Eckart von Hirschhausen: Religion hat eine ähnliche Funktion wie Humor
In unserer Sendung
‘Menschen in der Zeit’ spricht Aldo Parmeggiani in dieser Ausgabe mit dem Humoristen,
Schriftsteller und Arzt Eckart von Hirschhausen. Er studierte Medizin und Wissenschaftsjournalismus
in Berlin, London und Heidelberg. Eine seiner Spezialitäten ist: medizinische Inhalte
in humorvoller Art zu vermitteln. Sein Motto: Ein Glück kommt selten allein. Eckart
von Hirschhausen feiert im September seinen 45. Geburtstag.
Herr Dr. von
Hirschhausen: Wurde Ihnen der Humor in die Wiege gelegt?
‘Ich glaube ja jeder
Mensch hat Humor, die Gefahr besteht nur, dass man seinen Humor verliert. Ein guter
Ort, um Humor einzüben, ist sicherlich die Familie. Gut, wenn man viele Geschwister
und eine große Familie hat. Humor ist ja die genialste Fähigkeit unseres Geistes,
nämlich Konflikte nicht mit Agressionen auszutragen, sondern mit einem Lachen und
mit einem überrraschenden Wenden der Perspektive’.
Es gibt Vermutungen
darüber, dass Humor eine angeborene, genetisch bedingte Eigenschaft ist. Ist Humor
erlernbar?
‘Ich denke es ist wie bei den meisten Persönlichkeits-Eigenschaften
so, dass es eine Grundaustattung gibt, die bestimmte Grenzen definiert. Humor ist
nicht nur eine Gabe der Intelligenz, sondern auch eine Gabe des Herzens. Humor geht
ja dann in den Zynismus über, wenn er nicht getragen wird von einer grundsätzlichen
Herzenswärme den Menschen gegenüber und auch ein ‘Ja’ zum Leben. Deswegen glaube ich,
dass man Humor sehr wohl üben kann, dass man viel lachen kann ohne dass man sich über
andere lustig machen muss.’
Im deutschen Sprachgebrauch gibt es die sprichwörtliche
Wendung ‘Humor ist, wenn man trotzdem lacht’. Wird diese bekannte Redewendung dem
Begriff des Humors einigermaßen gerecht?
‘Ich definiere Humor selber so, dass
es die Fähigkeit ist, erstens die Welt aus einer anderen Perpsektive zu sehen und
zweitens vor allen Dingen auch sich selber. Die Fähigkeit sich selber auf den Arm
zu nehmen ist ja durch die Schwerkraft nicht möglich. Letzten Endes ist die Welt nicht
zu verstehen, das ist ähnlich wie beim Glauben. Man kann darüber auf drei Arten reagieren:
man kann darüber verzweifeln, man kann darüber verrückt werden oder man kann darüber
lachen. Ich glaube, dass die Fähigkeit des Lachens die gesündeste der drei Möglichkeiten
ist.’
Kommt das Glück selten allein, wie Sie im Gegenzug zu dem bekannten
Spruch ‘ein Unglück kommt selten allein’ behaupten?
‘Meine Idee, dieses Sprichwort
umzudrehen, ist programmatisch. Denn es gibt nichts, was in allen Studien so permanent
herauskommt wie die Tatsache, dass unsere Bestimmtheit maßgeblich von den Menschen
abhängt, mit denen wir uns umgeben. Und viel viel weniger als wir glauben von äußeren
Umständen, nicht einmal von Gesundheit und Krankheit. Auch nicht von Geld und nicht
vom sozialen Status, sondern viel wichtiger ist das Gefühl, ich habe Freunde, ich
habe Familie, ich habe Menschen, die ich liebe und die auf mich angewiesen sind. Besonders
wichtig ist, dass man weiß, dass andere uns brauchen. So gesehen lohnt es sich, statt
sich viel Zeit mit Arbeiten und Geldanhäufen zu verbringen, viel stärker auf das Pflegen
seiner Freundschaften und positiven Beziehungen zu konzentrieren; und das stekt in
dem Titel ‘Glück kommt selten allein’ mit drin.’
Im sozialen Kontext sind
Humoristen eigentlich Wohltäter, im wahrsten Sinn des Wortes. Sie sind kreative, erfindungsreiche
Menschen, die andere zum Lachen bringen….also unbedingte Philantropen?
