Das Zweite Vatikanische
Konzil und die Neuevangelisierung standen an diesem Mittwoch im Zentrum der Gedanken
des Papstes. Am 11. Oktober, genau fünfzig Jahre nach dem Beginn der historischen
Bischofsversammlung, eröffnet Benedikt XVI. an diesem Donnerstag das Jahr des Glaubens,
parallel läuft weiter die Bischofssynode zur Neuevangelisierung im Vatikan. Benedikt
XVI. verwies in seiner Katechese bei der Generalaudienz auf die Notwendigkeit einer
inneren Erneuerung des Glaubens:
„Johannes XXIII. hat das Konzil einberufen
aus dem Bewusstsein heraus, dass das Christentum müde geworden war und nicht mehr
recht in der Zeit zu stehen schien, in Sprache und Formen der Vergangenheit zugehörig
schien. So hat er das Stichwort ‚Aggiornamento’ geprägt, ,es wieder auf den Tag bringen‘.
Das heißt nicht ein äußerliches Neuanstreichen des Glaubens, sondern es bedeutet,
seine innere Gegenwart neu zu entdecken. Er wollte, dass die ständige und lebendige
innere Gegenwart des Glaubens wieder sichtbar wird, dass er heute lebt und die Welt
und die Menschen von heute formt.“
Die Botschaft des Konzils für heute
sei die Wirklichkeit Gottes, so der Papst – Gott sei keine „Hypothese“.
„In
diese einfache Mitte des Glaubens hinein wollte und will das Konzil uns wieder führen.
Und wir wollen sie heute neu erlernen und so wieder heute Christen sein, damit heute
Gott in die Welt hinein leuchte und so der Mensch seine Würde wieder neu entdecken
kann, denn wenn Gott wegfällt, ist auch unsere Würde dürftig geworden.“ In
diesem Sinne bleibe das Konzil bis heute ein Aufruf zur Neuevangelisierung jedes Einzelnen:
„Ein Aufruf, jeden Tag neu die Schönheit unseres Glaubens zu entdecken, uns
in einer tiefen Beziehung zu Christus zu festigen und so unsere Taufberufung in Fülle
zu leben.“
Benedikt XVI. als Theologe auf dem Konzil
Im
italienischen Redeteil schilderte Benedikt XVI., wie er selbst als beratender Konzilstheologe
und als Begleiter des damaligen Kölner Erzbischofs, Kardinal Josef Frings, das Zweite
Vatikanische Konzil erlebte – nämlich als Ereignis der „Freude“, „Hoffnung“ und „Ermutigung“
für die katholische Kirche.
„Für mich war es eine einmalige Erfahrung:
Nach dem ganzen Eifer und Enthusiasmus der Vorbereitung konnte ich eine lebendige
Kirche sehen – fast 3.000 Konzilsväter aus aller Welt unter Führung des Nachfolgers
des Apostels Petrus – die sich in die Schule des Heiligen Geistes begibt, des wahren
Motors des Konzils. Wenige Male in der Geschichte hat man wie damals konkret die Universalität
der Kirche fast berühren können, in einem Moment der großen Verwirklichung seiner
Mission, das Evangelium in jede Zeit und bis zu den Grenzen der Erde zu tragen.“
Anders
als bei anderen Konzilien der Kirchengeschichte – Benedikt XVI. hielt hier Rückschau
auf die Bischofsversammlungen im Laufe der Jahrhunderte – habe es beim Zweiten Vatikanum
keine „besonderen Fehler des Glaubens“ gegeben, die es „zu korrigieren oder zu verdammen“
galt, so der Papst. Auch habe es keine Fragen der Kirchendoktrin gegeben, die man
hätte klären müssen. Vor diesem Hintergrund sei die Ankündigung des Zweiten Vatikanischen
Konzils durch Papst Johannes XXIII. am 25. Januar 1959 „überraschend“ gekommen und
habe einen neuen Abschnitt markiert: Nicht die Lehre habe zur Debatte gestanden, sondern
die Art und Weise ihrer Vermittlung.
