Ein Kommentar von Charlotta Smeds, Leiterin der skaninavischen Abteilung von Radio
Vatikan, zum Cortile dei Gentili in Schweden
Mitte
September fand in Schweden der 12. Cortile dei Gentili statt. Ein Treffen zwischen
Gläubigen und Nicht-Gläubigen zum Thema „Eine Welt mit oder ohne Gott“, an dem zwei
Tage lang Menschen der schwedischen Kultur- und Wissenschaftswelt, Vertreter der
Religionen und überzeugte Atheisten zusammenfanden.
Schweden ist ein Land,
das oft post-christlich genannt wird, in dem laut Statistik mehr Boden durch Säkularisierung
erobert wurde und wo Gott Teil werden musste. Wo die Wahl, ob und wo ein Kind geboren
wird, Teil des rechtlichen Denkens ist, wie auch das Recht auf ein „Kind ohne Defekte“
und wo man eines während der Schwangerschaft „entsorgen“ kann, wenn dem nicht so ist.
Es
ist das Land, wo das Bildungsministerium den Priestern in der Schule verbietet „Gott
segne Euch“ am Ende des Schuljahres zu den Schülern zu sagen. Wo jeder Politiker (außer
einer) im Parlament gegen die Gewissensfreiheit für Arbeitskräfte im Gesundheitswesen
stimmte. Wo man die gleichen Riten der Sakramente kopiert, mit dem einzigen Unterschied,
dass jede Spur von Gott ausgeschlossen wird. Es ist das Land, wo du nicht den Platz
des Rektors bekommst, weil Du in Deinem Lebenslauf geschrieben hast, dass du gläubig
bist.
Laut Statistiken ist Gott für die Schweden nicht wichtig. Aber umgekehrt
ist er es. Schweden ist Gott nicht gleichgültig. Das weiß, wer dort als Gläubiger
lebt und Staunen, Neugier und Misstrauen erzeugt, wenn er davon spricht. Und das weiß,
wer den Cortile dei Gentili in Stockholm erlebt hat. Mit echtem Eifer sprachen
die Teilnehmer über den Glauben und die Rolle der Religion in der Gesellschaft.
Der
größte Beitrag des Cortile dei Gentili war es, ein Thema zu einer offenen Debatte
zu bringen, das in Schweden politisch und kulturell in der Öffentlichkeit falsch behandelt
wird. Nicht nur das - das zweitägige Treffen wurde im staatlichen Fernsehen zwei Mal
vollständig (6 Stunden) übertragen. Bei der Eröffnung war es von Seiten aller selbstverständlich,
die Fragen zum Thema auf sehr persönliche Art anzugehen, wobei der Schwerpunkt mehr
auf dem Glauben als auf Nicht-Glauben gesetzt war. Die Säle waren mit Menschen gefüllt,
die über viele Stunden in Ruhe zuhörten und sich am Ende nur beschwert haben, dass
die Zeit nicht gereicht hatte. Einer der Aspekte, die ans Licht gebracht und geteilt
wurden war der, dass der säkulare Fundamentalismus nicht weniger gefährlich ist, als
der religiöse Fundamentalismus.
Es gibt einen enormen Unterschied zwischen
einer Gesellschaft mit Gott und einer ohne Gott. Die Gesellschaft ohne Gott will den
Menschen ins Zentrum rücken, einen Menschen, der angesichts der Lebensumstände verzweifelt
nach Kontrolle sucht. Die Gesellschaft, die dagegen Raum für Gott lässt, nicht nur
als fernen Gedanken, aber als präsenten Teil des Lebens, setzt an Stelle der illusorisch
menschlichen Kontrolle das Vertrauen. Das Vertrauen in einen Gott, den nicht ich mir
geschaffen habe, aber der mich geschaffen hat. Teil eines guten Plans zu sein, auch
wenn es Leiden erfordert und Opfer für die Liebe.
Wir begegnen der alten Schwierigkeit
des Menschen einzusehen, Gott zu brauchen, abhängig und auch Schuldiger zu sein. Dem
Menschen kommt es zu sagen ‚Ich möchte Gott sein, ich werde mich nie wieder niederknien’.
Wieviel Weisheit gibt es dagegen in dem einfachen Satz: „Um auf den Füssen zu stehen,
ist es notwendig niederknien zu können“. Wenn das Leben ins Wanken gerät, wenn die
Familie oder die Gesellschaft zu wanken beginnt, gibt es die einfache Antwort der
Heiligen: „Kniet euch hin, ansonsten werdet ihr fallen. Lasst Platz für Gott“. Wenn
die Welt die Präsenz von Gott negiert, hat ER sicher nicht das Interesse für die Welt
verloren. Es ist wichtig, dass wir uns stets die richtige Dimension des Menschen bewusst
machen.