2012-09-19 15:59:39

Ägypten: „Dieser Filmemacher ist nicht normal”


RealAudioMP3 Die Empörung über den islamfeindlichen Film Die Unschuld der Muslime” schlägt hohe Wellen; auch in Ägypten, woher der vermeintliche Hauptinitiator des Films stammen soll, kam es zu Demonstrationen, die aber schnell niedergeschlagen wurden. Bischof Kyrillos William, Bischof von Assiut und Administrator des Bistums Alexandria, fordert dazu auf, sich nicht durch die Taten einzelner Außenseiter provozieren zu lassen und Einheit zu demonstrieren. Er räumt aber ein, dass der Film und seine Botschaft sehr starke Reaktionen provoziert haben:

„Als ich jetzt im Libanon bei der Papstreise dabei war, haben wir die Situation aus den Medien verfolgt, und es war alles auf diesen Film konzentriert. Die Menschen in Ägypten haben extrem reagiert, mit vielen Demonstrationen und auch Unruhen gegen die Botschaft der Vereinigten Staaten. Wir vom koptischen Patriarchat haben sofort eine Erklärung abgegeben, dass wir gegen diesen Film sind, denn das geht so überhaupt nicht mit dem Evangelium zusammen, das uns den Respekt vor allen Menschen und die Liebe lehrt. Das Zweite Vatikanische Konzil hat uns extra ein Dokument für die Beziehungen mit anderen Religionen hinterlassen, und der Islam hat eine besondere Rolle darin. Deswegen sind wir gegen alle Ausdrucksformen, die die Symbole der Religionen, Personen, oder Schriften nicht respektieren.“

Es heißt ja, es wäre ein orthodoxer Kopte ägyptischer Herkunft gewesen, der diesen Film produziert hat.

„Ja, das war scheinbar ein verrückter Mann, der eine koptische Nation gründen will. Dieser Mensch ist nicht normal.“

Haben Sie denn das Gefühl, dass es mit der Regierung der Muslimbrüder in Ägypten sich die Situation etwas verschärft hat, dass die Menschen schärfer protestieren?

„Eigentlich ist es jetzt ruhiger geworden. Ja, der eine oder andere hat wohl auch ein Evangelium verbrannt und extrem reagiert oder geschrieben, aber das beruhigt sich mit der Zeit.“

Man hat ja so das Gefühl, man säße wieder auf einem Pulverfass, wo ein kleiner Funke reicht, Unruhen explodieren zu lassen…

„Viele Christen haben gemeinsam mit den Muslimen gegen den Film demonstriert, und die Muslime haben gesehen, dass wir hier in Ägypten zusammen halten und nicht mit diesen Gesten einverstanden sind. Wir haben gezeigt, dass wir hier in Ägypten anders sind, Christen und Muslime sind Brüder und keine Gegner. Die Reaktion hat sich eher extrem gegen die Kopten in der Diaspora, im Ausland, gerichtet.“

Was können denn auch die Kopten in der Diaspora jetzt tun, um nicht alle über einen Kamm geschoren zu werden?

„Einige haben sehr vernünftig gegen diesen Film angeschrieben, das ginge einfach nicht, sei nicht christlich und es seien nur einige Ausnahmen, die dahinter stünden. Das sind scheinbar gar keine wirklichen Christen, sondern sie wollen nur Christen und Muslime gegeneinander aufhetzen und Unruhen in Ägypten stiften.“

Gelingt es ihnen denn, Unruhen in Ägypten zu stiften?

„Ja, ab und zu kommen eben solche Sachen vor, die zu Unruhe führen, aber das wird schnell immer besser.“

Sie haben also das Gefühl, die Sache ist unter Kontrolle?

„Am Flughafen haben mich Freunde abgeholt und die haben mir berichtet, dass die Polizei sehr schnell reagiert habe und die Menschen vom Tahrirplatz und der Amerikanischen Botschaft weggeschickt habe. Die Sache ist also fast vorbei.“

Die Nachwirkungen des Films sind jetzt also soweit am Abklingen, aber wie kann man denn verhindern, dass solche Ausschreitungen passieren, wie kann man den Dialog aufbauen?

„Ich glaube, die Vernünftigen wissen Bescheid, nur einige Extremisten, die werden wohl nie aufhören. Es wird immer wieder passieren, dass es einen Monat lang ruhig bleibt, und aus einer kleinen minimalen Ursache wachsen dann plötzlich wieder Unruhen hervor. Man darf sich einfach nicht zu viel um diese Menschen kümmern.“

Vom juristischen Standpunkt aus kommt jedenfalls Bewegung in den Fall. Die ägyptische Justiz hat gegen neun koptisch-orthodoxe Christen, die in die Vereinigten Staaten ausgewandert sind, ein Verfahren eröffnet. Sie sind angeklagt, an der Produktion des Films über das Leben Mohammeds, der Proteste und Gewalttaten in der ganzen islamischen Welt ausgelöst hat, beteiligt gewesen zu sein. Unter den neun Angeklagten sind auch der Ragisseur Sam Bacile (oder Nakoula Basseley Nakoula) und der mutmaßliche Produzent Maurice Sadek. Die Anklage lautet auf Beleidigung des Propheten Mohammed und Anstiftung zu religiösem Hass. Es ist allerdings fraglich, ob der Prozess überhaupt je zustande kommen kann. Hillary Clinton hatte jedenfalls verlauten lassen, dass sie den Film zwar persönlich verurteile und "widerlich" finde, ein Einschreiten gegen den Film und seine Macher aber aufgrund des Rechts auf freie Meinungsäußerung sehr schwierig sei.

(ansa/diverse/rv 19.09.2012 cs)







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