‘Ja,
was sich liebt, das neckt sich, sagt man. Kitzeln kann man sich nicht alleine, also
kitzeln können wir nur den Nächsten. Man muss ihn und sich gut kennen, um ihn auf
die Schippe nehmen zu können. Ich glaube nicht, dass alle Komiker Philantropen sind,
es gibt viel zynischen, kalten, intelligenten Humor, es gibt schwarzen Humor, es gibt
viele Spielarten, und die einfachste Art ist immer die Schadenfreude. Also auch das
ist ein Teil des Spektrums, dass wir uns freuen, wenn es anderen schlecht geht. Das
ist aber die niedrigere Form dieser Ausprägung, würde ich sagen.’
Wer war
oder ist und bleibt Ihr großes Künstler-Vorbild?
‘Das ist Vicco von Bülow (Loriot),
das ist ein ganz feiner Mensch gewesen.’
Warum eigentlich, Herr von Hirschhausen,
lieben die Menschen den Humor, den Witz, die Schlagfertigkeit so sehr?
‘Ja,
das Leben ist ja schon ernst genug, und ich glaube Humor tröstet uns über das hinweg,
was auch an Unsicherheit im Leben existiert.’
Gehören Lachen und Weinen
zusammen? Es gibt ja ein erlösendes Lachen und ein befreiendes Weinen. Beide lösen
eng verwandte Reaktionen aus. Was sagt der Psycho-Therapeut dazu?
‘Es gibt
ein tolles Sprichwort: Tränen, die du gelacht hast, mußt du nicht mehr weinen. Psychologisch
steckt dahinter: dass wir beim Lachen tatsächlich den Muskel um unsere Augen zusammenkneifen.
Das ist übrigens auch das Zeichen, dass ein Lachen echt ist. Wenn es falsch ist, wenn
es nur ein aufgesetztes Lächeln ist, erkennt dies jeder sofort intuitiv. Wenn man
genau hinschaut, weiß man auch, woher dieser Eindruck kommt, nämlich die Augen lachen
nicht mehr, wenn nur der Mundwinkel hochgezogen wird, so wie bei Stewardessen, die
betont freundlich sein wollen, aber eigentlich aggresiv gestimmt sind, da sind die
Augen nicht dabei. Und die Tränendrüse liegt unter dem Augenmuskel, deswegen kann
sie beim herzhaften Lachen auch aktiviert werden. Auf einer tieferen Ebene hängt dies
natürlich auch zusammen, dass man nicht permanent gut gelaunt sein kann, und man soll
auch nicht permanent nur mies drauf sein. Also das, was es eben ausmacht, sind die
Schwingungen der Emotion, der Stimmung, der Situation. Der sicherste Indikator für
eine beginnende seelische Erkrankung ist immer, wenn diese Schwingungsfähigkeit nachlässt.
Also wir sind im wahrsten Sinne des Wortes symphatisch, nämlich mitleidend, mitfreuend,
solange wir gesund sind. Und die Depression ist nicht erheiterbar von außen, ein Schizophrener
ist von außen nicht einfühlbar. Für einen selber bedeutet das: was mir normalerweise
Freude macht, aber mit vierzig keine Freude mehr macht, kein Spaß mehr macht, dann
ist das ein Alarmzeichen, dass ich Richtung Burnout und Depression unterwegs bin.’
Können gute Witze auch gute Literatur sein?
‘Ich habe mit Helmut
Karasek, dem Literaturpapst, ein sehr schönes Projekt gemacht, wo wir uns gegenseitig
unsere Lieblingswitze erzählt haben, dazu auch ein bisschen philosophierend über das,
was hinter dem Humor steckt. Wir kamen dabei zu der Aussage, dass ein guter Witz eigentlich
eine ganze Geschichte erzählt. Und insofern die kürzeste Form von Literatur ist.’
Sie
sind Arzt – wie kommt es, dass es so viele Ärztewitze gibt?
‘Humor löst Angst.
Viele Menschen haben Angst vor dem Arzt und vor dem, was er herausfindet, sie haben
Angst vor den Diagnosen, vor den Schmerzen, vor den Dingen, die das Leben bedrohen,
und deswegen gibt es als Gegengewicht so viele Witze über Sterblichkeit, über den
Tod, über Krankheiten und natürlich auch ganz viele Witze über die alltäglichen Gebrechen,
die mit dem Alterungsvorgang verbunden sind.’
Wann kommt der Humor an seine
Grenzen, wann bedarf der Humor der Mäßigung, der Kontrolle?
‘Ich glaube, das
was einem sehr schnell auf den Geist geht, sind Menschen, die völlig unabhängig vom
Kontext, von der Situation Witze erzählen. Ein guter Humorist wartet auf die Gelegenheit,
wo ein Thema präsent ist, und dann hat er vielleicht eine Anekdote, die dazu passt.
