Der Dialogprozess
in der deutschen Kirche trägt bereits erste Früchte. Das betont der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Es gebe keineswegs eine
„Kultur der Folgenlosigkeit“ beim Dialogprozess, meinte Zollitsch am Freitag nach
dem Abschluss der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Die Bischöfe
hätten bei ihrem Treffen in Fulda „die Bedeutung der Handlungsziele bekräftigt“, die
sich aus dem Dialogprozess, vor allem aus dessen letzter Runde in Hannover, bisher
ergäben. „Dazu gehören das Bemühen um eine angemessene Pastoral für zivil Geschiedene
und wiederverheiratete Gläubige unter Einschluss arbeitsrechtlicher Aspekte, die Sorge
um eine vermehrte Mitwirkung von Frauen in der Kirche und die Stärkung der Diakonie
vor Ort.“
„Wir schreiben das Arbeitsrecht im Hinblick auf veränderte Lebensformen
fort, was unter anderem auch theologische Klärungen verlangt. Im Zusammenhang der
Schwerpunktsetzung der Bischöfe wurde in Hannover auch die Frage der Rolle der Frauen
angesprochen. Wir sind daran interessiert, Frauen in kirchliche Verantwortung zu bringen.
Diesem Thema und möglichen Verabredungen ist der Studientag der nächsten Vollversammlung
(2013) in Trier gewidmet.“
Zum pastoralen Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten
hat die Deutsche Bischofskonferenz eine Arbeitsgruppe eingerichtet: Sie soll „Aspekte
für eine Handreichung ausarbeiten und dem Ständigen Rat vorlegen.“
„In unseren
Überlegungen fühlen wir uns von den Worten Papst Benedikt XVI. ermutigt, die er beim
Welttreffen der Familien am 2. Juni 2012 in Mailand gesagt hat: Er bezeichnete das Problem
der wiederverheirateten Geschiedenen als „eines der großen Leiden der Kirche“ und fügte
hinzu, dass es keine Patentrezepte bei der Lösung gebe. Benedikt XVI. betonte, dass
die Kirche auch diese Menschen liebe: „Es scheint mir eine große Aufgabe
einer Pfarrei, einer katholischen Gemeinde zu sein, wirklich alles nur Mögliche
zu tun, damit sie sich geliebt und akzeptiert fühlen, damit sie spüren,
dass sie keine ‚Außenstehenden’ sind, auch wenn sie nicht die Absolution
und die Eucharistie empfangen können: sie müssen sehen, dass sie auch so vollkommen
in der Kirche leben.“ “
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz
äußerte sich auch zum Dekret zum Kirchenaustritt, das die Bischöfe letzte Woche veröffentlicht
haben. Er unterstrich, „ dass es hier nicht einfach um die Frage der Kirchensteuer
geht, wie in manchen Medien zu lesen war”.
„Es geht um die Kirchenmitgliedschaft
und die Sakramentalität der Kirche. Wer „austritt“, verlässt die Kirche und hat an
deren sakramentalen Vollzügen keinen aktiven Anteil wie zuvor. Mit dem Dekret, das
in Abstimmung mit dem Heiligen Stuhl entstanden ist, haben wir die Konsequenzen festgelegt,
die jemanden treffen, wenn er durch zivilen „Austritt“ die Kirche verlässt: Ein ziviler
„Kirchenaustritt“ ist eine förmliche Distanzierung von der Kirche und schwere Verfehlung
gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft.“
Zollitsch erinnerte auch an den
Papstbesuch in Deutschland vor genau einem Jahr und an die von Benedikt XVI. angestoßene
Debatte über eine nötige „Entweltlichung“ der Kirche. Die Säkularisierung sei „kein
rein negatives Phänomen“, meinte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.
Immerhin habe sie „in Europa sowohl für die Individuen als auch für die Kirche große
Freiheitspotentiale erschlossen, ja das Christentum selbst hat wesentliche Denkvoraussetzungen
bereitgestellt, die eine recht verstandene Säkularisierung und eine „Entgöttlichung“
der Welt erst ermöglichten”. Eine „kritische Auseinandersetzung” müsse aber „jenen
Säkularisierungstendenzen gelten, bei denen der Glaube ins rein Private abgedrängt
und aus dem Raum des öffentlichen Diskurses ausgeschlossen wird“, so Zollitsch.
Zum
Thema Religionsunterricht erklärte der Freiburger Erzbischof, die deutschen Bischöfe
wollten sich „auch in der Zukunft politisch für den Erhalt des Religionsunterrichts
einsetzen, wie er im Grundgesetz (Art. 7 Abs. 3) garantiert ist“. „Ebenso werden wir
die Qualitätsentwicklung des Faches nach Kräften unterstützen.” Die Reli-Stunde könne
allerdings „weder die religiöse Erziehung in der Familie noch die Katechese in
den Gemeinden ersetzen”. Die Revision der „Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift“
komme „gut und zügig voran“, berichtete Zollitsch außerdem; und zum 50. Jahrestag
des Konzilsbeginns stellte er ein Hirtenwort der deutschen Bischöfe vor. Um die „schwierige
Lage der Bistumspresse“ ein wenig zu lindern, setzen die Bischöfe auf eine stärkere
Nutzung der „crossmedialen Potentiale und Synergien der Bistumszeitungen“. Zum 1.
Januar 2013 werde für zwei Jahre ein Koordinator für die Bistumspresse eingestellt,
der diese Potentiale sichtbar und intensiver nutzbar machen soll.
Auch eine
wichtige Personalentscheidung haben die deutschen Bischöfe bei ihren Gesprächen in
Fulda getroffen: Neuer Ökumene-Verantwortlicher wird der Magdeburger Bischof Gerhard
Feige. Eigentlicher Schlusspunkt der Herbst-Vollversammlung war ein Gottesdienst der
Bischöfe am Freitag Morgen. Dabei kritisierte der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van
Elst in seiner Predigt eine „Hegemonie des Verdachts und pauschaler Verurteilung gegenüber
der Kirche“. Dadurch könnten „notwendige Umkehr und zaghafter Aufbruch“ erstickt werden.
Notwendig seien konstruktive Kritik, Mitgefühl und Aufeinanderhören. Der Bischof rief
die Christen auf, nicht zu resignieren und auszutreten. „Nur wer bleibt, kann verändern“,
sagte er. „Wer geht, fehlt, wenn es darum gehen muss, unserem Glauben wieder ein lebendiges
Gesicht zu geben.“