Ansprache des delegierten Vorsitzenden der Synode, Kardinal John Tong Hon, Erzbischof
von Hongkong
Lieber Heiliger Vater,
von Seiten der Synodenväter und
der Teilnehmer möchte ich Ihnen unsere herzlichen Grüße und unsere tiefe Dankbarkeit
zum Ausdruck bringen dafür, dass Sie uns zur dieser Versammlung der Bischofssynode
eingeladen haben. Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen
Glaubens ist in der Tat ein dringliches Thema, weil viele Menschen in der Welt
unseren Herrn Jesus Christus immer noch nicht kennen und viele der Getauften die Glaubenspraxis
aufgegeben haben.
Vor fünfzig Jahren hat uns das Zweite Vatikanische Konzil
ermutigt “hinauszufahren” (Lk 5,4). In ähnlicher Weise müssen wir uns auch heute die
Gemeinschaft der frühen Kirche (Apg 2,42-47) zum Vorbild nehmen für die Evangelisierung.
Die Mitglieder dieser Gemeinschaft besaßen drei Eigenschaften, die mit den drei griechischen
Worten didache, koinonia und diakonia beschrieben werden können.
Didache bedeutet Lehre, die nicht nur Theorie ist, sondern vielmehr eine persönliche
Annahme des menschgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus. Koinonia
bedeutet Gemeinschaft auf verschiedenen Ebenen: grundsätzlich mit Gott; und dann
mit allen Gliedern der Kirche; und in noch weiterem Sinn mit den Menschen der ganzen
Welt, insbesondere mit den Armen. Diakonia bedeutet Dienst, von dem Jesus uns
lehrt, dass wir uns nicht bedienen lassen, sondern dass wir dienen sollen, auch bis
zur totalen Selbsthingabe am Kreuz (vgl. Mt 20,28). Für diese drei Eigenschaften gibt
es in Hongkong, Macao und Festlandchina Zeugnisse.
In Hongkong erlebten viele
Familien vor der Rückkehr der Stadt unter die Souveränität von China 1997 eine Krise
aufgrund der Angst davor, unter einem kommunistischen Regime zu leben. Der Begriff
“Krise” besteht in der chinesischen Sprache aus zwei Zeichen: “Gefahr” und “Chance”.
So kehrten angesichts der Krise der Unsicherheit auch nicht-praktizierende Katholiken
auf der Suche nach einer geistlichen Unterstützung zur Kirche zurück. Und viele Gläubige
nahmen an den Katechesen, Bibelkursen und theologischen Seminaren teil, um ihren Glauben
zu vertiefen und das Evangelium verkünden zu können. Heute hat unsere Diözese mehr
als eintausend gut ausgebildete freiwillige Katecheten. In diesem Jahr haben mehr
als dreitausend Erwachsene in der Osternacht die Taufe empfangen.
Macao, unsere
Nachbardiözese, hat ähnliche Bemühungen unternommen und in den letzten Jahren eine
wachsende Zahl von Taufen erlebt.
Der Pfarrer einer ländlichen Gemeinde in
Nordchina hat mir von seinen Erfahrungen bei der Evangelisierung erzählt. Nachdem
er viel gebetet hatte, beschloss er, die Pfarrgemeinde in zwei Gruppen mit verschiedenen
Aufgaben einzuteilen. Den Neugetauften gab er den Auftrag, ihre nicht-katholischen
Freunde und Verwandten zur Katechese zu bringen, und denen, die schon länger den katholischen
Glauben angenommen hatten, gab er den Auftrag, die Katechumenen im Katechismus zu
unterrichten. Während des Katechismusunterrichts betete der Pfarrer mit ganzem Herzen
in der Kirche. Schließlich gab es in der Pfarrei mehr als tausend Taufen pro Jahr.
Unter
den Merkmalen von didache, koinonia und diakonia, wie sie beispielhaft
in der frühen Kirche gelebt wurde und sich in den oben genannten Zeugnissen widerspiegeln,
scheint mir die didache am wichtigsten zu sein, denn Gott wirkt durch uns als
Seine Zeugen. Wir müssen in der heutigen Zeit angesichts einer in der Welt vorherrschenden
materialistischen Kultur und angesichts des Problems der abgefallenen Katholiken in
der Kirche eifrige Zeugen unseres Glaubens sein. Wir müssen ebenso den jungen Menschen
Aufmerksamkeit schenken, woran der Heilige Vater uns immer wieder erinnert: “Mögen
die jungen Menschen den Jugendlichen das Evangelium verkünden.” Gottes Heilsplan ist
wundervoll. Ich bin sicher, dass wir mit Glauben, Hoffnung und Liebe in unserem Evangelisierungsauftrag
Erfolg haben werden.
Lieber Heiliger Vater, die Synodenväter und die Teilnehmer
danken Ihnen für ihre freundliche Aufmerksamkeit. Sie freuen sich darauf, Ihre Worte
und Ihr Zeugnis zu hören.