Was einmal der Sudan
war, ist seit gut einem Jahr in zwei Staaten zerfallen, Sudan und Südsudan. Die Bischöfe
beider Nachbarländer haben allerdings vor ein paar Tagen bei einer Konferenz in Juba
beschlossen, weiterhin nur eine einzige Bischofskonferenz zu bilden. Und das, obwohl
die Lage der Christen in beiden Ländern sehr unterschiedlich ist: Im mehrheitlich
muslimisch-arabischen Norden sind sie eine Minderheit, im schwarzafrikanisch geprägten
Südsudan eine Mehrheit. Erzbischof Leo Boccardi ist Päpstlicher Nuntius in Khartum.
Er erklärt im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Die Bischöfe haben immer in einer
einzigen Bischofskonferenz zusammengearbeitet, sie haben sehr brüderliche Beziehungen
untereinander. Jetzt wollten sie ein Signal der Einheit setzen in einer Region, die
immer noch auf der Suche nach Frieden und Versöhnung ist.“
Aber warum Juba,
die Hauptstadt von Südsudan, als Sitz des Sekretariats der geeinten Bischofskonferenz?
Warum nicht Khartum, die Hauptstadt von Sudan?
„Im Moment liegt einfach
die Mehrheit der neun sudanesischen Bistümer, nämlich sieben, im Südsudan. Da ist
es normal, das Sekretariat im Süden einzurichten. Wir sind hier in einer Region der
großen Entfernungen, die Begegnungen sehr kompliziert machen, die Grenze zwischen
Nord und Süd ist auch erst jetzt wiedereröffnet worden, im letzten Monat musste man
über Addis Abeba oder Nairobi reisen, um nach Juba zu gelangen!“
Aber wenn
die Bischöfe ihre Arbeit auf den Südsudan fokussieren, macht das dann nicht die Lage
der Christen im Sudan – also im Norden – noch schwieriger? Viele von ihnen sind frühere
Flüchtlinge aus dem Süden, sie leben in einem Staat mit erdrückender islamisch-arabischer
Mehrheit.
„Nein, ich glaube nicht, dass die Einrichtung des Sekretariats
der Bischofskonferenz in Juba die Christen im Norden isolieren wird. Dafür ist die
Kirche im Norden doch zu lebendig, auch wenn sie in der Minderheit ist. Viele Ordensgemeinschaften
arbeiten im Sudan: die Comboni-Missionare, die Salesianer... und auch der Päpstliche
Nuntius residiert ja weiterhin im Norden! Also, die Kirche im Norden droht nicht zu
verschwinden. Außerdem hat die kürzliche Übereinkunft von Addis Abeba ja auch den
Streit um die Staatsbürgerschaft beigelegt. Daraufhin werden viele Menschen aus dem
Süden weiterhin in Khartum bleiben wollen, und auch viele, die schon in den Südsudan
gegangen waren, werden jetzt wohl wieder nach Khartum ziehen, um dort zu arbeiten
bzw. zu studieren.“
In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba hatten Ende
letzter Woche die Präsidenten der beiden Nachbarländer mehrere Streitpunkte beigelegt,
etwa was die Ölförderung im Südsudan betrifft. Nicht geklärt wurden die Meinungsverschiedenheiten
über den Grenzverlauf. – Nach der Darstellung des Sekretärs der Bischofskonferenz
hatte der Heilige Stuhl darauf gedrängt, das Bischofskonferenz-Sekretariat von Nord
nach Süd zu verlegen – doch dem widerspricht Nuntius Boccardi.
„Der Heilige
Stuhl, genauer die Missionkongregation, hat den Umzug des Priesterseminars von Khartum
nach Juba genehmigt. Aber die Entscheidung, nur eine Bischofskonferenz zu sein und
dafür ein einziges Sekretariat zu haben, geht von den sudanesischen Bischöfen aus,
und sie haben jetzt auch unlängst bei ihrer Sitzung die Einrichtung des Sekretariats
in Juba beschlossen.“