Ein herablassender Humor verbietet sich. Das Dosieren ist eine Sache des Feingefühls.’
Man
sagt den Humoristen gerne einen Hang zur Schwermut nach. Kann das bis zu einem gewissen
Maße stimmen?
‘Es gibt diese Porzellanfigur, die viele im Schrank haben, von
einem Clown mit einer Träne im Auge. Ich halte dies für ein überstrapaziertes Klischee.
Schwermut ist generell eine häufige Erscheinung, deswegen gibt die Schwermut auch
unter Komikern. Aber ob das die Voraussetzung ist für die Komik, das würde ich bezweifeln.
Es gibt meiner Ansicht genau so viele Schwermütige unter den humorlosen und umgekehrt.
Andererseits ist es schon so, dass, wenn man berufsmäßig Humor produzieren muss, das
es etwas anderes ist, als in privaten Kreisen komisch zu sein. Beruflich Menschen
zum Lachen bringen, ist tatsächlich eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt, weil
es so unerbittlich die Rückmeldung gibt: wenn nämlich das Publikum nicht lacht, ist
immer der Komiker schuld. In anderen Kunstzweigen, zum Beispiel in der bildenden Kunst,
wenn ein Maler ein Bild malt und man darüber rätselt, was er damit ausdrücken will,
dann hat man automatisch die Schuld beim Rezipienten, das heißt die Betrachter haben
das Gefühl, sie sind nicht schlau genug, um die Tiefe des Kunstwerkes zu erspüren.
Bei der Komik erwartet jeder, dass er es zum Lachen bringt, und wenn er das nicht
kann, ist nie der Zuschauer schuld, sondern immer der Komiker. Und das führt wahrscheinlich
dazu, dass er sich selbst unter einem enormen Druck setzt. Und da ist die Schwermut
auch nah.’
Komiker sind in der Regel männlichen Geschlechts. Haben Frauen
weniger Talent für diesen Berufszweig?
‘Nein, ganz und gar nicht. Es gibt sehr
viele lustige Frauen, Frauen haben aber weniger Drang, sich in den Mittelpunkt zu
stellen als Männer. Das hat viele verschiedene Ursachen, Männer müssen sich attraktiver
machen als sie sind, um dadurch ihre Fortpflanzungschancen zu erhöhen. Das führt dazu,
dass sehr viel Männer sich selber überschätzen in ihrer Wirkung auf andere und deswegen
auf die Bühne gehen, ins Fernsehen gehen und da sich in die Mitte der Gesellschaft
stellen und sagen: hört mal alle her. Frauen lachen lieber in kleineren Gruppen, lieber
untereinander und Männer fabrizieren eher Dinge nach, sie erzählen Dinge, was mit
ihnen persönlich nichts zu tun hat, Frauen lachen eher über sich selber, indem sie
auch Geschichten erzählen, wo sie peinliche, dumme Dinge getan haben. Das hat den
tieferen Sinn, dass man unter den Frauen sehr darauf bedacht ist, sich nicht im Status
vor die andere zu stellen, sich nicht zu erhöhen, während die Männer eben tendentiell
immer auf Konkurrenz gehen und sagen: mein Witz ist besser, meiner ist länger, meiner
ist neuer.’
Ist der Mensch das einzige Lebewesen, das Humor besitzt, das
lachen kann?
‘Schwer zu sagen, weil wir schon über die Menschen so wenig wissen
und umso viel weniger über Tiere. Ich glaube, dass Humor tatsächlich die höchte Gabe
des Geistes ist, voraussetzt, dass man sich in andere hineinfühlen kann. Und erkennt,
dass der eigene Blick nicht der einzig mögliche auf die Welt ist. Das ist schon ziemlich
komplex. Andererseits findet man das aber wieder auch bei Hunden, interessanter Weise,
Hunde sind die Tiere, die sich am meisten in die Menschen hineinversetzen können.
Das ist auch der Grund, warum Hunde in der Therapie auch eine Rolle spielen, und warum
Hundebesitzer zum Beispiel auch sehr gern depressiv werden. Also der Hund als bester
Freund des Menschen, das ist etwas auch dran. Es ist kein Zufall, dass blinde Menschen
einen Hund an die Seite bekommen und keine Katze.’
Lachen ist die beste
Medizin, sagt der Volksmund. Sie sind Mediziner: hilft Humor heilen? Sind humorvolle
Menschen weniger anfällig für Krankkheiten?
