2012-10-01 15:40:55

Editorial: „Eine Welt mit oder ohne Gott“


Ein Kommentar von Charlotta Smeds, Leiterin der skaninavischen Abteilung von Radio Vatikan, zum Cortile dei Gentili in Schweden

Mitte September fand in Schweden der 12. Cortile dei Gentili statt. Ein Treffen zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen zum Thema „Eine Welt mit oder ohne Gott“, an dem zwei Tage lang Menschen der schwedischen Kultur- und Wissenschaftswelt, Vertreter der Religionen und überzeugte Atheisten zusammenfanden.

Schweden ist ein Land, das oft post-christlich genannt wird, in dem laut Statistik mehr Boden durch Säkularisierung erobert wurde und wo Gott Teil werden musste. Wo die Wahl, ob und wo ein Kind geboren wird, Teil des rechtlichen Denkens ist, wie auch das Recht auf ein „Kind ohne Defekte“ und wo man eines während der Schwangerschaft „entsorgen“ kann, wenn dem nicht so ist.

Es ist das Land, wo das Bildungsministerium den Priestern in der Schule verbietet „Gott segne Euch“ am Ende des Schuljahres zu den Schülern zu sagen. Wo jeder Politiker (außer einer) im Parlament gegen die Gewissensfreiheit für Arbeitskräfte im Gesundheitswesen stimmte. Wo man die gleichen Riten der Sakramente kopiert, mit dem einzigen Unterschied, dass jede Spur von Gott ausgeschlossen wird. Es ist das Land, wo du nicht den Platz des Rektors bekommst, weil Du in Deinem Lebenslauf geschrieben hast, dass du gläubig bist.

Laut Statistiken ist Gott für die Schweden nicht wichtig. Aber umgekehrt ist er es. Schweden ist Gott nicht gleichgültig. Das weiß, wer dort als Gläubiger lebt und Staunen, Neugier und Misstrauen erzeugt, wenn er davon spricht. Und das weiß, wer den Cortile dei Gentili in Stockholm erlebt hat. Mit echtem Eifer sprachen die Teilnehmer über den Glauben und die Rolle der Religion in der Gesellschaft.

Der größte Beitrag des Cortile dei Gentili war es, ein Thema zu einer offenen Debatte zu bringen, das in Schweden politisch und kulturell in der Öffentlichkeit falsch behandelt wird. Nicht nur das - das zweitägige Treffen wurde im staatlichen Fernsehen zwei Mal vollständig (6 Stunden) übertragen. Bei der Eröffnung war es von Seiten aller selbstverständlich, die Fragen zum Thema auf sehr persönliche Art anzugehen, wobei der Schwerpunkt mehr auf dem Glauben als auf Nicht-Glauben gesetzt war. Die Säle waren mit Menschen gefüllt, die über viele Stunden in Ruhe zuhörten und sich am Ende nur beschwert haben, dass die Zeit nicht gereicht hatte. Einer der Aspekte, die ans Licht gebracht und geteilt wurden war der, dass der säkulare Fundamentalismus nicht weniger gefährlich ist, als der religiöse Fundamentalismus.

Es gibt einen enormen Unterschied zwischen einer Gesellschaft mit Gott und einer ohne Gott. Die Gesellschaft ohne Gott will den Menschen ins Zentrum rücken, einen Menschen, der angesichts der Lebensumstände verzweifelt nach Kontrolle sucht. Die Gesellschaft, die dagegen Raum für Gott lässt, nicht nur als fernen Gedanken, aber als präsenten Teil des Lebens, setzt an Stelle der illusorisch menschlichen Kontrolle das Vertrauen. Das Vertrauen in einen Gott, den nicht ich mir geschaffen habe, aber der mich geschaffen hat. Teil eines guten Plans zu sein, auch wenn es Leiden erfordert und Opfer für die Liebe.

Wir begegnen der alten Schwierigkeit des Menschen einzusehen, Gott zu brauchen, abhängig und auch Schuldiger zu sein. Dem Menschen kommt es zu sagen ‚Ich möchte Gott sein, ich werde mich nie wieder niederknien’. Wieviel Weisheit gibt es dagegen in dem einfachen Satz: „Um auf den Füssen zu stehen, ist es notwendig niederknien zu können“. Wenn das Leben ins Wanken gerät, wenn die Familie oder die Gesellschaft zu wanken beginnt, gibt es die einfache Antwort der Heiligen: „Kniet euch hin, ansonsten werdet ihr fallen. Lasst Platz für Gott“. Wenn die Welt die Präsenz von Gott negiert, hat ER sicher nicht das Interesse für die Welt verloren. Es ist wichtig, dass wir uns stets die richtige Dimension des Menschen bewusst machen.

(rv 01.10.2012 ord)







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