2012-09-17 14:54:45

Schweden: Vorhof der Völker im Säkularstaat par excellence


RealAudioMP3 Am Samstag ist in Stockholm der „Vorhof der Völker“ zu Ende gegangen. Vertreter der katholischen Kirche haben sich mit Naturwissenschaftlern, Gläubigen und Nicht-Gläubigen über zentrale Fragen des Lebens ausgetauscht: Was heißt es, zu glauben oder nicht zu glauben? Gibt es eine nicht-materielle Realität? Was ist der Mensch?
Der Jesuitenpater Ulf Jonsson ist Professor für Religionsphilosophie am Newman-Institute der Universität Uppsala, er war beim Vorhof der Völker dabei. Wir haben ihn danach gefragt, wie er die Gesprächsatmosphäre erlebt hat:


Die Atmosphäre war sehr offen und respektvoll. Man hat auch kritische Fragen stellen können, aber die ganze Atmosphäre war sehr respektvoll, und ich denke, das hat auch dazu beigetragen, dass die ganze Diskussion sehr kreativ war. Denn man hat die eigene Meinung sagen können, jeder konnte zuhören und antworten, und es war insgesamt eine sehr angenehme Atmosphäre.

Schweden ist ja bekanntlich eines der säkularisiertesten Länder überhaupt. Konnte denn die Konferenz einen neuen Kommunikationsweg öffnen?

Die Konferenz war ja in zwei Teilen organisiert. Der erste fand in der Schwedischen Akademie für Wissenschaften in Stockholm statt. Das ist die Institution, die auch die Nobelpreise verleiht. Dass man in so einer renommierten Institution religiöse Fragen aufgenommen hat und in so einer respektvollen Weise besprochen hat, das war einmalig für unsere Verhältnisse in Schweden. Es kommt bei uns sehr selten vor, dass man öffentlich auf so einem hohen Niveau über religiöse Fragen spricht.

Stichwort Hohes Niveau: Die Konferenz hat sich ja wirklich auf einem enorm hohen intellektuellen Niveau abgespielt. Verliert man dabei nicht den einfachen Menschen, die Praxis, aus dem Blick?

Ja, dieses Risiko gibt es, aber die Konferenz war ja auf zwei Tage aufgeteilt und am zweiten Tag hat man sich eher den praktischen Fragen gewidmet: Wie zum Beispiel wirkt sich Religion in der Gesellschaft aus, wie kann Religion inspirierend für das Leben wirken, und auch die Spannung zwischen Staat auf der einen und religiösen Gemeinschaften auf der anderen Seite wurden behandelt – der zweite Tag war also ganz diesen mehr praktischen Auswirkungen von Religion gewidmet.

Was nehmen Sie persönlich denn von der Konferenz mit?

„Zum Ersten, dass es heutzutage geht, zwischen Naturwissenschaftlern und Repräsentanten der Kirche auf sehr offene und respektvolle Weise miteinander zu sprechen. Am zweiten Tag gab es dann auch viele Darstellungen, wie Religion inspirierend dafür wirken kann, sich im sozialen Bereich zu engagieren. Das war sehr beeindruckend. Eine Sache war recht unerwartet: Am zweitenTag war in der Diskussion eine junge Muslima dabei, und sie hat den Repräsentanten der Atheisten sehr überrascht, denn sie hat gesagt, sie sei Feministin und auch in atheistischen Organisationen gäbe es Probleme hinsichtlich einer Haltung, die Unterdrückung von Frauen mit sich bringe. Das war für die Repräsentanten der atheistischen Organisation, die übrigens durch Männer vertreten war, sehr überraschend und die wussten tasächlich nicht, wie sie darauf reagieren sollten. Das heißt, Probleme und Fragestellungen, die oft an die religiösen Vertreter gerichtet werden, wurden hier auch an den Nicht-Gläubigen gerichtet. Und deswegen ist der Unterschied zwischen religiös Gläubigen und Nicht-Gläubigen vielleicht nicht immer der entscheidende Punkt, wenn man mit Fragen und Problemen zu tun hat, sondern viele Fragestellungen sind auch gemeinsam.

Was für Aufmerksamkeit hat dieses Treffen in Schweden bekommen?

Diese beiden Tagen der Konferenz wurden in den Medien sehr positiv aufgenommen. Ich habe, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, keine negativen Kommentare gesehen. Insgesamt muss man sagen, dass die Berichterstattung sehr positiv war. Beispielsweise gab es ind er wichtigsten schwedischen Zeitung Dagens Nyheter ein großes Interview mit Kardinal Ravasi, das sehr positiv kommentiert worden ist. Das ist für uns in unserer höchst säkularisierten Gesellschaft sehr ungewöhnlich, dass das Thema Glauben so groß aufgegriffen wird und auch so positiv aufgenommen wird. Die ganze Konferenz mit den beiden Hauptdiskussionen sind insgesamt 6 Stunden, die im schwedischen Staatsfernsehen übertragen werden, und das ist schon einmalig.

(rv 17.09.2012 cs)








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