Einer der führenden Experten für koptische Papyri hat starke Zweifel an der Echtheit
eines unlängst veröffentlichen Fragments. Aus dem angeblich aus dem vierten Jahrhundert
stammenden Text soll hervorgehen, dass Jesus verheiratet gewesen sei. In der Vatikanzeitung
„Osservatore Romano“ schreibt der Experte Alberto Camplani, über die Echtheit des
von einer Harvard-Forscherin vorgestellten Fragments lasse sich erst mehr sagen, wenn
man wisse, woher es überhaupt komme.
Er halte Echtheits-Erklärungen anderer
Experten für verfrüht, so Camplani. Doch selbst wenn der Papyrus nicht gefälscht sei,
müsse man den Text nicht unbedingt wörtlich verstehen, sondern könne ihn – wie auch
bei ähnlich gelagerten antiken Texten – metaphorisch verstehen. In dem Fall würde
Jesus meinen, dass er zu seinen Jüngern eine besonders enge Beziehung habe, so wie
ein Ehemann zu seiner Frau.
Camplani hatte das römische Treffen von Experten
für koptische Texte organisiert, auf dem die Harvard-Professorin Karen King das Fragment
vorstellte. Aus seiner Sicht, so Camplani, falle das Fehlen jedes Hinweises auf eine
Ehe Jesu in historischen Dokumenten „stärker ins Gewicht als eine wörtliche Übersetzung
einiger Formulierung in dem neuen Text, die man viel eher symbolisch verstehen sollte“.
Der Professor an der römischen Sapienza-Universität würdigt aber Kings Untersuchungen
zu dem Fragment als wissenschaftlich solide. In einem Kommentar äußert sich auch der
Herausgeber des „Osservatore“, Giovanni Maria Vian. Er ist Experte für das Urchristentum
und nennt das Fragment schlichtweg „eine Fälschung“.