‘Ich habe meine Stiftung ‘Humor
hilft heilen’ genannt, und ich finde das drückt sehr gut aus, was die Wissenschaft
weiß. Kein Mensch wird eine Krebserkrankung mit Lachen bekämpfen. Aber die Art und
Weise, wie ich mein Leben gestalte, das hängt natürlich sehr sehr stark davon ab,
ob ich eine neue Perspektive auf die veränderte Situation gewinnen kann; und da spielt
Humor eine große Rolle. Auch bei den seelischen Erkrankungen ist das Wiederfinden
von Komik in seinem eigenen Leben ein großes Zeichen der Gesundung. Depressive oder
auch psychotische Menschen leben ja erst einmal in Angst und in vielen anderen Gefühlen
und sind gar nicht zum Lachen in der Lage. Die physiologische Wirkung des Lachens
ist vor allem eine lösende, also man kann sich vorstellen, dass Stress im Körper zur
Anspannung führt. Und Lachen ist das natürlichste Antistressmittel, das es gibt. Wir
lassen automatisch unsere Muskeln los und verlieren für einen Moment die Kontrolle
- und das ist extrem entspannend und befreiend.’
Wieviel Esprit schöpfen
Sie aus der Religion?
‘Ich glaube, dass die Religion eine sehr ähnliche Aufgabe
hat wie der Humor, nämlich uns an eine andere Dimension zu erinnern. Uns daran zu
erinnern, dass wir immer nur eine Erkenntnis über die Welt aus unseren eigenen Ansichten
und Einsichten haben. Deswegen glaube ich auch, dass es in allen großen Religionen
eine Tradition gab, die das Lachen auch als einen spirituellen Erkenntnisweg gesehen
hat. Am bekanntesten ist der jüdische Humor, es gibt aber auch eine Humortradition
im Islam, es gibt im Buddhismus eine große Tradition in Meditationsfragen. Im Christentum
gab es einen Brauch, das Osterlachen, dass der Priester oder der Pfarrer über den
Kirchhof ging und zu Ostern die Gemeinde zum Lachen bringen sollte. Mi der tiefen
Idee, dass der Tod und der Schmerz nicht das letzte Wort haben, sondern dass es eine
Frohe Botschaft gibt, die sich auch in Freude und im Lachen ausdrückt. Vielleicht
ist dieses Osterlachen eine Tradition, die die Kirche wieder entdecken kann, gerade
nach unserem Gespräch.’
Wieviel Humor verträgt die Kirche, die Religion?
‘Ich
glaube, die Kirche würde an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn sie etwas von ihrem Dogmatismus
aufgibt. Zu sagen, dass man weiß, wie es nach dem Leben weitergeht, oder dass man
genau weiß, was Gott meint und was nicht, das ist in meinen Augen schwer durchzuhalten
und auch nicht zeitgemäß. Ich glaube, es würden sich mehr Menschen für die Kirche
interessieren, wenn die, die sich zu ihr bekennen, auch ein wenig erlöster gucken
würden! Die Menschen, die sich als Christen begreifen, sind eigentlich die Botschafter,
und da geht es in meinen Augen nicht darum, eine Geheimwissenschaft daraus zu machen,
sondern das zu sagen, was auch in der Bibel steht: wo zwei oder drei in meinem Namen
versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Das kommt meiner Idee vom ‘ein Glück
kommt selten allein’ auch sehr nahe.’
Sie zeigen neue, bisweilen therapiefördernde
Wege der Kommunikation auf. Einer dieser Wege heißt Meditation. Meditation ist Fitness
für die Seele, behaupten Sie.Macht Meditation glücklicher? Ist Meditation und Achtsamkeitstraining
demnach angewandte Spriritualität, oder etwas anderes?
‘Viele Menschen glauben,
dass Meditation etwas ist, was die Buddhisten oder die fernöstlichen Traditionen vorweisen.
Nein, das ist Gott sei Dank nicht so. Es gibt auch eine große christliche Tradition
der Mystik und der Kontemplation. Die Techniken sind überraschend ähnlich und die
Wirkung ist inzwischen medizinisch sehr gut nachgewiesen, d.h. Übungen zu finden,
die den Geist zentrieren und beruhigen und die einem helfen, die oft negativen Gedanken
loszulassen, die einem durch den Kopf geistern. Das ist extrem gesundheitsfördernd.
