Im Vatikan wird an diesem Dienstag der Prozess gegen den ehemaligen päpstlichen Kammerdiener
Paolo Gabriele fortgesetzt: In der zweiten Sitzung des vatikanischen Gerichts sollen
der Angeklagte selbst sowie mehrere Zeugen vernommen werden, unter ihnen möglicherweise
auch der päpstliche Privatsekretär Georg Gänswein. Die Verhandlungen im vatikanischen
Justizpalast begannen um 9.00 Uhr. Der Prozess gegen den Informatikexperten Claudio
Sciarpelletti soll getrennt davon stattfinden; ein Datum wurde noch nicht bekanntgegeben.
Gabriele muss sich seit Samstag wegen Diebstahls vertraulicher Dokumente vor Gericht
verantworten. Ihm drohen bis zu vier Jahre Haft. Im Zuge der sogenannten Vatileaks-Affäre
waren seit Anfang des Jahres Dokumente, die teils unmittelbar vom päpstlichen Schreibtisch
stammen, aus dem Vatikan an die Öffentlichkeit gelangt. Mit Spannung erwartet
wird, ob der päpstliche Kammerdiener an seiner Darstellung festhält, ein Einzeltäter
zu sein. In Vernehmungen durch den Untersuchungsrichter und die vatikanische Gendarmerie
hatte er sich in einem umfassenden Geständnis als solcher bezeichnet. In einem
anonym geführten TV-Interview hatte er im Februar jedoch von etwa 20 Komplizen gesprochen.
Ein psychologisches Gutachten, das der mit dem Fall betraute vatikanische Untersuchungsrichter
in Auftrag gegeben hatte, beschreibt den 46 Jahre alten Italiener als manipulierbar.
Der Präsident des vatikanischen Gerichts, Giuseppe Dalla Torre, hatte in der ersten
Sitzung einen raschen Abschluss des Prozesses angedeutet. Möglicherweise könne er
nach vier weiteren Sitzungen beendet sein, sagte Dalla Torre nach übereinstimmenden
Angaben von Prozessbeobachtern. Einige von ihnen gaben ihn zudem mit den Worten wider,
der Prozess könne binnen einer Woche beendet sein. (kna 02.10.2012 pr)