2012-10-07 12:59:44

„Zu mildes Urteil“? Nein, „völlig normal“


Das Urteil gegen den früheren Kammerdiener des Papstes hat weltweit ein starkes Medienecho gefunden. Paolo Gabriele ist am Samstag von einem Vatikangericht wegen Dokumentendiebstahls zu achtzehn Monaten Haft verurteilt worden. Papstsprecher Federico Lombardi kündigte an, eine Begnadigung Gabrieles durch Benedikt XVI. sei „wahrscheinlich“.

Der Bischof von Mazara del Vallo, Domenico Mogavero, zeigt sich „überrascht“ über das aus seiner Sicht „zu milde“ Urteil. „Anderthalb Jahre Haft sind sicher eine unangemessen leichte Strafe für ein so schweres Vergehen“, wie es der Diebstahl von Papieren vom Schreibtisch des Papstes darstelle. Er sehe „ein Problem in der juridischen Ordnung der Vatikanstadt, die im Lauf der Jahre nicht genügend auf den neuesten Stand gebracht worden ist“. Das sagte Mogavero im Gespräch mit der italienischen Tageszeitung „La Stampa“. Der „Verrat einer Person, die dem Heiligen Vater so nahe stand“, sei „ein außergewöhnlicher und bestürzender Fall“; es blieben „Grauzonen“. „Noch heute ist das Motiv Gabrieles nicht klar. Ich frage mich, ob Vatileaks wirklich das Werk nur eines Einzelnen gewesen sein kann.“

Der langjährige römische Staatsanwalt Antonio Marini sprach hingegen im Interview mit dem „Corriere della Sera“ von einem „vernünftigen Urteil, das sich an die allgemeinen Rechtsprinzipien hält“. Im Fall Gabriele sei eine Haftstrafe von achtzehn Monaten „absolut vernünftig“ und „absolut normal“: „Bei einem nicht Vorbestraften wie Gabriele ist es die Regel, dass mildernde Umstände anerkannt werden und dass man seinem Schuldeingeständnis Rechnung trägt.“ Dass sich die Vatikanrichter auf Gabrieles Dokumentendiebstahl konzentriert hätten, statt eine mögliche Beteiligung Dritter zu durchleuchten, entspreche „dem Kriterium einer vernünftigen Prozessdauer“. Aus seiner „jahrzehntelangen Erfahrung“ heraus habe er keineswegs den Eindruck, der Vatikan wolle die Akte so schnell wie möglich schließen, um Vatileaks in Vergessenheit geraten zu lassen. Marini war an vielen berühmten Prozessen in Rom beteiligt, darunter dem gegen den Papstattentäter Mehmet Ali Agca.

(stampa/corriere 07.10.2012 sk)








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