Die Empörung über
den islamfeindlichen Film „Die Unschuld der Muslime” schlägt hohe Wellen; auch
in Ägypten, woher der vermeintliche Hauptinitiator des Films stammen soll, kam es
zu Demonstrationen, die aber schnell niedergeschlagen wurden. Bischof Kyrillos William,
Bischof von Assiut und Administrator des Bistums Alexandria, fordert dazu auf, sich
nicht durch die Taten einzelner Außenseiter provozieren zu lassen und Einheit zu demonstrieren.
Er räumt aber ein, dass der Film und seine Botschaft sehr starke Reaktionen provoziert
haben:
„Als ich jetzt im Libanon bei der Papstreise dabei war, haben wir
die Situation aus den Medien verfolgt, und es war alles auf diesen Film konzentriert.
Die Menschen in Ägypten haben extrem reagiert, mit vielen Demonstrationen und auch
Unruhen gegen die Botschaft der Vereinigten Staaten. Wir vom koptischen Patriarchat
haben sofort eine Erklärung abgegeben, dass wir gegen diesen Film sind, denn das geht
so überhaupt nicht mit dem Evangelium zusammen, das uns den Respekt vor allen Menschen
und die Liebe lehrt. Das Zweite Vatikanische Konzil hat uns extra ein Dokument für
die Beziehungen mit anderen Religionen hinterlassen, und der Islam hat eine besondere
Rolle darin. Deswegen sind wir gegen alle Ausdrucksformen, die die Symbole der Religionen,
Personen, oder Schriften nicht respektieren.“
Es heißt ja, es wäre ein
orthodoxer Kopte ägyptischer Herkunft gewesen, der diesen Film produziert hat.
„Ja,
das war scheinbar ein verrückter Mann, der eine koptische Nation gründen will. Dieser
Mensch ist nicht normal.“
Haben Sie denn das Gefühl, dass es mit der Regierung
der Muslimbrüder in Ägypten sich die Situation etwas verschärft hat, dass die Menschen
schärfer protestieren?
„Eigentlich ist es jetzt ruhiger geworden. Ja, der
eine oder andere hat wohl auch ein Evangelium verbrannt und extrem reagiert oder geschrieben,
aber das beruhigt sich mit der Zeit.“
Man hat ja so das Gefühl, man säße
wieder auf einem Pulverfass, wo ein kleiner Funke reicht, Unruhen explodieren zu lassen…
„Viele
Christen haben gemeinsam mit den Muslimen gegen den Film demonstriert, und die Muslime
haben gesehen, dass wir hier in Ägypten zusammen halten und nicht mit diesen Gesten
einverstanden sind. Wir haben gezeigt, dass wir hier in Ägypten anders sind, Christen
und Muslime sind Brüder und keine Gegner. Die Reaktion hat sich eher extrem gegen
die Kopten in der Diaspora, im Ausland, gerichtet.“
Was können denn auch
die Kopten in der Diaspora jetzt tun, um nicht alle über einen Kamm geschoren zu werden?
„Einige
haben sehr vernünftig gegen diesen Film angeschrieben, das ginge einfach nicht, sei
nicht christlich und es seien nur einige Ausnahmen, die dahinter stünden. Das sind
scheinbar gar keine wirklichen Christen, sondern sie wollen nur Christen und Muslime
gegeneinander aufhetzen und Unruhen in Ägypten stiften.“
Gelingt es ihnen
denn, Unruhen in Ägypten zu stiften?
„Ja, ab und zu kommen eben solche Sachen
vor, die zu Unruhe führen, aber das wird schnell immer besser.“
Sie haben
also das Gefühl, die Sache ist unter Kontrolle?
„Am Flughafen haben mich
Freunde abgeholt und die haben mir berichtet, dass die Polizei sehr schnell reagiert
habe und die Menschen vom Tahrirplatz und der Amerikanischen Botschaft weggeschickt
habe. Die Sache ist also fast vorbei.“
Die Nachwirkungen des Films sind
jetzt also soweit am Abklingen, aber wie kann man denn verhindern, dass solche Ausschreitungen
passieren, wie kann man den Dialog aufbauen?
„Ich glaube, die Vernünftigen
wissen Bescheid, nur einige Extremisten, die werden wohl nie aufhören. Es wird immer
wieder passieren, dass es einen Monat lang ruhig bleibt, und aus einer kleinen minimalen
Ursache wachsen dann plötzlich wieder Unruhen hervor. Man darf sich einfach nicht
zu viel um diese Menschen kümmern.“
Vom juristischen Standpunkt aus kommt
jedenfalls Bewegung in den Fall. Die ägyptische Justiz hat gegen neun koptisch-orthodoxe
Christen, die in die Vereinigten Staaten ausgewandert sind, ein Verfahren eröffnet.
Sie sind angeklagt, an der Produktion des Films über das Leben Mohammeds, der Proteste
und Gewalttaten in der ganzen islamischen Welt ausgelöst hat, beteiligt gewesen zu
sein. Unter den neun Angeklagten sind auch der Ragisseur Sam Bacile (oder Nakoula
Basseley Nakoula) und der mutmaßliche Produzent Maurice Sadek. Die Anklage lautet
auf Beleidigung des Propheten Mohammed und Anstiftung zu religiösem Hass. Es ist allerdings
fraglich, ob der Prozess überhaupt je zustande kommen kann. Hillary Clinton hatte
jedenfalls verlauten lassen, dass sie den Film zwar persönlich verurteile und "widerlich"
finde, ein Einschreiten gegen den Film und seine Macher aber aufgrund des Rechts auf
freie Meinungsäußerung sehr schwierig sei.