2012-10-11 12:19:42

Schweden: Nobelpreis an Stammzellforscher


RealAudioMP3 Die Stammzellforscher John Gurdon und Shinya Yamanaka erhalten den diesjährigen Medizin-Nobelpreis. Positive Reaktionen dazu kommen von Vertreter der katholischen Kirche. Die beiden Forscher gelten als Vorbild für ein ethisch korrektes Vorgehen, weil sie mit adulten Stammzellen arbeiten. Kurienkardinal Elio Sgreccia ist Präsident der Lebensschutz-Stiftung „Ut vitam habeant“ und ehemaliges Mitglied der italienischen Bioethikkommission. Er begrüßt die Auszeichnung der beiden Forscher: Es sei wichtig, dass sich die Wissenschaft mit adulten Stammzellen beschäftige, sagte Sgreccia im Gespräch mit Radio Vatikan.

„Die adulten Stammzellen haben bereits vielversprechende Resultate hervorgebracht, während es bei embryonalen Stammzellen keine nennenswerte Ergebnisse gibt. Aus katholischer Sicht ist die embryonale Stammzellforschung nicht hinnehmbar, weil das ungeborene Leben zerstört wird. Die adulte Stammzellforschung hingegen ist eine ethisch akzeptable Variante.“

Das schwedische Nobelpreis-Komitee hatte am Montag bekanntgegeben, die wichtigste Auszeichnung der medizinischen Wissenschaft in diesem Jahr an John B. Gurdon von der University of Cambridge und Shinya Yamanaka von der Kyoto University zu verleihen. Beide Forscher haben Grundsteine für jene Forschung gelegt, die reife Körperzellen erwachsener Lebewesen zu noch wandlungsfähigen Stammzellen, sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (IPS), zurückverwandelt. Diese Entdeckung könnte das Klonen von Menschen bald möglich machen, warnt Weihbischof Anton Losinger der die katholische Kirche im Deutschen Ethikrat vertritt, im Münchner Kirchenradio.

„Das Wissen um rückprogrammierbare Zellen hat in jedem Fall weitreichende Folgen. Der Vorteil liegt darin, dass man in Zukunft auf die Verwendung embryonaler Stammzellen verzichten kann. Das ist eine sehr positive Wendung. Wenn aber bei der Reprogrammierung von Körperzellen nicht nur pluripotente Zellen, sondern auch totipotente Zellen erzeugt werden können, ist man nicht mehr weit entfernt von der Frage des Klonens von Menschen. Aus einer totipotenten Zelle lässt sich im Unterschied zur pluripotenten ein ganzes Individuum entwickeln.“

Die reproduktive und medizinische Absicht des Klonens, menschliche Wesen aus Körperzellen zu erzeugen, sei zwar noch Zukunftsmusik. Trotzdem werde mit den neuesten Erkenntnissen „eine Schallmauer durchbrochen“, so der Augsburger Weihbischof weiter.

„Das zeigen aktuelle Forschungen in Japan. Dort hat man es bereits geschafft, aus Körperzellen von Mäusen lebendige Mäuse herzustellen. Wenn es sich abzeichnet, dass reproduktives Klonen von Menschen möglich wird, dann muss der Gesetzgeber handeln. Außerdem muss vor dem Bundesverfassungsgericht geklärt werden, was es bedeutet, wenn ein Mensch identisch zu einem existierenden Menschen durch ein Klonverfahren hergestellt werden kann.“

Der Wiener Theologe und Bioethiker Matthias Beck sieht das genauso. Denn obwohl es noch Zukunftsmusik sei, könne man Körperzellen Erwachsener zu IPS-Zellen reprogrammieren und daraus Ei- und Samenzelle herstellen, was in Tierversuchen bereits gelinge.

„Das wäre zunächst ethisch auch unbedenklich. Aber wenn man damit Embryonen herstellt, was macht man mit ihnen? Angesichts sinkender Fertilität sind derartige Szenarien nicht auszuschließen. Ich rate, fürs erste die Forschungsergebnisse abzuwarten, wofür sich IPS tatsächlich einsetzen ließen, ehe sicherlich eine neue ethische Diskussion stattfinden wird.“

Die Nominierung zweier Pioniere der Erforschung pluripotenter Stammzellen für den Medizinnobelpreis 2012 ist für den Wiener Theologen Beck dennoch ein „großer Schritt in die richtige Richtung“.

„Die vor zehn Jahren begonnene embryonale Stammzellenforschung für die Therapie sehe ich mittlerweile auf europäischer Ebene als tot: Man hat gemerkt, dass die embryonalen Stammzellen zur Krebserkrankung führen. Diese Gefahr trifft bisher auch auf die IPS-Zellen zu. Dennoch stufe ich diesen Forschungsbereich als zukunftsträchtig ein und halte es für möglich, dass in absehbarer Zeit Therapien begonnen werden.“

Forscher reagierten auf die Entscheidung des Nobelpreis-Komitees zunächst mit der Hoffnung, dass sich aus den von Gurdon und Yamanaka entdeckten Stammzellen eines Tages Ersatzgewebe oder sogar ganze Organe erschaffen lassen können, die vom Empfänger nicht abgestoßen werden. Der Medizin-Nobelpreis wird am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, in Stockholm verliehen.

(rv/münchner kirchenradio/kap 09.10.2012 mg)







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