Vor 22 Jahren wurde
Deutschland wiedervereinigt: Die zentralen Feiern zum Tag der Deutschen Einheit fanden
diesmal in München statt. Auftakt war ein ökumenischer Gottesdienst der beiden Münchner
Bischöfe, Kardinal Reinhard Marx (katholisch) und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm
(evangelisch). Beide rieten den Deutschen in ihren Predigten, sie sollten in der Eurokrise
nicht anderen Ländern gegenüber überheblich sein. „Wir sind nicht alleine als Deutsche
unterwegs, sondern wir sind unterwegs als Europäer“, formulierte Marx: Ohne die Gemeinschaft
in Europa hätte es aus seiner Sicht wohl keine deutsche Einheit gegeben. Dem Kölner
Domradio sagte der Kardinal, es gebe durchaus Parallelen zwischen der deutschen Einigung
vor 22 Jahren und den heutigen Mühen um eine Einheit Europas.
„Nur ist Europa
ein noch größeres Projekt - aber auch ein einfacheres: Wir sind als demokratische
Länder zusammen, niemand wird gezwungen. Die Deutsche Einheit kam zunächst auch deshalb
nicht zustande, weil sich ein Teil Deutschlands in kommunistischer Unterdrückung befand
und nicht eigenständig entscheiden konnte. Das ist vorbei. Aber sich in Freiheit zu
einigen, ist auch eine gewaltige Aufgabe. Sich in einem Kompromiss nach vorne zu bewegen
und dabei Solidarität zu üben, eine Schicksalsgemeinschaft zu werden und das in den
politischen Institutionen zu zeigen. Vielleicht ist das die zentrale Aufgabe des 21.
Jahrhunderts - auch global. Denn es geht bei der Einheit Europas auch darum, einen
Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten. Die Deutsche Einheit war das Vorspiel zur
größeren Einheit, die es in Europa noch geben muss!“
Nicht viele wissen,
dass es auch in Bayern noch einen Rest der Berliner Mauer gibt, die einst Deutschland
in zwei Teile spaltete. Mödlareuth heißt der 50-Seelen-Ort in Oberfranken, der jahrzehntelang
vom Eisernen Vorhang zerschnitten wurde. „Es ist für uns immer noch ein Wunder, dass
die Deutsche Einheit möglich war“, sagte der evangelische Pfarrer Gerhard Schneider
dem Münchner Kirchenradio. Es gebe immer noch eine starke Erinnerung an die Tage nach
dem Fall der Mauer: Die Einwohner des bis dahin geteilten Dorfes hätten gemeinsam
das Kirchenlied „Nun danket alle Gott“ gesungen. Erst als er 1982 nach Mödlareuth
kam, habe er begriffen, was eine Grenze bedeutet, so Schneider. Er sei auf Menschen
getroffen, die im Sperrgebiet auf der thüringischen Seite bis zu fünf Geschwister
hatten, von denen sie durch die Mauer getrennt waren. Dramatisch seien vor allem Beerdigungen
gewesen, wenn die engsten Verwandten von der anderen Seite nicht teilnehmen konnten.
Bis
heute hat Mödlareuth übrigens zwei unterschiedliche Postleitzahlen, Telefonvorwahlen,
Fahrzeugkennzeichen und Bürgermeister. Und es hat – im Deutsch-Deutschen Museum –
noch hundert Meter Originalmauer.