Die am besten untersuchte Methode heißt Achtsamkeita-Meditation, und die hat ein Arzt
entwickelt, der sich die Medidationstechniken angesehen hat und die dann ohne jeden
religiösen Überbau einfach nur als Übung mit Patienten durchgeführt hat. Man kann
in acht Wochen tatsächlich lernen, seinen Geist im ‘Loslassen und mehr Genießen des
Moments’ zu schulen. Das hat tiefe spirituelle Dimensionen. Letzten Endes ist das
auch das, was Jesus gesagt hat, im Sinne von: sieh die Blumen auf dem Felde. Das ist
ja Achtsamkeit. Lauf nicht an den Blumen vorbei, weil du dir um morgen so viele Sorgen
machst, schau dir die Vögel an, schau dir die Blumen an, die sorgen sich nicht und
doch ist für sie gesorgt!’
In den Klöstern wird auch heute noch täglich
meditiert, gebetet. Sind Mönche, Ordensfrauen glücklichere Menschen?
‘Ich habe
in meinem ersten Buch eine Studie beschrieben, die zeigt, dass Männer im Kloster sieben
Jahre länger leben als außerhalb. Das heißt, ein klösterliches Leben ist extrem gesund.
Andererseits kann man auch sagen, auch wenn es von außen betrachtet ein hartes Leben
ist, ist es auch ein sehr einfaches Leben. Es gibt viel soziale Sicherheit, es gibt
eine Orientierung, die eben nicht materiell ist, das ist extrem entspannend wiederum.
Die eigentliche Herausforderung ist, Ideen des glücklicheren Lebens im Alltag zu integrieren,
und das kann man machen, wenn man sich pro Tag zehn Minuten zurückzieht, ob man dann
betet oder meditiert oder spazierengeht und der Natur lauscht, das ist dann gar nicht
so entscheidend!’
Wie weit darf ein Kabarettist gehen, wenn er sich das
Thema Religion vornimmt?
‘Das werde ich in meinem nächsten Filmprogramm austesten!
Den Titel habe ich schon:’ Wunderheiler’. Ich möchte mich genau mit diesem Grenzgebiet
beschäftigen, wie sehr unser Glaube heilen kann, aber wie sehr auch Glaube missbraucht
wird, von dubiosen Heilmethoden, von Scharlatanen, die den Menschen mehr versprechen,
als sie halten können. Natürlich haben die Weltkirchen immer wieder Methoden verwendet,
über Angst und schlechtes Gewissen Änderungen herauszufordern, statt über die Freude.’
Viele große Theologen, etwa Mario von Galli, Karl Rahner, Rudolf Bultmann,
Karl Barth, verteidigen den Humor in der Kirche. Der Humor sei Ausdruck geistiger
Reife, heißt es da. Auch die große Heilige Theresa von Avila überwand alle Widerstände
mit Humor. Sollte die Kirche auch heute dem Humor, dem Lachen, dem Frohsinn mehr Raum
zugestehen?
‘Ich glaube tatsächlich, dass der Humor nichts Oberflächliches
ist. Ich glaube, die Angst der traditionellen Auffassung der dogmatischen Theologie,
dass das Lachen etwas Teuflisches, etwas Oberflächliches, etwas Primitives ist, ist
nur für einen kleinen Teil des Lachens richtig. Das ist der Bereich der Schadenfreude,
des Schabernacks, des boshaften Lachens. Die Form des miteinander Lachens und Feierns,
die hat in meinen Augen nichts Negatives, sondern etwas Verbindendes, etwas, was Menschen
direkt im Herzen verbindet. Deswegen gehört das auch in meinen Augen unbedingt in
die Kirche, in die Predigten, in die Gemeinden, und alles, was dazu beiträgt, dass
Menschen miteinander verbunden sind, ist letzten Endes religiös. Denn Religion heißt
– das weiß ich noch aus meinem Lateinunterricht – verbunden sein. Und Lachen verbindet.’
Kurze
Witze sind meist gute Witze. Würden Sie den Hörerinnen und Hörern von Radio Vatikan
abschließend ein Bonmot aus der Welt der Kirche erzählen?
‘Ich bin selber Protestant,
also darf ich folgenden irischen Witz erzählen: ein katholischer Patriarch liegt im
Sterben, und er ruft alle seine Familienangehörigen zusammen, und sagt: ich habe noch
einen letzten Wunsch, ich möchte konvertieren, ich möchte evangelisch werden. Und
alle sagen, meine Güte, wie kannst du nur, aber gut, es ist dein letzter Wunsch. Sie
holen den evangelischen Pfarrer, der freut sich natürlich sehr. Nachdem er das Haus
verlassen hat, fragen alle den alten Mann: wie kannst du nur in deinen letzten Tagen
den katholischen Glauben verraten! Und er antwortet nur verschmitzt: Ich dachte es
ist besser, es stirbt einer von denen!’