien. Nach Schätzungen lebten
bis zur Staatsgründung Israels 1948 etwa 16.000 armenische Christen in Jerusalem.
Die Angaben zu den heutigen Zahlen schwanken zwischen 1.000 und 2.000 Gläubigen, die
im armenischen Viertel der Jerusalemer Altstadt leben, dessen Zentrum der Patriarchatssitz
ist. Seit 1925 bildet die Kirche in Jerusalem ihren eigenen Priesternachwuchs aus.
Der Rektor des Österreichischen Pilgerhospizes in Jerusalem würdigt die
„vorbildgebende Weisheit und Menschenfreundlichkeit“ des verstorbenen Patriarchen
Torkom II. Manoogian. „Nicht nur den Gläubigen seines Patriarchates war er ein stets
sorgender Vater, sondern auch unserem Österreichischen Hospiz in Freundschaft verbunden“,
teilte Markus Stephan Bugnyar am Samstag mit. Die Welt verliere mit dem Patriarchen
eine „leuchtende Gestalt gelebten Evangeliums“.