2012-09-20 09:08:41

Österreich: Reformen in Wien


Die Erzdiözese Wien steht vor einer grundlegenden und umfassenden strukturellen und pastoralen Reform. Wie Kardinal Christoph Schönborn am Mittwochabend mitteilte, sollen in den kommenden zehn Jahren anstelle der bisherigen 660 Pfarren weniger, aber größere Pfarren treten, die aus einzelnen Filialgemeinden bestehen. Damit soll die Kirche ihren seelsorglichen Aufgaben wieder besser nachkommen können und ihrem missionarischen Auftrag besser gerecht werden, erklärte Schönborn. Priester und Laien werden gemeinsam Leitungsaufgaben wahrnehmen.

„Natürlich wird jede Pfarre von einem Pfarrer geleitet werden. Aber Leitung ist im christlichen Sinn etwas Gemeinsames. Unter Letztverantwortung eines Pfarrers soll die Leitung gemeinsam wahrgenommen werden von Priestern und Laien und soll Leitung in den vielen, wir nennen es vorläufig „Filialgemeinden“, von ehrenamtlichen Laienteams wahrgenommen werden.“

Eine Pfarre solle so groß sein, dass in ihr „drei bis fünf Priester aktiv ihren Dienst versehen". Die ehrenamtlichen Laienteams sollen wiederum von hauptamtlichen Mitarbeitern der Pfarre unterstützt werden. Zu diesen gehören Priester, Diakone, Pastoralassistenten oder auch Verwaltungspersonal.

„Die Grundüberzeugung, von der wir ausgehen, ist die vom II. Vatikanum so stark betonte Gemeinsamkeit aller Getauften. Alle Getauften, alle Gefirmten sind ermächtigt, Zeugen und Zeuginnen Jesu Christi zu sein. Sie alle gemeinsam sind die Träger der Sendung der Kirche.“

Wie Kardinal Schönborn ausführte, handelt es sich um den „wahrscheinlich größten strukturellen Umbau in der Erzdiözese Wien seit Kaiser Joseph II, also seit 200 Jahren.“ Er sei sich bewusst, so der Kardinal, dass mit dieser Reform ein weitreichender Perspektivenwandel einhergehe: „Wir müssen uns lösen von dem hergebrachten Bild, dass Kirche nur dort ist, wo ein Priester ist."

Die Gemeinden selbst sollen mit der Reform freilich nicht abgeschafft werden, im Gegenteil: „In den neuen Pfarren sollen sich mehr und lebendigere Gemeinden entfalten können“, eklärte der Wiener Erzbischof. Die Kirche solle damit auch wieder missionarischer werden und den Menschen an ihren jeweiligen Lebensorten nahe sein, "in der überschaubaren Gemeinde vor Ort ebenso wie im flexibel genutzten größeren Raum".

Wie der Wiener Erzbischof sagte, sollen möglichst viele Menschen am Sonntag den Pfarrgottesdienst besuchen, es werde aber auch möglich sein, dass sich in Filialgemeinden "Gebetsgemeinschaften um das Wort Gottes versammeln".

Die Reform soll zügig umgesetzt werden. In zehn Jahren sollten mindestens 80 Prozent der neuen Pfarren gebildet sein, so Schönborn. Bereits bestehende oder angedachte Pfarrverbände und Seelsorgeräume stellten in diesem Prozess einen möglichen Übergang zu neuen Pfarren dar, seien aber keine Dauereinrichtung. Allerdings räumte der Wiener Erzbischof auch ein, dass man mit dem Reformprozess noch am Anfang stehe und noch viele Fragen offen seien. Der aktuellen Entscheidung ging ein langer Diskussionsprozess in der Erzdiözese Wien mit drei Diözesanversammlungen und Beratungen in verschiedenen Gremien voraus.

(kap 20.09.2012 gs)









All the contents on this site are copyrighted ©.