„Zurück zur Essenz des Glaubens“
Paul VI. habe in seiner Abschlusspredigt am Ende der letzten Konzilssitzung
am 7. Dezember 1965 „Worte von außergewöhnlicher Aktualität“ gefunden, um die Herausforderungen
für die katholischen Kirche zu umschreiben, führte Benedikt XVI. aus: Der wissenschaftliche
Fortschritt, der Zuwachs an Individualismus und menschlicher Selbstreflektion sowie
der Wille zur Freiheit, die Weltbezogenheit der Gesellschaft und ihre „Gottvergessenheit“.
Diese Gottvergessenheit bestehe bis heute, so Benedikt XVI., sie mache eine Erneuerung
des Glaubens aus seiner Essenz heraus nötig:
„Ich denke nun also, dass wir
die einfachste und grundlegendste Lektion des Konzils lernen müssen: dass das Christentum
in seiner Essenz im Glauben an Gott besteht, der die dreifaltige Liebe ist. Dass das
Christentum in der Begegnung, der persönlichen und gemeinschaftlichen, besteht – mit
Christus, der das Leben orientiert und führt. Der Rest folgt all dem.“
Papstgrüße
auch auf Arabisch
Zum ersten Mal hat es bei der Generalaudienz an diesem
Mittwoch auch eine arabische Zusammenfassung der Papstworte gegeben. Damit wolle der
Papst den Christen des Nahen Ostens sein Interesse und seine Unterstützung zeigen,
hatte Vatikansprecher Federico Lombardi am Dienstag angekündigt. In seinen Grußworten
an die deutschsprachigen Pilger kam der Papst auf das Thema Gebet zu sprechen:
„Christus
lädt uns ein, die Freundschaft mit ihm im Gebet zu pflegen und so gemeinsam für eine
bessere Zukunft zu leben. Bitten wir ihn um seinen Heiligen Geist, der die Liebe in
der Welt zum Sieg führt. Der Herr geleite euch als seine frohen Jünger auf allen euren
Wegen.“
(rv 10.10.2012 pr)
Der vollständige Text des
deutschen Teils der Generalaudienz: Liebe Brüder und Schwestern, morgen
sind es 50 Jahre, Papst Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil eröffnet hat
und an diesem Tag beginnen wir auch ein Jahr des Glaubens, um uns wieder neu in das
Wollen dieses Konzils und das Wollen des Herrn selbst hinein zu begeben, Glauben zu
lernen und aus dem Glauben zu leben. Johannes XXIII. hat das Konzil einberufen
aus dem Bewusstsein heraus, dass das Christentum müde geworden war und nicht mehr
recht in der Zeit zu stehen schien, in Sprache und Formen der Vergangenheit zugehörig
schien. So hat er das Stichwort ‚Aggiornamento’ geprägt, „es wieder auf den Tag bringen“.
Das heißt nicht ein äußerliches neu Anstreichen des Glaubens, sondern es bedeutet
seine innere Gegenwart neu zu entdecken. Er wollte, dass die ständige und lebendige
innere Gegenwart des Glaubens wieder sichtbar wird, dass heute lebt und die Welt und
die Menschen von heute formt. Wenn wir zurück schauen, können wir sagen, dass das
Wesentliche, was uns das Konzil gesagt hat, eigentlich sehr einfach ist: Gott gibt
es. Er ist nicht eine Hypothese, er ist Wirklichkeit. Und: Gott ist nicht irgendwo,
fern, sondern er ist selbst Mensch geworden. Gott ist so, wie Jesus Christus ist,
denn Christus ist Mensch und Gott. Wir können Gott begegnen, auf ihn zu leben und
so unser Leben und unsere Welt reicher und größer machen. In diese einfache Mitte
des Glaubens hinein wollte und will das Konzil uns wieder führen. Und wir wollen sie
heute neu erlernen und so wieder heute Christen sein, damit heute Gott in die Welt
hinein leuchte und so der Mensch seine Würde wieder neu entdecken kann, denn wenn
Gott wegfällt, ist auch unsere Würde dürftig geworden. Wir wollen den Herrn bitten,
dass er uns hilft, das Jahr freudig zu begehen und neu den Glauben zu entdecken und
uns von ihm entdecken zu lassen und so auf den Herrn zuzugehen und so der Erneuerung
der Welt zu dienen. (…) Christus lädt uns ein, die Freundschaft mit ihm im Gebet
zu pflegen und so gemeinsam für eine bessere Zukunft zu leben. Bitten wir ihn um seinen
Heiligen Geist, der die Liebe in der Welt zum Sieg führt.