Das Urteil gegen den früheren Kammerdiener des Papstes hat weltweit ein starkes Medienecho
gefunden. Paolo Gabriele ist am Samstag von einem Vatikangericht wegen Dokumentendiebstahls
zu achtzehn Monaten Haft verurteilt worden. Papstsprecher Federico Lombardi kündigte
an, eine Begnadigung Gabrieles durch Benedikt XVI. sei „wahrscheinlich“.
Der
Bischof von Mazara del Vallo, Domenico Mogavero, zeigt sich „überrascht“ über das
aus seiner Sicht „zu milde“ Urteil. „Anderthalb Jahre Haft sind sicher eine unangemessen
leichte Strafe für ein so schweres Vergehen“, wie es der Diebstahl von Papieren vom
Schreibtisch des Papstes darstelle. Er sehe „ein Problem in der juridischen Ordnung
der Vatikanstadt, die im Lauf der Jahre nicht genügend auf den neuesten Stand gebracht
worden ist“. Das sagte Mogavero im Gespräch mit der italienischen Tageszeitung „La
Stampa“. Der „Verrat einer Person, die dem Heiligen Vater so nahe stand“, sei „ein
außergewöhnlicher und bestürzender Fall“; es blieben „Grauzonen“. „Noch heute ist
das Motiv Gabrieles nicht klar. Ich frage mich, ob Vatileaks wirklich das Werk nur
eines Einzelnen gewesen sein kann.“
Der langjährige römische Staatsanwalt Antonio
Marini sprach hingegen im Interview mit dem „Corriere della Sera“ von einem „vernünftigen
Urteil, das sich an die allgemeinen Rechtsprinzipien hält“. Im Fall Gabriele sei eine
Haftstrafe von achtzehn Monaten „absolut vernünftig“ und „absolut normal“: „Bei einem
nicht Vorbestraften wie Gabriele ist es die Regel, dass mildernde Umstände anerkannt
werden und dass man seinem Schuldeingeständnis Rechnung trägt.“ Dass sich die Vatikanrichter
auf Gabrieles Dokumentendiebstahl konzentriert hätten, statt eine mögliche Beteiligung
Dritter zu durchleuchten, entspreche „dem Kriterium einer vernünftigen Prozessdauer“.
Aus seiner „jahrzehntelangen Erfahrung“ heraus habe er keineswegs den Eindruck, der
Vatikan wolle die Akte so schnell wie möglich schließen, um Vatileaks in Vergessenheit
geraten zu lassen. Marini war an vielen berühmten Prozessen in Rom beteiligt, darunter
dem gegen den Papstattentäter Mehmet Ali Agca.